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Was hat Wolfsburg mit Detroit gemeinsam? Beide sind als sogenannte „Motowns“ oder „Autostädte“ bedeutende Produktionsorte der Automobilindustrie. Entsprechend sind ihre Einwohner von der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Industriezweigs in vieler Hinsicht abhängig. Die momentane wirtschaftliche Situation beider Standorte zeigt zwei unterschiedliche Ausgänge der städtischen Entwicklung und verschiedene Ansätze im Umgang mit wirtschaftlichen Wendepunkten. Im Vergleich zu Wolfsburg, welches seine Krisenphasen durch eine Umstrukturierung des Volkswagen-Konzerns sowie eine urbanistische Neukonzeption weitgehend überwunden hat, bewältigt das US-amerikanische Detroit seinen wirtschaftlichen Abstieg auf ganz andere Weise: Die Einwohner nehmen die Krisenbewältigung größtenteils selbst in die Hand. Was kann man von Detroit, das den Ruf einer Shrinking City par excellence hat, konkret lernen? Angelehnt an Robert Venturis Buch „Learning from Las Vegas“, einer Inkunabel der postmodernen Architektur und des Städtebaus, kann hier die These aufgestellt werden, dass gerade von Orten zu lernen ist, die konträr zu ihrem „schlechten“ Image auf originäre Weise scheinbar unlösbare urbane Probleme bewältigen. Sinkende Einwohnerzahlen und der Zusammenbruch von Infrastrukturen bieten eine Chance für neue Formen des Zusammenlebens und -arbeitens, letztlich der Gesellschaft: eine kleinere Stadt kann eine besser Stadt sein. Gerade wenn man das Engagement ihrer Bürger zulässt und unterstützt. So sind in Detroit „Urban Gardening“ und „Urban Farming“ weit verbreitet. Viele Bewohner nutzen die Freiflächen, leer stehenden Häuser und Fabrikgebäude um ihre Selbstversorgung abzusichern oder diese künstlerisch zu gestalten, mit Ihnen zu experimentieren. Die wachsende Zahl dieser oftmals nachbarschaftlichen Projekte, der „Community Art Projects“, gleicht dem Aufbau eines neuen wirtschaftlichen Produktionszweiges in dem die Einwohner der Stadt die Parameter ihrer Lebensqualität selbst bestimmen und mit künstlerischen Mitteln gestalten. Die Gruppenausstellung „Learning from Detroit“ ermöglicht einen momentanen Einblick in die künstlerische und kulturelle Bewegung der Stadt. Dabei werden nicht nur alt eingesessene und neu hinzugezogene, sowie kurze Zeit in Detroit arbeitende Künstler und -gruppen vorgestellt, sondern auch Entwicklungsprozesse kultureller Zusammenarbeit mit Nicht-Künstlern. Ausgangspunkt und Material vieler Arbeiten ist die Stadt, ihre Vergangenheit als Industriestandort und die strukturellen Veränderungen die sie so dynamisch erscheinen lassen. Der Detroiter Scott Hocking wird nach seinem Kurzaufenthalt in Wolfsburg eine Arbeit entwickeln, die Bezug auf die beiden Städte nimmt. Im Kunstverein Wolfsburg im Schloss Wolfsburg und in der CITY GALLERY im Alvar-Aalto-Kulturhaus werden insgesamt 12 künstlerische Positionen vorgestellt. Die Bandbreite reicht von Malerei, Fotografie, Installation, Skulptur bis zu Aktionskunst. „Learning from Detroit“ entstand in Zusammenarbeit mit FILTER, einer Plattf orm internationaler zeitgenössischer Kunst mit Basis in Hamburg. Unter dem Namen FILTER DETROIT betreut die Initiatorin Kerstin Niemann in der Moran Street seit drei Jahren ein Wohnhaus, das als Research Residence und Ort des Austauschs für Künstler, Denker und Kulturmacher in und außerhalb Detroits dient. „Learning from Detroit“ ist zudem eine Kooperation des Kunstverein Wolfsburg mit dem Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation (IZS) zum 75. Stadtjubiläum von Wolfsburg. Das vom IZS organisierte Rahmenprogramm umfasst mehrere DJ-Acts (Detroit-Techno, Motown-Soul, etc.), einen Urban Gardening-Tag im Kleingartenverein, eine Vorführung von Städte-Imagefilmen sowie eine Lesung zur strukturellen Entwicklung Detroits. Lokale Liaison – Kunstvermittlung im Kunstverein Wolfsburg realisiert gemeinsam mit dem IZS (Geschichtswerkstatt) eine Forschungsausstellung zum Vergleich von Wolfsburg und Detroit, die im Raum für Freunde des Kunstverein Wolfsburg präsentiert wird.