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11.03.2023 - 22.04.2023
Mo – Sa 10:00 – 18.00 Uhr
So nach Vereinbarung 0664 2645975

VERNISSAGE am Samstag, 11.03.2023 um 17:00 Uhr
Einführung durch Roman Grabner, Universalmuseum Joanneum Graz

LOGF
Veronika Dirnhofer, Julia Haugeneder, Michael Kienzer, Mariella Lehner, Pavlo Makov, Christian Schwarzwald

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LOGF

Auf einem vermeintlich alten Foto liest man die Buchstabenkombination LOGF auf einem Gebäude, das sowohl Aussichtsturm als auch Tower eines kleinen Flughafens sein könnte. Letztere Vermutung wird bestärkt durch das Segelflugzeug, das davor im Grün steht. Der festgehaltene Moment hat etwas von der Unaufgeregtheit eines ländlichen Freibades kurz vor Badeschluss. Die Buchstabenkombination auf dem Gebäude im ruralen Nirgendwo repräsentiert jedoch den ICAO-Code, jenen Code der von der International Civil Aviation Organization (ICAO), der Internationalen Zivilen Luftverkehrsorganisation, ur eindeutigen Identifizierung von Flughäfen vergeben wird. Jeder ICAO-Code besteht aus vier lateinischen Buchstaben, die den genauen Ort eines Flugplatzes definieren. Der erste Buchstabe gibt den Kontinent bzw. die Region an: L steht für Südeuropa. Der zweite Buchstabe repräsentiert das jeweilige Land: O für Österreich. Der dritte Buchstabe indiziert in Österreich die Art des Flughafens, international (W), militärisch (X) oder eben auxiliar, wobei der Letter in diesem Fall für den Flughafen steht, der für die Such- und Rettungsdienste zuständig ist und das wäre als nächst gelegener Graz, also G. Der vierte Buchstabe ist ident mit dem Anfangsbuchstaben des jeweiligen Ortes, also F für Fürstenfeld. Die Buchstabenkombination LOGF ist also kein Logarithmus zu einer beliebigen Basis F oder eine Aufforderung zum Anmelden in einem obskuren System F, sondern die internationale Bezeichnung für den Flughafen Fürstenfeld. Nun wird wohl nur eine überschaubare Anzahl an Personen, die nicht im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld wohnen, gewusst haben, dass die südoststeirische Stadt einen eigenen Flugplatz besitzt. Die Künstlerinnen Veronika Dirnhofer, Julia Haugeneder, Michael Kienzer, Mariella Lehner, Pavlo Makov und Christian Schwarzwald haben diese außergewöhnliche Option, in der Provinzmetropole Fürstenfeld landen zu können, zum Anlass genommen, ihrer selbstorganisierten Ausstellung in der Galerie Gölles den so rätselhaften wie weltoffenen Titel LOGF zu geben. 60 Jahre, nachdem der erste Hangar in Fürstenfeld errichtet wurde (die asphaltierte Start- und Landepiste folgte erst neun Jahre später, 1972), schafft es der Flugplatz zum titelgebenden Sujet einer zeitgenössischen Kunstausstellung.
Die Buchstabenkombination LOGF ist dabei nicht nur humorvoll gewählt, sondern durchaus Programm, folgt sie doch der Intention der Künstler
innen, vom Großen zum Kleinen zu kommen, global zu denken und regional zu handeln, den Makrokosmos im Mikrokosmos mitzudenken, weltoffen die Probleme vor Ort nicht zu ignorieren, den internationalen Diskurs mit heimischen Wurzeln zu versehen, mit universalen Anspruch lokal auszustellen, im großen Ganzen das Detail nicht zu übersehen und als politisch denkende Menschen immer den Nächsten vor Augen zu haben. So wie der Ende letzten Jahres verstorbene französische Soziologe und Philosoph Bruno Latour vorgeschlagen hat, die Erde als Netz von kritischen Zonen zu kartieren, wird auch die Ausstellung in der Galerie Gölles ein vielschichtiges, mitunter fragiles Verwobensein höchst unterschiedlicher künstlerischer Ausdrucksformen und Individuen offenbaren. Es werden Abdrücke angefertigt, Erde gebrannt, Motive überdruckt, Markierungen ausgekratzt, Erfahrungen geschichtet, Spuren gezogen, Denkprozesse kartiert, Flächen gebogen, Häute gespannt, Bilder ausgestopft und immer die Potenzialität der Kunst, als Mittel und Medium, eine Aussage über den Menschen und die Gesellschaft zu treffen, befragt. Boarding completed. Ready for takeoff!

