Kunstsammlung Jena

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4. Dezember 2020 – 4. Juli 2021

Julian Röder. Glauben und Handeln
(4. Dezember 2020 – 16. Mai 2021)

Macht und Ökonomie sind die zentralen, stets hochaktuellen Themen in den Fotoserien Julian Röders. In den vergangenen Jahren hat sich der 1981 in Erfurt geborene Fotograf nicht nur in politische Debatten eingebracht, sondern diese mit seinen Arbeiten substanziell bereichert.

Im Mittelpunkt unserer Ausstellung stehen neben Fotografien der Folge SUMMITS, die Folgen MISSION AND TASK, WORLD OF WARFARE, DEAL und LICHT UND ANGST. Wenn die anderen Folgen auch deutlich subtiler sind, so zeugen sie aber nicht weniger von einer Haltung und Meinung, die den aktuellen sozialen und politischen Zusammenhängen nachspürt und nach Ursachen für den katastrophalen Zustand der Welt sucht. In der Folge WORLD OF WARFARE zeigt Röder in einer Mischung aus Kunst, Reportage und Dokumentation die weltgrößte Waffenmesse in Abu Dhabi. Die Fotografien sind so spektakulär wie bitter, vor allem wegen der sich aufdrängenden Direktheit, mit der Röder die Mechanismen und Verschaltungen des globalisierten Finanzkapitalismus offenlegt. MISSION AND TASK zeigt Mechanismen der Überwachung und Bespitzelung, Vorgehensweisen zur Absicherung eines Status quo, der demokratisch kaschiert, in vielen Fällen den inneren Zusammenhang mit wirklicher Mitbestimmung verloren hat.

Deutlich eleganter, weniger martialisch und mit geläutertem Personalbestand, fotografiert Röder den Kunstbetrieb auf der ART Basel und nennt die Serie DEAL. Er macht Bilder vom Handel und vom Umgang mit Kunst und hinterfragt diesen zugleich. Kein Lebensbereich bleibt außen vor, wenn es darum geht, die ökonomischen Betriebssysteme dieser Welt und deren abgründige Wirkungen zu beschreiben. Die Transaktionen gelten hier dem Guten und Schönen, sind aber untrennbar mit Bereichen verbunden, die deutlich weniger zu positiver Profilbildung taugen.

Von deutlich anderer Art ist die Folge LICHT UND ANGST, für die Röder 2016 nach Sibirien reiste und kultische Feiern zur Wiederbelebung der wedisch slawischen Ahnenkultur besuchte. Was auf den ersten Blick abseitig wirkt, ist bei genauer Betrachtung hiesiger Differenzierungen weniger fern als man das zunächst glauben mag. Menschen suchen nach Orientierungen und Bestätigungen und finden diese eben auch in rituellen Kontexten, die eine Art der Verortung anbieten, die anziehend ist. 

Die phänomenologische Direktheit mit der Julian Röder vorgeht, seine Themen entwickelt und die Motive wählt, ist überlegt und konsequent gleichermaßen. Wir sehen wundervolle Fotografien, aber es sind Bilder die beunruhigen und verstören. Es liegt wohl vor allem an der Tiefe und dem Radius der Fragen, die hier aufgeworfen werden und an einer gewissen Lakonie im Umgang mit ästhetischen Verabredungen, die diese Fotografien zu etwas Besonderem machen. Julian Röder ist ein Meister des kalkulierten Unbehagens: Er lockt mit Panoramen einer schönen Welt, und konterkariert deren Behaglichkeit mit visuellen Additionen, die im persönlichen Unbehagen enden. Hier demaskiert einer unsere Verabredungen über Wachstum, Wohlstand, und Demokratie mit großartigen Bildern, die unserer Saturiertheit Hinterhalte stellt. Das, was Röder inhaltlich angeht ist systemrelevant, nicht geringer ist der Fokus des von ihm geführten Diskurses. Es sind gerade jene bräsigen Rationalisierungen, die immer neue geistige und ökonomische Blasen erlauben und damit das Funktionieren von alten und neuen Machtsystemen garantieren.  
Die Ausstellung wird von einem Katalog begleitet.