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In unserer vierten Ausstellung zeigen wir neue Leinwandbilder von Katharina Grosse. Konsequent untersucht Katharina Grosse in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Möglichkeiten von Malerei, dehnt sie von der Leinwand in den Raum aus, malt und sprayt auf Wände, Böden und Decken. Der Kontext wird vom Innen- in den Außenraum erweitert, bezieht Alltagsgegenstände wie Möbel, Bücher, Kleidung mit ein, die zu Bildträgern mutieren. Ihre ortsspezifischen Installationen können monumentale Größenverhältnisse erreichen, fordern den Betrachter auf, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen, lassen ihn Malerei in räumlich – zeitlichem Kontinuum erfahren.

Die jüngsten Leinwandarbeiten verbindet ein komplexes malerisches Vokabular. Raster aus diagonal verlaufenden Schraffuren, eng gesetzte Farbstreifen, die sich mit feinen beinahe transparenten Linien kreuzen, bilden den Grundrhythmus. An den Bildrändern öffnen sich die Strukturen, geben den Blick auf den Bildgrund frei. Ein Formtypus, der häufig in Katharina Grosses Arbeiten wiederkehrt, ist die Ellipse, als konvex gewölbte Skulptur oder als Bild. Auf der Leinwand scheinen physikalische Kräfte auf ihre Gestalt zu wirken. Sie nimmt die weiche Form eines Tropfens an, scheint vertikal über das Bild zu fließen. In Bewegung versetzt, beginnt sie förmlich zu schwingen, entwickelt eine spürbare Dynamik. Mithilfe ellipsenförmiger Schablonen werden einzelne Bereiche ausgespart, bleiben offen, an anderer Stelle überlagern und durchdringen sie sich, verdichten sich so stark, bis sie zu implodieren scheinen.

Analog zu Katharina Grosses Installationen und raumbezogenen Arbeiten, lassen sich diese Leinwandarbeiten nicht mit einem Blick erfassen. Vielmehr öffnen sich bei der phänomenologischen Erfahrung vielschichtige Perspektiven. Differente Ebenen treten hervor, stehen parallel und gleichberechtigt nebeneinander, fügen sich zu einer polyphonen, offenen Ordnung. Weiche, sich auflösende Konturen werden von harten Kanten durchdrungen, unscharfe gesprühte Flächen folgen auf illusionistischen Tiefenraum. Unterschiedliche bildnerische Prinzipien koexistieren. In dieser Simultaneität der Strukturen und ihrer unabschließbaren Prozesshaftigkeit entsteht eine explosive Kraft, die festgefahrene kausale Vorstellungen sprengt.

Zeitgleich erscheint eine Monographie, die sich mit den jüngsten Leinwandarbeiten beschäftigt: Katharina Grosse. Eat Child Eat, mit einem Text von Ulrich Wilmes, Distanz Verlag, Berlin, 2011. Das Kunstmuseum Bonn zeigt ab dem 25. Mai 2011 eine großformatige Malerei im Außenraum.

Katharina Grosse, geboren 1961 in Freiburg, lebt und arbeitet in Berlin. Auswahl Einzelausstellungen: MassMoCa, North Adams, USA, 2011; Quadriennale 2010 Düsseldorf, bis 2011; ARKEN Museum of Modern Art, Kopenhagen, Dänemark, 2010; Neues Museum - Staatliches Museum für Kunst und Design, Nürnberg, 2009; Temporäre Kunsthalle Berlin, 2009; Fondazione Palazzo Strozzi, Florenz, Italien, 2008; Museum Serralves, Porto, Portugal, 2007; De Appel Centre for Contemporary Art, Amsterdam, Niederlande, 2006; Kunsthalle Bergen, Norwegen, 2005; Palais de Tokyo, Paris, Frankreich, 2005; Contemporary Arts Museum Houston, Texas, USA 2004; Ikon Gallery, London, England, 2002; Kunstmuseum St. Gallen, Schweiz, 2002; Katharina Grosse ist Preisträgerin des Fred-Thieler-Preises, ständiges Mitglied der Akademie der Künste, Berlin und seit 2010 Professorin für Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf.

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