Roman Grabner, 2023

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VERONIKA DIRNHOFER

1967 * in Horn (NÖ), aufgewachsen in Vorarlberg
1987 Akademie der bildenden Künste, Wien – Meisterschule Prachensky
1991 Studienaufenthalt in New York
Arbeitsstipendium des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung
1992 Diplom mit Auszeichnung
Würdigungspreis des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung
Seit 1993 Hochschulassistentin an der Akademie der bildenden Künste, Wien
1996 Studienaufenthalt school of visual arts, New York
2002 Gastprofessur an der Kunstuniversität Linz
Kulturförderpreis des Landes Vorarlberg
2004 Anerkennungspreis Land Niederösterreich
Seit 2006 Professorin am Institut für bildende Kunst der Akademie der bildenden Künste Wien

Veronika Dirnhofer beschäftigt sich mit Malerei, Zeichnung und Keramik. Sie interessiert sich für politische und gesellschaftliche Verhältnisse. Die Verbindung von gesellschaftlichen Handeln und künstlerischen Tun sind für Ihre Arbeit zentral.

JULIA HAUGENEDER

1987 * in Wien, 2011-2019 Akademie der bildenden Künste Wien AT, Studium der Grafik und Druckgrafik (Christian Schwarzwald, Gunter Damisch, Veronika Dirnhofer) und Kunst und digitale Medien / sowie Kunst und Digitale Medien (Constanze Ruhm), Diplom mit Auszeichnung
2009-2014 Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaften, Universität Wien,
2009-2011 fotok, Schule für künstlerische Fotografie, Wien
2005-2010 Universität Wien, Studium der Kunstgeschichte und Philosophie, Diplom 2011
seit 2008 Gründungsmitglied von BILDETAGE – artist run space, 1030, Wien
seit 2017 Mitglied im Kunstverein Baden A

Jedes Material ist mit einer Reihe von kulturellen Erinnerungen und Ereignissen verbunden – diese Eigenheiten sind Ausgangspunkt für Julia Haugeneders Skulpturen und Installationen, mit denen sie erkundet, was wir “Objekt” nennen und welche Beziehungen sich mit ihm eingehen lassen.

MICHAEL KIENZER

1962 * in Steyr, Österreich, lebt und arbeitet in Wien
Ende der 1970er Jahre Kunsthochschule Graz. Ende der 1980er Jahre Bühnenbild am Westfälischen Landestheater Castrop, Deutschland
2004-06 Professur an der Universität für angewandte Kunst Wien
2007-2017 Kurator des Kunstvereins Weikendorf, Österreich
2011 ISCP New York
2001 Otto-Mauer-Preis Wien
2008 Viktor-Fogarassy-Preis
2012 Österreichischer Staatspreis für angewandte Kunst

Michael Kienzers skulpturale Arbeiten und ortsbezogene Installationen sind von Gegensätzen wie etwa „Anziehung und Distanz“ geprägt und provozieren, durch gezielt gesetzte Materialverbindungen und formale Irritationen, Fragen nach einer Neuordnung der Gegebenheiten.

