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Jiang Bian-Harbort / Meisterschülerausstellung - Mama, wo bist du? 04.05. - 16.06.2012, ARTAe Galerie Leipzig

Eröffnung am Freitag, 4. Mai 2012 um 19 Uhr Die Künstlerin ist anwesend. Musik: Brasilianischer Tango mit Trio Enfierrado: Jürgen Karthe (Bandoneon), Leandro Raszkewicz (Gitarre), Saul Villao (Gesang) und Maximilian Kleefeldt (Tuba)

„Mama, wo bist du?“

Dazwischen? Unabhängig der Konnotation, dieser Titel trifft emotional. „Mama, wo bist Du?“ ist nicht die Frage nach Rollenbildern, einem normativen Mutterbild oder gar die Rolle der Frau in der Gesellschaft, sondern spielt mit der subjektiven Erfahrung des Betrachters. Jeder ist Kind einer Mutter und hat so seine individuellen Assoziationen, die von Verlustängsten bis hin zur mehr oder weniger beladenen Mutter-Kind-Beziehung geht. Geht man einen Schritt von der Angst beladenen Frage weiter, so kann man „Mama, wo bist du?“ auch als Frage nach dem Gefühl von ursprünglicher Geborgenheit verstehen. Wo fühlt man sich geborgen, kann sich fallen lassen, wird nicht den gesellschaftlichen Urteilen und Maßstäben unterzogen, sondern in mütterlicher Manier angenommen. Eine weitere Ebene – und diese wird durch das starke Symbol des Spiegels unterstrichen – liegt in der reflektierenden Frage, was uns ausmacht und inwiefern Herkunft, Erziehung und familiäre Bindungen persönlichkeitsbildend sind.

Die ersten Spiegel überhaupt sind in China ca. 1100 v. Chr. während des Überganges von der Shang- zur Zhou-Dynastie als polierte Bronze bekannt. Die 1976 in China geborene Bildhauerin Jiang Bian-Harbort knüpft ganz bewusst mit ihren beiden Spiegeln, ebenso polierte Bronze, an diesem Wissen an, reflektiert zugleich ihre Herkunft und eröffnet einen Blick in ihre eigene Vergangenheit. Dass die Übersiedlung nach Deutschland 2001ein etwaiger Kulturschock war, der die Künstlerin nicht in ihrer gewohnten traditionellen Art und Weise weiterarbeiten ließ, liegt auf der Hand. Doch mit räumlich und zeitlichem Abstand tauchen immer wieder Fragen nach Herkunft, Zuhause, Einfluß und Individualität auf. Sich der Arbeit des Polierens einer Bronze so intensiv hinzugeben, um die reflektierende Fläche zu erhalten, zeugt nicht nur von Durchhaltevermögen, Hingabe und Präzision sondern fängt auch die Bedeutungsebenen der Zeit ein: Herstellungsdauer versus weitgreifende Geschichte des Spiegels, kurzer Moment des in den Spiegelschauens versus Prozeß der Selbsterkenntnis.

Die in China geborene Künstlerin Jiang Bian-Harbort zeigt die Vielschichtigkeit, die Spannung, das Psychodramatische des Themas in symbolstarken Installationen und Skulpturen, sowie in den ausdrucksstarken Sojasaucen-Zeichnungen. Die gezeichneten Kinderportraits sind allerdings nicht lieblich, lächelnd, schön oder verklärt, sondern stellen zornige, weinende Gesichter dar, sprich: Jiang gelingt es, starke Emotionen mit wenigen schnellen Pinselschwüngen festzuhalten und mit Sojasauce auf Papier einzufangen, die den flüchtigen Momentaufnahmen intensiver oft recht flotten Wechseln unterlegenen kindlichen Gemütsäußerungen sehr nahe kommen.

Wir freuen uns sehr, dass wir die Meisterschülerausstellung „Mama, wo bist du?“ von Jiang Bian-Harbort in unseren Räumen zeigen können und laden alle sehr herzlich zur Eröffnung am Freitag, den 4. Mai 2012 ein.

Sabine Aichele-Elsner M.A. Galerie ARTAe Leipzig

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Jiang Bian-Harbort / Meisterschülerausstellung
Mama, wo bist du?