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Seinem Namen nach versteht sich das internationale Ausstellungsprojekt „KaDeOs – Kaufhaus des Ostens“ zwar nicht als direktes Pendant, aber natürlich doch als künstlerisches Gegenstück zum KaDeWe, das in diesem Jahr sein 100jähriges Bestehen feiert. Während der Berliner Konsumtempel besonders für seine Feinkostabteilung sowie für seinen exzellenten Kundenservice berühmt ist, gelingt es im Osten Deutschlands auch 2007 nur mit Mühe, das heißt, lediglich in den wenigen größeren Städten und dort wiederum mit Insider-Wissen, ein Delikatessengeschäft ausfindig zu machen. Und auf eine fach- bzw. sachkundige Beratung muss der Kunde nicht nur in den ostdeutschen Supermärkten auf der (vormals) grünen Wiese verzichten, wo man derlei Service ja auch gar nicht vermutet. Dort erübrigt sich oft schon die Frage nach einer Käsetheke. Dieser zugegebenermaßen extreme Vergleich soll verdeutlichen, dass man im Osten offensichtlich noch immer „anders“ shoppt als im Westen. Allerdings liegen die Unterschiede im Detail, was auch die künstlerischen Arbeiten im Rahmen der Ausstellung widerspiegeln.

Ortspezifischer wie thematischer Hintergrund für die Kunstausstellung in der ehem. Konsum-Ladenzeile in der Erfurter Johannesstrasse ist das Konsumverhalten oder die Kaufkultur des „Ostens“ – im nicht nur geografisch engeren wie weiteren Sinne und nach der Wiedervereinigung Deutschlands bzw. dem Zusammenbruch des politischen Systems in Osteuropa. Hochaktuell und brisant geht es darum, auf künstlerisch reflektierte Weise aufzuzeigen, was heute ganz selbstverständlich jeder tut, aber nicht bedenkt, wenn er/sie - mitunter sicherlich nicht völlig grundlos im Hinblick auf die derzeitige sozialpolitische Entwicklung frustriert - in Deutschland etwa pauschal gegen die Reformpolitik eines Staates polemisiert, der den Wohlstand vor allem als Folge bzw. gar Synonym eines beinahe grenzenlosen Konsums ermöglicht. 10 internationale und zeitgenössisch-aktuelle Positionen beleuchten auch medial verschieden und durchaus kritisch wie bedeutsam, ja existentiell, das Shoppen auch im Osten ist. So zeigen die Installationen des Künstlerkollektivs TURBINE (D) sowie von LAIBACH (SLO), dass man darüber die dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte mühelos vergessen kann, die beim Einkaufen auch nur stören würden. Schließlich geht es um uneingeschränkten Spaß und Genuss, ohne Reue und Unterlass – ganz egal wo. Was das erste offizielle „Westgeld“ den damals Noch-DDR-Bürgern ermöglichte, ruft Peggy MEINFELDER (D) mit ihrer Arbeit „100 Westmarkt“ ins Gedächtnis. Auch Iris KETTNERs (D) „Beutel“ fungieren als künstlerische Asservate, welche allgemein eine besondere DDR-Konsumgewohnheit dokumentieren und im einzelnen individuelle Einkaufsgeschichten speichern. Franz HOEFNER und Harry SACHS (D) heißen dagegen mit ihrer Dia-Installation und in universeller, internationaler Gebärdensprache alle Konsumenten der Welt willkommen: „Shopping!“ oder „Urlaub!“ lautet die Devise, die nicht nur Ost und West, sondern Menschen aller Kulturen und Nationen (zumindest im Geiste) vereint und glücklich macht. Den günstigsten Supermarkt haben Vít KLUSÁK und Filip REMUNDA (CZ) eröffnet, allerdings in Tschechien, was somit mal wieder eine Reise Wert wäre, kauft dort der ehem. DDR-Bürger jetzt als „Neu-Westler“ ohnehin gern ein. Ferner wird am Beispiel mancher künstlerischen Arbeit auch deutlich, was, wie und warum im Osten angeboten und gekauft wird, welche Waren hier die sog. must-haves sind, welche Läden und Verkaufsbranchen sich neben den so selbstverständlichen Supermärkten und Discountern etabliert haben, weil sie (teilweise noch immer) frequentiert werden. Als besonderer Gruß nach Thüringen lässt sich Jana STERBAKs (CAN) Arbeit im Kontext der Ausstellung verstehen: Ihre Fotografie zeigt ein weibliches Modell, das ein Kleid aus Schweinefleisch nach Haute Couture-Schnitt trägt und „Vanitas: fleshdress for an albino anorectic/Vanitas: Fleischkleid für einen magersüchtigen Albino“ betitelt ist. Nils EMDE und niko31 (D) führen dagegen zwei Geschäftsbranchen vor, die im wesentlichen der speziellen Situation im Osten geschuldet sind, wo wenig Arbeit viel Zeit freisetzt. Interessant erschien im Rahmen der Schau ferner, welche „Ostprodukte“ sich für den „westlichen“ Käufer als besonders ansprechend erweisen. Neben einigen wenigen Nahrungs- und Genussmitteln haben sich hier vor allem die Immobilien- und einschlägige Vergnügungsbranche als lukrativer Markt erwiesen, welche dementsprechend auch künstlerisch kommentiert werden. So bietet Anna KRENZ (PL), auch online, die perfekte „Polnische Ehefrau“ an, und Karolina KOWALKSA (PL) offeriert polnisches Land und Gut – ein Stück guten, alten deutschen Bodens also!

Willkommen im KaDeOs! Kommen Sie und staunen Sie! Alles KOSTENLOS und NUR FÜR KURZE ZEIT!

Silke Opitz

KaDeOs Willkommen im KAUFHAUS DES OSTENS Internationale Kunstausstellung, ehem. Konsum-Ladenzeile, Erfurt, Johannesstrasse 38 28. April bis 16. Juni 2007 Öffnungszeiten: Mo-Sa, 12-18:00 Uhr Eröffnung: 27. April 2007, 19:00 Uhr Veranstalter: Galerie im Kunsthaus Erfurt e.V. in Zusammenarbeit mit Silke Opitz, Weimar

Franz HOEFNER und Harry SACHS, Iris KETTNER, Anna KRENZ, Karolina KOWALKSA, Vit KLUSAK und Filip REMUNDA, LAIBACH, Peggy MEINFELDER, niko.31 mit Nils EMDE, Jana STERBAK, TURBINE

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KaDeOs
Willkommen im Kaufhaus des Osten, Erfurt
Ort: Johannesstrasse 36-38 (ehem. DDR-Konsum-Ladenzeile)
Veranstalter: Galerie im Kunsthaus Erfurt in Zusammenarbeit mit Silke Opitz

Künstler: Franz Hoefner / Harry Sachs, Iris Kettner, Anna Krenz, Karolina Kowalska, Vit Klusak / Filip Remunda, Laibach , Peggy Meinfelder, Nils Emde, Jana Sterbak ...