MARIELLA LEHNER

Mariella Lehner 1992 * ist eine bildende Künstlerin, deren Praxis die Bereiche Zeichnung, Malerei, Druckgrafik und Skulptur umfasst. Das grundlegende Thema ihrer Arbeit dreht sich um die Beziehung zwischen dem Menschen und seiner Umwelt, die sich in Kommentaren zu Themen wie Feminismus, Umweltschutz oder internationale Konflikte/Solidarität manifestiert. Durch eine unheimliche und doch verträumte Bildsprache und Titel, die auf die oft politischen Ursprünge der Werke anspielen, wird der Betrachter eingeladen, die Komplexität des heutigen gesellschaftlichen Klimas und die Widersprüche in seiner eigenen Haltung zu den dargestellten Themen zu erkunden und zu hinterfragen. Neben der Teilnahme an verschiedenen nationalen und internationalen Gruppenausstellungen wurden ihre Werke in österreichischen Institutionen wie dem Künstlerhaus Bregenz, dem Volkskundemuseum Wien, dem Wien Museum, dem Stadtmuseum St. Pölten und der Akademie der bildenden Künste Wien ausgestellt.

Mariella Lehner beschäftigt sich in ihren Zeichnungen und Malereien meist mit gesellschaftspolitischen Themen. Dabei bedient sie sich verschiedener Techniken und Materialien wie Radierung, Monotypie, Airbrush oder Wandmalerei. Bildträger aus Gips verleihen den Arbeiten oft einen objekthaften Charakter.

PAVLO MAKOV

1958 * in St. Petersburg. Lebt und arbeitet in Charkiw, Ukraine.
1974-79 Kunsthochschule Krim (Simferopol, Ukraine)
1977-78 Akademie der Schönen Künste (St. Petersburg, Russland)
1979-84 Kunst- und Industrieinstitut Charkiw, Abteilung für Grafik (Ukraine)
1988 Künstlerverband der Ukraine
1990 Grafische Werkstatt Funen (Odense, Dänemark)
1994 Royal Society of Painter-Printmakers (London)
2007 Korrespondierendes Mitglied, Nationale Akademie der Künste der Ukraine
2018 Preisträgerin des ukrainischen Nationalpreises Taras Schewtschenko
2021 Mitglied der Akademie, Nationale Akademie der Künste der Ukraine
2022 “Fountain of Exhaustion” Acqua Аlta. 59. Internationale Kunstausstellung – La Biennale di Venezia (Venezia, Italien) – Nationaler Pavillon der Ukraine

“The landscape you live in and your inner space, the overwhelming everyday need to combine your feelings with the reality. Reality that can be so often not the one you wish to be yours. But so what? It is not for us to choose it, but it is definitely for us to deal with it.” (Pavlo Makov)

CHRISTIAN SCHWARZWALD

1971 * in Salzburg, lebt in Wien und Berlin.
Er studierte an der Akademie der bildenden Künste Wien und an der Akademie der bildenden Künste Athen, Griechenland.
Seit 2017 ist er Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien.
Christian Schwarzwald arbeitet mit Zeichnungen. Seine Vorstellung von Zeichnung ist die eines allumfassenden und uneingeschränkten Mediums. Da Zeichnung für Schwarzwald alles ist, wird fast alles in sein Universum hineingezogen. Gesichter, abstrakte Muster, Architekturen, Pflanzen, Objekte usw. werden rigoros abgearbeitet und in Blöcken zu Installationen und ganzen Räumen kombiniert, die den Besucher beim Betreten umarmen. Eine einzelne Zeichnung wird nicht mehr nur als solche gesehen, sondern als Teil eines komplexeren Systems von Bildwelten. Mit analytischem Verstand schafft Schwarzwald eine enzyklopädische Welt der Zeichnung, die unserer zeitgenössischen Welt gegenübersteht und ihre Ansichten in Frage stellt und herausfordert.

Christian Schwarzwalds Arbeit ist einem weiten Begriff von Zeichnung verpflichtet, die sich von der leichten Skizze und Notiz bis hin zu komplexen Editionen, Malereien, Wandzeichnungen und Installationen erstreckt.