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Nachdem von Ende März bis Mitte Juni die Arbeiten von Kostis Velonis im Obergeschoss des Kunstvereins in Hamburg im Vordergrund standen, treten sie nun zurück und werden Bühnenbild für einen neuen Auftritt: die Skulpturen von Karla Black. In ihren Arbeiten bezieht sich die schottische Künstlerin (*1972, lebt in Glasgow) auf minimalistische Strategien, Feminismus und psychologische Prozesse. Materialien wie Puder, Lippenstift, Pappe und Papier bilden eine gegensätzliche, sich zugleich ergänzende Form und Nicht-Form.

Blacks Arbeiten haben einen Hang zum Unabgeschlossensein, obwohl ihre Grenzen stets klar abgesteckt und der Arbeitsprozess an ein deutlich definiertes Ende gekommen ist. Eine installative Komponente sowie ihre Materialität öffnen die Skulpturen zum Raum und setzen sie in Bezug zum Menschlich-Körperlichen. Ein Moment von Chaos, der Prozesshaftigkeit zulässt, aber auch das Treffen von Entscheidungen einschließt, fordert die BetrachterInnen zur Reaktion auf. Der Gebrauch von körperlich konnotierten Materialien und den damit verbundenen Assoziationen lässt ein Feld physischen und emotionalen Bewusstseins entstehen. Ihren Skulpturen wohnt eine Attraktivität des Sehens und des Materials sowie eine Verletzlichkeit inne, die sich ihnen nicht zuletzt in ihrer Zeitlichkeit einschreibt: Am Ende der Ausstellung hören die Arbeiten auf zu existieren oder werden zumindest aufgrund ihrer Fragilität Schaden nehmen.

Für ihre Ausstellung im Obergeschoss des Kunstvereins wird Karla Black neue Arbeiten speziell für den Ort und die besondere Situation entwickeln. Sie übernimmt vom 4. Juli bis 6. September die Regie über den Ausstellungsraum, wird einige Arbeiten von Kostis Velonis neu platzieren, andere aus dem Ausstellungsraum entfernen und ihre eigenen Arbeiten in diesem Rahmen inszenieren. Waren die Skulpturen von Kostis Velonis von vornherein mit der Zielsetzung entwickelt worden, den weiteren Aktivitäten des Kunstvereins für das Jahr 2009 eine Bühne zu bieten, so nehmen sie diese Funktion nun noch verstärkter ein: Wie KünstlerInnen für Ausstellungen immer auf einen Raum – im architektonischen wie im sozial-gesellschaftlichen Sinne – reagieren, so sind es im diesjährigen experimentellen Ausstellungsformat des Kunstvereins Hamburg die Arbeiten eines anderen Künstlers, auf dessen „Architekturen“ Karla Black reagieren müssen. Dabei geht es um keine kollaborative Praxis, sondern um das Bewusstsein für die Bedingungen des Ausstellens.

Jede Einzelausstellung isoliert eine Praxis, die jedoch in einem viel größeren Zusammenhang zu sehen ist. Fast jede Gruppenausstellung hingegen akkumuliert Ähnliches um einen Zusammenhang herzustellen, der aber seinerseits künstlich um Spannungsmomente beschnitten ist. Genau diese Spannungsmomente will das additive Ausstellungsprinzip im Obergeschoss des Kunstvereins sichtbar machen, ohne die BetrachterInnen didaktisch zu belehren.

Karla Black wird für die Ausstellung großformatige Bodenarbeiten sowie eine „hängende Skulptur“ realisieren. Somit wird ein dichtes Ensemble mehrerer Arbeiten entstehen, das den gesamten Ausstellungsraum bespielt und ein neues Raumbild entstehen lässt.

Begleitend zur Ausstellung erscheint in Zusammenarbeit mit migros museum, Zürich, Modern Art Oxford und Inverleith House, Edinburgh ein umfassender Katalog (voraussichtlich November 2009).

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Karla Black
Kurator: Florian Waldvogel