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Kiki Smith, die 1954 in Nürnberg als Tochter des Architekten und Bildhauers Tony Smith geboren wurde, aber in den Vereinigten Staaten aufwuchs, beschäftigt sich von Beginn an mit dem menschlichen Körper und im weiteren Sinne mit der Conditio humana. Im Unterschied zur klassischen figurativen Skulptur, die das Innere des Körpers verbirgt, vergegenwärtigt Smith auch dessen Organe (Leber, Magen, Herz) und Körperflüssigkeiten (Tränen, Urin, Menstruationsblut). Dabei deutet sie immer wieder auf die Fragilität und Vergänglichkeit des Körpers und stellt Verbindungen zwischen Mensch und Tier her, die mythischen Ursprungs sind, aber auf die Gegenwart anspielen. Ihre Auffassung vom Körper wurde zeitweilig als feministische Ästhetik rezipiert, und nicht von ungefähr werden ihre Arbeiten oft mit denen von Marlene Dumas, Nancy Spero und Jana Sterbak verglichen. Ihre Bezüge zur Kunstgeschichte reichen von Pompeijanischen Figuren bis zu Eadweard Muybridge.

In den vergangenen Jahren verdankt sie wesentliche Anregungen auch der Literatur, etwa den Erzählungen Lewis Carroll's und der Gebrüder Grimm. Von hier aus hat sie die narrative Seite ihrer Werke, die schon frühzeitig angelegt war, noch verstärkt. Die Wahl ihrer Materialien ist nicht minder breit gestreut: Ton, Wachs, Glass, Papiermaché, Porzellan und Bronze werden sehr spezifisch eingesetzt, um unterschiedliche Wirkungen und Bedeutungshorizonte hervorzurufen. Seit einigen Jahren gelingt es ihr, für spezifische Ausstellungskontexte spezifische Werke und Werkgruppen zu erarbeiten, die einen mehr oder minder engen Bezug zum Ort herstellen.

Hier setzt das Ausstellungsprojekt für Krefeld an: Sie hat für das Haus Esters, dessen Wohnhauscharakter sie ganz besonders schätzt, einen weit gespannten Bogen aus überwiegend neu produzierten Werken erarbeitet, der präzise auf die Räumlichkeiten der Mies-Villa zugeschnitten ist. In Form verschiedener Erzählstränge umspannt die Installation das Leben der Frau von der Geburt bis zum Tod. Ausgehend von der historischen Perspektive häuslichen Lebens, wie es im protestantischen Neuengland verwurzelt ist, entwickelt Kiki Smith ein metaphernreiches Spektrum von Möglichkeiten fraulichen Lebens außerhalb der Ehe. Zentral sind dabei die umfangreichen Glasarbeiten, die die Künstlerin jüngst in der Mayerschen Hofkunstanstalt München produziert hat. Sowohl die gesamte Fensterfront, die zum Garten zeigt, als auch das sechsteilige Fenster, das die Front der Villa ziert, werden mit diesen figurativen Glasbildern bestückt werden. Darüber hinaus werden Skulpturen aus Pappmaché und Bronze, Fotoarbeiten sowie großformatige Zeichnungen und auch Videoarbeiten zum Ensemble der Ausstellung gehören. Schließlich wird Kiki Smith einen Teil der Räume mit einer eigens geschaffenen, figürlichen Tapete ausstatten, um den häuslichen Charakter des Ambientes zu verstärken.

Mit diesem ambitionierten Projekt setzen die Kunstmuseen Krefeld ihre Serie ortsspezifischer Interventionen, wie die von Hermann Pitz, Robert Longo, Eric Fischl, Iñigo Manglano-Ovalle, Shiro Matsui oder Anton Henning fort. Im Laufe der Ausstellung erscheint eine Publikation, die sämtliche Werke in der Ausstellung dokumentieren wird. Anschließend wird die Ausstellung modifiziert in der Kunsthalle Nürnberg (17. Sept. – 16. Nov. 2008) gezeigt.

Kurator: Martin Hentschel