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Die »Suite Schwurhand« von Joseph Beuys, eine noch nie öffentlich vorgestellte Folge von 20 Zeichnungen, steht im Mittelpunkt dieser Werkpräsentation, die den Auftakt der Ausstellungssaison in der Pinakothek der Moderne setzt. Die Blätter umspannen die Schaffensperiode zwischen 1950 und 1970 und werfen exemplarische Schlaglichter auf grundlegende Aspekte seines Werkes. Jede Zeichnung der Suite führt zu Hauptquellen der Reflexionen und Tätigkeit des Künstlers - und ergänzt mit ihrer Aussage und Wirkung zugleich jene der anderen Werke. Der übergreifende Titel »Schwurhand« bekräftigt nachdrücklich die hohe Bedeutung, die Joseph Beuys diesen in sich dialogisch vernetzten Werken beimaß. Zudem vervielfältigte der Künstler diese von ihm selbst getroffene Auswahl zehn Jahre nach der Entstehung des jüngsten Blattes als Mappe mit einer Auflage von 75 Exemplaren. Er machte sie damit – etwa auch in Ausstellungen - einem breiten Publikum zugänglich. Die Originale verblieben in seinem privaten Besitz.

Die Sammlung moderne Kunst freut sich, diese Originale nun als Leihgaben aus Privatbesitz vorstellen zu dürfen. Die Zeichnungen rücken damit in den Kontext eines Sammlungsblocks von Joseph Beuys, der im Lauf der Jahre zu beispielhafter Dichte gewachsen ist. Die Ausstellung ist auch Ausdruck einer engen Zusammenarbeit zwischen privater und öffentlicher Hand, die eine solche Stätte der Begegnung mit dem Schaffen dieser charismatischen Künstlerpersönlichkeit erst möglich macht. So stehen der 1983 durch den Einsatz von PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne gewonnen Installation Das »Ende des 20. Jahrhunderts« seit der Eröffnung des neuen Hauses 2002 über 40 Arbeiten aus der Sammlung Klüser zur Seite, die Spektrum und andauernde Aktualität des Schaffens von Joseph Beuys anhand von Zeichnungen, Objekten, Skulpturen und einer Vitrine aufzeigen.

Eine bislang verschollen geglaubte Filmaufnahme des Vortrages »Reden über das eigene Land«, den Joseph Beuys am 20. November 1985, nur wenige Wochen vor seinem Tod, in den Münchner Kammerspielen gehalten hat, wird parallel zu den Zeichnungen gezeigt. Rhetorisch brillant, mit äußerster Klarheit und ungebrochenem Engagement erläutert der Künstler darin Hauptgedanken seines Werkes. Provokante Aussagen wie »Jeder Mensch ist ein Künstler« werden darin eingehend thematisiert. Joseph Beuys beschreibt darüber hinaus sein fundamentales Interesse an Sprache und Kommunikation als Ausgangspunkt seiner sich in den verschiedensten Gattungen manifestierenden Kunst, die in der Vision einer »sozialen Skulptur« der Gesellschaft kulminiert, in der jedes Individuum zur bewussten und engagierten Teilnahme aufgerufen wird.

Im unmittelbaren Kontext ist das von Beuys handschriftlich überarbeitete Typoskript dieser Rede zu sehen, das einen Einblick in die feinen Denkstrukturen dieses hypersensiblen Menschen und scharf-rationalen Denkers gibt. Ergänzt werden diese Quellen durch eine 1985 in den Münchner Kammerspielen entstandene Porträtaufnahme des Fotografen Thomas Kohnle sowie Bildnisse, die Ute Klophaus von Joseph Beuys gemacht hat.

Die Ausstellung ist dem Erbe von Joseph Beuys verpflichtet, der vor zwanzig Jahren, am 23. Januar 1986, im Alter von 64 gestorben ist.

Erstarrte Formen in eine lebendig durchpulste Gestalt zu überführen, war Fähigkeit und Ziel dieses großen Künstlers. In allen seinen Werken ist der Tod präsent – als vom Künstler akzeptierte »Methode« der Schöpfung und als Chance für die Herausbildung von Bewusstsein, Freiheit und Kreativität. Sie zu nutzen war für Beuys das diesseits himmlischer Gnaden gelegene Auferstehungsprinzip. Nichts bringt dies besser auf den Punkt als der vom Künstler 1981 in einem Interview formulierte Satz: »Der Tod hält mich wach«.

Kuratorin: Corinna Thierolf

Zur Ausstellung erscheint der Katalog Joseph Beuys | Schwurhand | 20 Zeichnungen | 1950-1970 Hrsg. von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München. Mit Texten von Bernd Klüser und einem Vorwort von Corinna Thierolf ISBN 3-00-017988-7

Pressetext

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Joseph Beuys: Der Tod hält mich wach
EINE AUSSTELLUNG ZUM 20.TODESTAG VON JOSEPH BEUYS
Kuratorin: Corinna Thierolf