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Vor zwei Jahren widmete sich eine Ausstellung dem Aspekt „FRAUENBILDER IN DER DDR". Danach folgte eine Exposition mit dem Schwerpunkt auf die „FIGURATIVE BILDHAUEREI IN DER DDR". Diesmal wird die Sammlung unter dem Gesichtspunkt Landschaftsinterpretationen im Zeitraum 1949 bis 1990 betrachtet. Aus mehr als 600 Malereien und etwa 9000 Arbeiten auf Papier fiel die Auswahl auf 42 Künstler. Dabei ging es bei der Auswahl nicht um die Bebilderung von Kulturpolitik oder das Nachzeichnen einstiger offizieller Ausstellungen. Das Auswahlkriterium war die künstlerische Qualität und die bisher so noch nicht zu sehende Vielfalt der Handschriften. In der Spätrenaissancehalle werden in chronologischer Abfolge 83 Arbeiten präsentiert. Die Malereien, Aquarelle, Handzeichnungen sowie Druckgrafiken eröffnen einen repräsentativen Einblick in ein Genre, dass sich großer Beliebtheit erfreute. Fast kein Maler, der sich nicht diesem Thema oder diesem Motiv widmete und sich damit mehr oder weniger bewusst in die Traditionslinie des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts stellte.

Die Einflussnahme auf Inhaltliches seitens der Kulturfunktionäre hielt sich in Grenzen. Diese Kunst galt mehr oder weniger als unpolitisch (kleinbürgerlich). Sie wurde nur gering reglementiert, dennoch beargwöhnt. Das traf insbesondere auf viele, zumeist impressionistisch ausgerichtete Landschaftsmaler zu. Da heraus hat sich im Laufe der Jahrzehnte ein Konsens zwischen Publikum und Künstler ergeben, der diese Haltung zu einem Affront zum Offiziellen erhob. Man sah darin eine reine Malerei und den Künstler, der sich aus den Zeitwirren herausnahm und eine Gegenwelt schuf. Dadurch wurde Landschaftliches sozusagen indirekt wiederum politisiert und stand nicht außerhalb des diktatorischen Regelwerks. In den beginnenden fünfziger Jahren wurden die kleinformatigen Malereien des auf Usedom arbeitenden Otto Niemeyer-Holstein (1896-1984) sowie der Dresdner Theodor Rosenhauer (1901-1996) und Hans Jüchser (1894-1977) als Abwendung von den nach Tatkraft verlangenden Zeiten erlebt. Die Landschaft sollte farbig, licht und optimistisch die sozialistische Wandlung der Gesellschaft symbolisieren. In diesem Sinne entwirft Bernhard Kretzschmar (1889-1972) die sozialistische Ideallandschaft: „Stalinstadt", 1955. Ganz diesseitig, dem grauen Alltag der fünfziger Jahre verhaftet, nimmt Ernst Schroeder (1928-1989) die Auseinandersetzung mit der existentialistischen Malerei eines Bernhard Buffet auf. Auch der Leipziger Karl Krug (1900-1983) zählt zu denen, die sich „nur" der Landschaft verschrieben. Düster, geheimnisvoll, befremdend sind seine unattraktiven Motive, die er in Norwegen oder in seiner unmittelbaren dörflichen Umgebung Leipzigs fand. In den sechziger und siebziger Jahren kamen bei der mittleren Generation gesellschaftskritische und menetekelnde Sichtweisen hinzu. Ihr Blick ging hinein in die heruntergekommenen alten Städte, in ihre maroden Vororte sowie in die unpersönlichen Neubausiedlungen. Weiterhin brachten plakative Gegenüberstellungen von unschuldiger Natur und einer brachialen Umweltverschmutzung eine bisher dahin nicht gekannte politische Polemik ins Spiel.

Generell ist eine große stilistische Vielfalt und die Differenzierung des Blicks zu konstatieren. Die vorangegangenen kunsthistorischen Leistungen werden um bis dahin nicht ausformulierte Aspekte bereichert. Es gab eine sublime Weiterführung eines Spätimpressionismus und die individuellsten Äußerungen im weitesten Umfeld des klassischen Expressionismus (Andreas Dress, geb. 1943; Walter Libuda, geb.1950). Hinzu kamen romantische und biedermeierliche Bildstrukturen (Wolfgang Mattheuer, geb.1927). Der unterkühlt kritische Blick der neuen Sachlichkeit fand eine Weiterführung durch Doris Ziegler (geb. 1949) und eine von Leipzig ausgehende historisierende Formsprache nahm den Dialog mit der Gründerzeit und der Renaissance auf. Werner Tübke (geb. 1929), Heinz Zander (geb. 1939) und Angelika Tübke (geb. 1935) sind die repräsentativsten Vertreter dieses, nicht nur damals befremdlich erscheinenden Stilmix. (Werner Tübke ist mit einem frühen, für ihn nicht typischen Bild vertreten „Hiroshima II.) Jedoch beschäftigten sich nur wenige mit der Pop Art, wie zum Beispiel der Dixschüler Willy Wolff (1905-1985) oder der vielseitige Jürgen Schieferdecker (geb. 1937). Auch die gestische Malweise war relativ selten anzutreffen. Und nur einige Maler wagten den Schritt, um parallel zum Äußeren subjektive Chiffren für die Wesenheiten des Landschaftlichen zu finden. Erika-Stürmer Alex (geb. 1938) und Strawalde (Jürgen Böttcher, geb. 1931) gingen weit über das Mimetische hinaus. Aus der Farbe heraus „schreiben" sie Zeichen, Spuren und Chiffren. Sie bezeugen ein Wachsen, Werden und Vergehen in der Natur. Max Uhlig (geb. 1937) ist mit seiner malerisch-grafischen Technik ein Mittler zwischen der Dresdner Malkultur und dem existentiell gestischen Duktus eines Alberto Giacometti. Hier wird flüchtig Atmosphärisches in hochartifizielle Malerei transformiert.

Da sich in den westeuropäischen Ländern die Nachkriegsmoderne größtenteils von der Landschaftsmalerei wegbewegte, war das Beharren auf ihr eine kunsthistorische Eigenheit. Dabei ist nicht allein das Motiv entscheidend. Wesentlicher ist die Art und Weise, wie es auf der Fläche ersteht. Landschaftsbilder bleiben nicht zuletzt Projektionsflächen; sie sind Orakel einer fokussierten Wahrnehmung. Armin Hauer

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Landschaftsbilder der DDR - Malerei, Arbeiten auf Papier
Erika Stürmer-Alex, Max Uhlig, Bernhard Kretzschmar, Ernst Schroeder, Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer, Karl Krug, Willy Wolff, Strawalde, Doris Ziegler, Bernhard Heisig, u.a.
KuratorInnen: Brigitte Rieger-Jähner, Armin Hauer
Ort: Rathaushalle