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Vergessen, zu Hause die Herdplatte auszuschalten? Die Heizung? Das Licht? Und keine Zeit, um schnell noch einmal nach Hause zu fahren? Kein Problem, wenn das Haus „mitdenkt" und die Fehler seines Besitzers ausbügelt. Die Industrie lockt damit, dass das Leben zu kurz sei, um sich mit solch „unwichtigen Kleinigkeiten“ herumzuschlagen. „Goldene Wasserhähne spenden in fünf Jahren auch nur Wasser, eine smarte Infrastruktur bietet hingegen ganz neue Lebensqualität", lautet etwa ein Werbespruch.

Unsere Umwelt besteht zu einem großen Teil aus Maschinen. Wir benutzen sie mittlerweile teils mit einem größeren Selbstverständnis als einfachstes Handwerkszeug, etwa einen Hammer oder einen Stift. Wann haben Sie das letzte Mal mit der Hand mehr als ihre Unterschrift geschrieben? Die Kom-plexität heutiger Technologien, das komplizierte Zusammenspiel von Mechanik und Elektronik nehmen wir eigentlich gar nicht mehr wahr. Wir delegieren Tätigkeiten ohne Nachzudenken und benutzen nur mehr eine Oberfläche, unser Display mit Bedienermenü. Das dahinter liegende System ist wenig transparent.

Die heutigen Entwicklungen und Erfindungen robotischer Systeme versprechen mit wenigen Hand-griffen oder etwa mittels Sprache, auf jeden Fall schnell und ohne viel Aufwand, komplexe Aufgaben zu erledigen. Die Wunschmaschine ist hier unbegrenzt und reicht von der sensorgesteuerten Scheibenwischanlage im Auto über die elektronische Küche, in der sich der Kühlschrank selbst mit Milch bestückt, bis zum digitalen Büro der frei flottierenden „Workspaces“. Das Schlagwort des „Intelligenten Hauses“ wird immer populärer. Wie von Geisterhand gesteuert, senken sich beim Verlassen des Hauses Jalousien oder schließen sich geöffnete Fenster. Dazu kommen selbstver-ständlich Lichtszenarien nach Belieben sowie Sicherheitsfunktionen wie das automatische Einfahren von Markisen bei Sturm und die wetterabhängige Bewässerung des Gartens.

Die Installation Living Rooms. Happy End of the 21st Century von f18 – Institut für Kunst, Information und Technologie (ikit) (Hamburg/ Ljubljana) bietet den Besuchern in einer Art Testraum den Versuch, die eigene alltägliche Welt neu zu erkunden: In der GAK wird eine Modellwohnung entstehen, in der die Ideen von automatischen Maschinen täuschend realistisch und doch utopisch umgesetzt werden. Dienen diese elektronischen Helfer oder sind sie vielmehr autonom und agieren auf unheimliche Weise selbstständig?

Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer, Bad etc. sind unauffällig ausgestattet: Möbel, Accessoires, Küchengeräte und Werkzeuge funktionieren bis zu einem gewissen Grad wie gewohnt. Allerdings gehorchen diese Dinge nicht der Benutzung durch ihre Bewohner, sondern entwickeln nach und nach ihre eigene Dynamik und verselbstständigen sich. Die elektronisch gesteuerten „Handlungen“ lösen sich zunehmend auf und die Dinge geraten durcheinander. Einzelne Elemente verlassen ihre Zimmer, streunen durch andere Bereiche oder entfernen sich ganz aus dem Wohnbereich hinaus in die „Außenwelt“ der Galerie. Andere Elemente beginnen ihr Eigenleben an Ort und Stelle – so setzt z.B. ein Orchester aus Küchenutensilien und Werkzeugen setzt z.B. ein, Stühle und Tische ruckeln rhythmisch und beginnen ein absurdes Konzert anzustimmen. Nach und nach beruhigen sich die Objekte wieder.

