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Galerie Max Hetzler zeigt in Zusammenarbeit mit der Galerie Guido W. Baudach in den temporären Ausstellungsräumen in den OsramHöfen in Berlin-Wedding die Gruppenausstellung Kommando Friedrich Hölderlin Berlin. Sie wurde von André Butzer angeregt und steht in einer Reihe von „Kommando“-Ausstellungen, die in den USA und Deutschland bereits zu sehen waren. Hier treffen Werke überwiegend aus den 80er Jahren von Künstlern der Galerie Max Hetzler auf Werke jüngerer Künstler der Galerie Guido W. Baudach. In den Räumen der Zimmerstraße 90/91 sind Arbeiten aller Künstler auf Papier zu sehen.

André Butzer hat sich Hölderlin, den „ersten Science-Fiction Dichter“, zum Schutzheiligen und Lieblingsdichter erkoren. Das Kommando unter der Ägide Hölderlins hat den Olymp zum Ziel, den ersehnten Ort des Dichters, der sich mit der bestehenden Gesellschaft nicht abfinden konnte. Die Darstellung dieses idealen Ortes war Hölderlin in seinen hymnischen Versen noch möglich, auch wenn er an der Diskrepanz zwischen der Utopie und der von ihm erlebten Realität zerbrochen ist. Heutzutage sind Utopieschilderungen ohne ihr impliziertes Scheitern nicht mehr zu finden. Werner Büttner jedenfalls scheint in seinem „Verrosteten Himmel“ das Anachronistische der christlichen Utopie zum Thema zu machen; zwischen Gott und Adam war zu Michelangelos Zeit noch alles in Ordnung. Und auch Büttners Damenbadfiguren, grobgehauene, glubschäugige Grazien in verschiedenen Gemütslagen und Positionen (die einzigen weiblichen Wesen in der Ausstellung), stellen eine eher ironische Variante einer männlichen Vorstellung vom Paradies dar.

André Butzers titelgebendes, pastos gemaltes Werk im Zentrum der Ausstellung zeigt evtl. einen Hölderlin, vor den Toren des Olymp angekommen (Butzers NASAHEIM im Weltraum). Die Utopie ist Wirklichkeit geworden – eine gemeinsame Ausstellung mit so unterschiedlichen Künstlern wie den hier ausgestellten. Doch die Utopie ist der Ort, den es nicht gibt, und so zeigt das Seitenverkehrte des Titels die Unmöglichkeit an, dass diese Künstler unter einem Kommando zusammenkommen können – das kann nur ein Himmelfahrtskommando sein. Dementsprechend hat Björn Dahlems Arbeit mit dem Weltraum zu tun: Er baut mit seinen raumgreifenden Skulpturen theoretische Modelle nach, die die romantische Sehnsucht nach der Erkenntnis der kosmischen Ordnung thematisieren. Der Glaube an die wissenschaftliche Wahrheit verschwindet im Sog des schwarzen Lochs.

Bei Günther Förgs Bleibildern ebenso wie Georg Herolds Werken aus Dachlatten und Ziegelsteinen ging es in den 80er Jahren um die Erforschung des Materials, das im Gegensatz zur Kunst von Beuys nicht mit Symbolik aufgeladen wurde. Herold thematisiert dies auf humorvolle Art und Weise, indem er mit der Unvereinbarkeit von Bezeichnung und Bezeichnetem spielt. Förgs großformatige Fotografien von Treppenhäusern lassen sich wieder in den Kontext der Utopie einfügen: Der Weg geht nach oben. Ebenso wie bei den grobkörnigen, kontrastreichen Schwarzweiß-Fotografien von Erwin Kneihsl, deren Motive einen Zustand in der Luft beschreiben. Um einen schwerelosen Zustand geht es auch bei der Installation „Crystal Meth“ von Thomas Zipp. Jedoch nicht um ein Schweben, sondern eher ein Gefühl energiereichen Explodierens, wie die konstruktivistisch auseinander springende Skulptur vermuten lässt.

Thilo Heinzmann bearbeitet weiße Aluminiumplatten mit Objekten, bleibt dabei aber so minimalistisch, dass das gleißende Weiß eine Verheißung von Unschuld ausstrahlt. Thomas Helbigs Skulpturen erscheinen wie das genaue Gegenteil: Fragmente von vormals perfekten Figuren werden zu neuen Formen zusammengesetzt, die an Alien-Embryos denken lassen. Die schwarze glänzende Farbe lässt die amorphen Formen sehr kompakt und konzentriert wirken.

Die Zukunftsvision von Andreas Hofer zeigt mutierte Menschen von morgen, die in einer verregneten, trostlosen Umgebung unterwegs sind. Trotz des dünnen Farbauftrags hat das Bild eine intensive Wirkung. Apokalyptische Landschaften zeigen normalerweise auch die Sublimationsdrucke von Markus Selg – in dieser Ausstellung jedoch bedient er das Klischee vom Garten Eden, in dem alle Tiere friedlich zusammenleben, vielleicht weil keine Menschen darin vorkommen. Die Perfektion ist aber ein bisschen verschmiert; ebenso wie das große, kraftvolle neue Gemälde von Albert Oehlen in leuchtenden Farben, das im Vordergrund verschwimmt, tonig und unscharf wird, und so dem Bild die sorglose Heiterkeit nimmt.

Die Fotografien von Thomas Struth aus den 80er Jahren zeigen schwarzweiße Ansichten von Fabrikgebäuden und Häusern. Perspektivische Strenge kennzeichnet die Architekturfotografien, von einem grauen Himmel umgeben. Der Unterschied zu seiner Fotografie von 2006 könnte nicht größer sein: ein intensiv leuchtendes, grün überquellendes Dschungelparadies auf Hawaii, das das ganze Bild ausfüllt.

André Butzer hat folgende Ausstellungen kuratiert: Kommando Pfannenkuchen, Gallery Daniel Hug, Los Angeles (2004); Kommando Friedrich Schiller, John Weaver Collection, Detroit (2004); Kommando Henry Ford, Neuro Café, Stuttgart (2005); Kommando Calvin Cohn, Salon 94, New York (2007)

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Kommando Friedrich Hölderlin Berlin
Works on Paper
In Cooperation with Galerie Guido W. Baudach
Ort: Zimmerstraße 90/91 und OsramHöfe

mit Werner Büttner, André Butzer, Björn Dahlem, Günther Förg, Thilo Heinzmann, Thomas Helbig, Georg Herold, Andreas Hofer, Erwin Kneihsl, Albert Oehlen, Markus Selg, Thomas Struth, Thomas Zipp