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Eröffnung: 1. Februar um 19 Uhr

Eine Ausstellung des Studienzentrums für Künstlerpublikationen

Joseph W. Huber ging es zuallererst immer darum, Postkarten zu produzieren, Kunstwerke so klein zu gestalten, dass sie jeder haben und in seiner Tasche wegtragen konnte. Nicht das Unikat war sein Metier, sondern die vervielfältigte Kleingraphik. Da der Druck von Postkarten in der DDR nur staatlichen Verlagen vorbehalten war, durften die kleinen Auflagen der Künstler keineswegs als solche bezeichnet werden. Jede einzelne gedruckte Karte musste durch eine Signatur zur Kleingraphik 'geadelt' werden. Joseph W. Huber signierte die Karten anfangs mit seinem vollen Namen, ab 1981/1982 unter dem Pseudonym Joseph.

Joseph W. Huber, 1951 in Halle geboren und in der DDR aufgewachsen, lebte von 1959 bis zu seinem Tod 2002 in Ost-Berlin. Nach der Ausbildung und kurzer Tätigkeit als Offsetdrucker (1968 bis 1972) "verweigerte er ein entfremdetes Arbeitsleben" und schlug sich mit verschiedenen Jobs durch. Zugleich begann er den Zeichenzirkel von Robert Rehfeldt zu besuchen und bekam entscheidende Impulse für seine künstlerische Tätigkeit. Er wandte sich schon in den frühen 1970er Jahren verschiedenen Op Art Experimenten zu.

Seine erste Kleingraphik in Form einer Postkarte gestaltete er 1979. Die zugespitzte kulturelle Situation in der DDR nach der Ausweisung Wolf Biermanns und die zunehmende Ost-West-Konfrontation gaben den Ausschlag für den Beginn seiner satirischen Montagen und Fotografien. Völlig unerwartet erhielt er für die Arbeit "Verantwortung", mit den beiden abweisenden Händen, eine Druckgenehmigung, ohne die ein maschineller Druck unmöglich gewesen wäre.

In der DDR fanden sich nur wenige Drucker bereit, diese damals Kleingraphik genannten Postkarten zu drucken, denn die Drucker, die für Künstler arbeiteten, standen sofort unter Beobachtung. Waren diese überhaupt bereit für Künstler zu drucken und dann auch von den Arbeiten überzeugt, zeigten sie sich sehr engagiert und 'konnten die Druckmaschinen gar nicht schnell genug anhalten'. Ursprünglich durften für die Künstler mit einer entsprechenden Genehmigung der Bezirksverwaltung nur 99 Exemplare gedruckt werden, ab Mitte der 1980er Jahre dann 250 Exemplare.

Huber produzierte prompt weitere Arbeiten, wie "Bürokratus Saurus", "Materialökonomie" und "Stabile Preise". Immer werden sparsame Mittel eingesetzt, die sich ganz harmlos geben und doch ziemlich direkt auf grundlegende gesellschaftliche Probleme verweisen. Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre hatte sich auch in der DDR das Bewusstsein für die Umwelt stark entwickelt, obwohl der Staat kritische Stimmen eher als ‚feindlichen Angriff’ wertete. So schrieb Joseph W. Huber unter das Foto von einem abgestorbenen Waldstück "Wie man in den Wald hinein ruft ...", oder er erklärte die Erde "vom Umtausch ausgeschlossen". Er nennt diese Wort-Bild-Montagen DENK-ZETTEL. Einige Motive der dieser Serie erschienen zugleich auch als graphische Plakate oder als Plastiktüte. In der Ausstellung sind zudem die Entwürfe, Klischees und Stanzformen der Werke zu sehen.

Seine zweite umfangreiche Serie "SCHILDERungen" begann er 1986. Mit der Kamera, ohne jegliche Montage, hielt er Schilder fest, die eine Botschaft in die Welt stellten, durch Umgebung und Kontext aber zugleich ihre Botschaft konterkarieren. Sie provozieren ein Schmunzeln oder Lachen, wenn auch oft mit bitterem Nachgeschmack. Die ca. 90 Motive der "SCHILDERungen" sind schwerpunktmäßig nach der Wende entstanden und geben einen Eindruck von der Atmosphäre und den städtischen Kuriositäten in Ost-Berlin zur Zeit der DDR. Sie können ebenso stellvertretend für die Situation der DDR stehen. So hat Huber Drucke von den doch sehr schönen alten Briefklappen (Deckel von Briefkästen) und Gullideckeln gemacht, und wurde gleich verdächtigt, DDR-Eigentum zu beschädigen. Doch auch die Konkrete Poesie beschäftigte Huber, was sich in der Graphikmappe "eNDungen", in seinen Mail Art Arbeiten sowie in diversen Beiträgen für Zeitschriften niederschlug.

Mit der edition KARTE'LL konnte Huber nach der Wende seiner Postkartenproduktion ein Markenzeichen geben und seine Postkarten in einer höheren Auflage noch einmal drucken lassen. Das Studienzentrum für Künstlerpublikationen konnte den Nachlass von ca. 170.000 Kleingraphiken von Joseph W. Huber übernehmen. Besucher der Ausstellung erhalten so die Möglichkeit einzelne Kleingraphiken mitnehmen zu können.

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Joseph W. Huber
DENK-ZETTEL aus'm Osten