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Ort: GALERIE KLÜSER 2

Victor Hugo Vor genau 130 Jahren starb am 22. Mai 1885 der größte romantische Schriftsteller Victor Hugo. In Frankreich wurde er schon zu Lebzeiten als Nationalheld gefeiert. An seinem 80. Geburtstag zogen fast 600.000 Menschen an seiner Wohnung vorbei. 5 Jahre später folgte eine noch größere, unüberschaubare Menschenmenge dem Trauerzug bis zum Pantheon, wo er seine letzte Ruhestätte fand. Sein Einsatz für die Menschenrechte (u.a. gegen die Todesstrafe) und soziale Reformen ist legendär. Noch kurz vor Ausbruch des deutsch-französischen Krieges 1870/71 pflanzte er visionär und hoffnungsvoll in seinem Garten die Eiche der „Vereinigten Staaten von Europa“. Victor Hugo mußte für den Kampf gegen reaktionäre Willkür über Jahrzehnte große Opfer bringen. Sein Widerstand gegen den Staatsstreich Napoleons III. zwang ihn 1851 ins Exil auf die englischen Kanalinseln Jersey und Guernsey (ab 1855), wo er im „Hauteville House“ lebte, schrieb und zeichnete. Erst 1870 konnte er nach Frankreich zurückkehren.

Weniger bekannt ist seine Begabung als innovativer Zeichner, der mit unkonventionellen Mitteln nicht nur die spätromantische Landschaftszeichnung um eine Dimension erweiterte, sondern auch mit einer Werkgruppe von Zeichnungen während seiner Exilzeit den Beginn der abstrakten Kunst einleitete. Auf diesen kunsthistorisch bedeutenden Entwicklungsschritt machte zuletzt die Ausstellung „Turner – Hugo – Moreau – Entdeckung der Abstraktion“ in der Schirn Kunsthalle Frankfurt 2007 / 2008 aufmerksam. Es ist deswegen umso erstaunlicher, dass bis heute in Deutschland nur eine öffentliche grafische Sammlung (Weimar) ein Blatt von Victor Hugo besitzt. Zu unserer Ausstellung zeigen wir – ergänzend zu den Fotografien von Kavdij Sluban – 12 Zeichnungen von Victor Hugo als unverkäufliche Leihgaben aus der Sammlung Klüser, die das Spektrum seiner zeichnerischen Innovationen dokumentieren.

Klavdij Sluban Den größten Teil des Jahres 2013 verbrachte Klavdij Sluban als „artist in residence“ in Hauteville House auf der Kanalinsel Guernsey, in dem Victor Hugo 15 Jahre im Exil lebte. Sein Ziel war es, die spezifische Atmosphäre des Hauses und der unmittelbaren Umgebung zu erfassen. Im Ergebnis erfahren das Lebensumfeld des Schriftstellers und seine immer noch spürbare Präsenz in den subtilen Fotografien Slubans eine fast zeitlose Transformation in die Gegenwart. Klavdij Sluban arbeitet wie ein klassischer Fotograf und verzichtet bewusst auf viele gängige Parameter erfolgreicher Gegenwartsfotografie: kein überwältigendes Gesamtbild im Großformat, keine narrative Inszenierung mit spektakulärer Wirkung, kein Einsatz von Farbe als Betonung der realitätsnahen Abbildung der Gegenwart. Stattdessen konzentriert er sich auf Details, die assoziativen Freiraum lassen, vertraut auf das unendlich große Spektrum von Schwarz/weiß-Tönen ebenso wie auf die differmierte Wirkung von Licht und Schatten. So ergibt sich zusätzlich eine Nähe zu den Zeichnungen Victor Hugos, die fast ausschließlich auf Farbe verzichten, von äußerst kontrollierten Hell-Dunkel Abstufungen bestimmt sind und zu einer abstrahierenden geistigen Formulierung führen.

Die kritische wie kreative Wahrnehmung des Lesens oder Betrachtens zu aktivieren, war das Ziel von Victor Hugo. Slubans Fotografien der Ausstellung begegnen diesem Anspruch auf Augenhöhe. Alle Fotografien der Ausstellung wurden 2014/2015 im Pariser Museum „Maison Victor Hugo“ gezeigt. Wir danken dem Museum für die unterstützende wie freundliche Zusammenarbeit.