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K. H. HÖDICKE. EINE RETROSPEKTIVE

AUSSTELLUNGSDAUER: 18.06.2020 – 13.09.2020

Der Maler K. H. Hödicke (*1938 Nürnberg) zählt zu Beginn der 1960er-Jahre zu den Wortführern einer kleinen Gruppe ungestümer jugendlicher Querdenker, die die Malerei revolutionieren wollen. Kaum dass die deutsche Nachkriegsmoderne wieder Anschluss an internationale künstlerische Tendenzen der Abstraktion gefunden hat, begehren sie gegen diese neuerliche Doktrin auf und halten mit einer Renaissance der für obsolet erklärten figurativen Malerei dagegen. Die retrospektiv angelegte Ausstellung K. H. Hödicke in der Staatlichen Graphischen Sammlung München gibt einen Einblick in ein nahezu unerschöpfliches künstlerisches Werk und demonstriert in der Zusammenschau von Zeichnung, Gemälde und Skulptur, dass K. H. Hödicke heute zweifellos zu den Klassikern gehört, sein Jahrzehnte übergreifender Werklauf aber hat seine Frische und Aktualität bewahrt.

1957 war der jugendliche Hödicke mit seiner Familie nach Berlin gekommen. Zuvor hatte er die prägenden Jahre seiner Kindheit und Jugend nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in München verbracht. Hier macht der Farbenrausch der Künstlergruppe Der Blaue Reiter bei seinen vielen Besuchen im Lenbachhaus tiefen Eindruck auf ihn. Daneben entdeckt und begeistert er sich in der Pinakothek für die malerische Freiheit der alten Meister. Künstlerische Maxime, die sein eigenes Schaffen zukünftig bestimmen werden.

1959 beginnt er in Berlin ein Studium der Malerei an der Hochschule für Bildende Künste, das er 1964 mit dem Diplom abschließt. Die durch den Eisernen Vorhang in eine Ost- und eine Westzone geteilte ehemalige Metropole Berlin steht in diesen Zeiten in besonderem Maß auch kulturell im Fadenkreuz gegensätzlicher politischer Interessen der Großmächte. Gerade erst haben inmitten der politischen Eiszeit des Kalten Kriegs Tachismus, Informel und Abstrakter Expressionismus als universelle Bildsprachen einer freien westlichen Welt die Malklassen westdeutscher Akademien erobert, um alsbald zu einem akademischen Stil zu erstarren, da begehren einzelne junge Studenten wie Hödicke mit provozierend realistischen Bildwelten gegen diese verordnete reglementierte Freiheit zur Abstraktion auf. Mit seinen überraschend unverbrauchten zeitgenössischen Bildwelten setzt sich Hödicke wie auch andere Künstler seiner Generation abrupt von der Vätergeneration der Abstrakten ab. Seine frühen auf Motivextrakte konzentrierten Großstadtsujets, die er mit Reflexionen betitelt, zeichnen seine unverkennbare Handschrift aus. Gemalt mit einem dynamisch-fließenden Gestus, der zwischen Form und Nichtform oszilliert, erstrahlen sie in einer leuchtend-expressiven Farbigkeit.

10 Jahre später wird K. H. Hödicke 1974 selbst zum Professor an die Westberliner Hochschule für Bildende Künste berufen. Seine direkte Malerei sollte prägend werden für eine ganze Generation nachfolgender Künstler, die in den 1980er-Jahren als Neue Wilde firmieren. K. H. Hödicke selbst lebt und arbeitet noch immer in der Stadt, deren insulares Eigenleben er so lange schätzte. Seine Malerei zählt heute, jenseits flüchtiger Phänomene, zu den gesetzten Größen der jüngeren Kunstgeschichte und aktuell zu den wichtigen Referenzen für junge künstlerische Positionen der Gegenwart.

Die Münchner Retrospektive K. H. Hödicke stellt zentrale Werkphasen des Künstlers ab den frühen 1960er-Jahren vor. Erstmals hat Hödicke damit einem Kurator die Möglichkeit gegeben, die in seinem Besitz befindlichen Werke über einen Zeitraum von zwei Jahren vollständig zu sichten, Werkgruppen zu bündeln und unter bestimmten kuratorischen Aspekten thematisch zusammenzustellen. Beispielsweise veranschaulicht ein „Informel-Saal“ neben dem Bruch auch seine fortgesetzte produktive Auseinandersetzung mit der gegenstandslosen Malerei. Oder eine „Berlin-Suite“ veranschaulicht, dass er nicht als Berlin-Chronist zu verstehen ist. Eher ist es ein genuines Lebensgefühl, das ihn an dieser Stadt fasziniert und das er dokumentiert.

Im Fokus der Ausstellung stehen K. H. Hödickes großformatige Malereien auf Papier der 1970er- und 1980er-Jahre, in denen er über zwei Jahrzehnte hinweg seine künstlerischen Recherchen festhält. Er spricht von ihnen auch als „Trainingsläufe“, in denen er Motive komponiert, in Serien variiert und während des Arbeitsprozesses zu immer neuen künstlerischen Lösungen kommt.

Den Malereien auf Papier gehen sogenannte DIN-A4-Zeichnungen aus den späten 1960er- bis späten 70er-Jahren voraus, die im Werklauf der kleinformatigen Zeichnungen eine Sonderstellung einnehmen. Ihre Bildideen erscheinen wie ein Zeitdokument dieses Jahrzehnts. Mit mehr als 140 Zeichnungen, von denen 80 Blätter in der Ausstellung zu sehen sind, ist der vorliegende Katalog DIN A4 ausschließlich dieser Werkgruppe gewidmet.

Komplettiert werden die Papierarbeiten durch eine Auswahl seiner sogenannten Croquis-Studien auf vorgefundenen Kartonpappen, die in einer kurzen intensiven Schaffenszeit in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren entstehen. In diesen Studien reduziert Hödicke einmal mehr sein Kolorit und bringt mit wenigen Pinselstrichen eine Bildidee auf den Punkt.

Die retrospektiv angelegte Ausstellung K. H. Hödicke in der Staatlichen Graphischen Sammlung München gibt einen Einblick in ein nahezu unerschöpfliches künstlerisches Werk und demonstriert in der Zusammenschau von Zeichnung, Gemälde und Skulptur, dass K. H. Hödicke heute zweifellos zu den Klassikern gehört, sein Jahrzehnte übergreifender Werklauf aber hat seine Frische und Aktualität bewahrt.

KATALOG
Ein Ausstellungskatalog erscheint in zwei Bänden im Verlag der Buchhandlung Walther König, mit insgesamt 370 ganzseitigen Farbabbildungen. Band 1 „K. H. Hödicke. DinA 4“, ca. 400 Seiten, mit einem Vorwort und Essay von Michael Hering sowie mit einer Biographie und einem Ausstellungsverzeichnis
Band 2 „K. H. Hödicke. Mixed Media“, ca. 400 Seite, mit einem Vorwort von Michael Hering und 100 Aphorismen, Sentenzen und Zitaten von K. H. Hödicke
Die Gesamtauflage liegt bei 500 Exemplaren.
Davon 110 als Museumsausgabe und 110 als Buchhandelsausgabe.
Es erscheint eine Vorzugsausgabe in einem vom Künstler individuell bemalten Schuber (davon 100 Museumsexemplare, nummeriert 1/200 – 100/200; und 100 Buchhandelsexemplare, nummeriert 101/200 – 200/200)