Die Ausstellung besteht aus einer Werkstattphase, in der Besucher den Künstlern einmal in der Woche über die Schulter gucken und die Entstehung und Inszenierung der Installation miterleben können, bei der Möbel, Wohnelemente und Accessoires robofiziert und deren Verhalten progammiert werden. Nach der Laborphase folgt die zweiwöchige Präsentation der Installation in Aktion. (siehe Terminübersicht)

Kuratorinnen: Gabriele Mackert (GAK), Andrea Sick (Hochschule für Künste Bremen / Visionenkessel)

f18Institut F18institut – Institut für Kunst, Information und Technologie (ikit) wurde 1996 in Hamburg gegründet und ist heute ein Pool von zahlreichen Künstlern und Technikern, die sowohl international als auch vor Ort in Hamburg arbeiten. Konstanten sind Stefan Doepner und Jan Cummerow sowie der Ingenieur Lars Vaupel. Das f18institut (nach seiner ursprünglichen Adresse am Hamburger Fischmarkt) ist Labor und Forschungsstätte, um Eigenprojekte und auch Auftragsarbeiten zu entwickeln und zu realisieren. Es versteht sich als eine Plattform, die in Kunst, Medien, Information und Technik den Austausch und die Zusammenarbeit der einzelnen Bereiche sucht, um die Inhalte und Ergebnisse der unterschiedlichen Forschungen miteinander verschmelzen zu lassen.

Das f18institut hat in den letzten Jahren eine Vielzahl unterschiedlicher Performances, Installa-tionen, Workshops und Ausstellungen in Polen, der Schweiz, Slowenien und Deutschland realisiert. Außerdem gab es Auftragsarbeiten und Kooperationen von und mit verschiedenen Künstlern und Künstlergruppen wie z.B. Stelarc (AUS) oder Andreas Bossard (CH). Größere Ausstellungsprojekte waren unter anderem: „T1 – Testreihe Gegenwart“ (Hamburg, 1997), „T2 – Testreihe Gegenwart“ (Hamburg, 1998), „IKIT“ (Zürich, 2000) und „Playground Robotics“ (Basel/Bern/Solothurn, 2004) www.f18institut.org

Kontext Bremen Parallel zu “Living Rooms. Happy End of the 21st Century” findet der Robocup 2006, die Weltmeisterschaft der Fußball-Roboter, im Juni 2006 in der Messe Bremen statt.

Robocup 2006 Die RoboCup findet zum ersten Mal in Deutschland statt und ist eine internationale Initiative zur Förderung der Forschung in den Bereichen „Künstliche Intelligenz“ und „Autonome mobile Roboter“. Roboterfußball wird als standardisiertes Problem benutzt, an dem sich Ergebnisse aus den verschiedenen Forschungsdisziplinen direkt vergleichen lassen. Die RoboCup bietet Forschern die Möglichkeit, das Erreichte im direkten internationalen Vergleich mit ihren Kollegen zu testen und so gemeinsam Fortschritte in den jeweiligen Fachdisziplinen zu erzielen. Das Ziel der RoboCup-Initiative ist, bis 2050 ein Team, bestehend aus völlig autonomen humanoiden Robotern, zu entwickeln, das gegen das menschliche Weltmeisterteam im Fußball gewinnen kann. www.robocup2006.org/start

Smart 2006 “Living Rooms. Happy End of the 21st Century“ ist Teil von SMART 2006. Die Hochschule für Künste Bremen wird vom 13. bis 16. Juni ein internationales Symposium zum Thema: „Music, Arts, and Robotics“ veranstalten. Geladen sind Künstler, Wissenschaftler, Theoretiker und Techniker, die sich für ein interdisziplinäres Arbeiten mit neuesten Technologien (wie Bioengineering, distributierte Aktor-Sensor-Systeme, Robotik) interessieren und aktiv auf diesem Feld forschen. Die internationale Konferenz mit dem Titel "Music, Art, and Robotics" versammelt in Vorträgen, Präsentationen und Workshops Konzepte aus künstlerischen und wissenschaftlichen Kontexten zu Themen wie Autonome Systeme, evolutionäre Robotik und Artifical Life. www.smart2006.org

09.05.06 - 30.05.06 Laborphase 02.06.06 - 18.06.06 Ausstellung