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Kunst forscht
Test und Experiment als künstlerische Praxis
04/03–22/05/2022

In Experimenten und Testungen operiert man in Systemen, die auch für ein Scheitern offen sind. Dieses Zulassen von Scheitern bietet die Möglichkeit Neues, noch Unbekanntes zu entdecken und somit über das Tradierte und Konventionelle hinauszugehen. Die Option des Scheiterns bedeutet also letztlich nicht nur ein Versagen, einen Rückschritt in Visionen und Praktiken, sondern enthält als experimentelle Anordnung unbedingt auch die Chance des Fortschritts. Hans-Jörg Rheinberger widmet sich in seinem kürzlich erschienenen Buch „Spalt und Fuge. Eine Phänomenologie des Experiments“ der wissenschaftlichen Methode des Experimentierens: „Umso erstaunlicher ist es, dass sich Philosophie und Geschichte der Wissenschaften mit der unglaublichen Vielgestaltigkeit des Experimentierens kaum auseinandergesetzt haben.“ Das Gleiche gilt sicherlich auch für das Experimentieren und Forschen in der bildenden Kunst, das nicht zuletzt auf Leonardo da Vinci als prominenten Vertreter zurückzuführen ist. Künstler*innen und naturwissenschaftliche Forscher*innen verbindet die Neugier und eine besondere Form der Kreativität.

Eine Wissensproduktion unabhängig des hegemonialen anerkannten Wissens ist eine Intention, die allen Künstler*innen der Ausstellung „Kunst forscht“ gemeinsam ist und deren Titel eine Referenz auf „Jugend forscht“, dem bekannte Schüler- und Jugendwettbewerb im Bereich Naturwissenschaften, bildet. Die israelische Künstlerin Liat Grayver bedient sich beispielsweise in der Herstellung ihrer Gemälde und Zeichnungen der intensiven Korrespondenz mit Robotern. Mit den Transformationsmöglichkeiten der menschlichen Stimme experimentiert die Berliner Künstlerin und Musikerin Katharina Hauke. Sie entwickelt dazu eine Apparatur, die sie als MikroKontrolleur bezeichnet. Mit physikalischen Phänomenen verschiedener Art beschäftigt sich der Chemnitzer Künstler Martin Lucas Schulze. Dabei entsteht, wie er formuliert, eine alternative Wissensproduktion, in der er unter anderem Funktionsstrukturen von Verfallsprozessen sichtbar machen möchte. Aus der systematischen Beobachtung von klimatischen Veränderungen gewinnt der Schweizer Künstler Marcus Maeder seine künstlerischen Arbeiten, die sich in der Regel als multimediale Installationen realisieren.