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Die Biene ist von der Moderne zur Postmoderne immer wieder Thema und Motiv der bildenden Kunst, von Joseph Beuys bis Matthew Barney oder Robert Elfgen, die in ihren Werken die Biene in ihrer staatenbildenden Fähigkeit als Symbolträger nutzen und so die Verbindung zur sozialen Plastik schaffen. Teilweise auf ähnliche Quellen rekurrierend setzt sich auch die Künstlerin Jeanette Zippel mit dem Phänomen Bien auseinander, jedoch nutzt sie das Modell des Bienenstaates nicht in einer politischen, gesellschaftlichen oder utopischen Dimension, sondern bei ihr steht die bewusste Anbindung an die Natur, die Gleichrangigkeit und Analogien der Systeme im Vordergrund.

In ihren Zeichnungen gibt sich Jeanette Zippel im Prozess des Durchlebens und des Zeichnens vollkommen den Bewegungsrhythmen der Bienen hin und im impulsiv-exaltierten Gestus entstehen großformatige Kohle-, Pastell- und Tuschezeichnungen, die in ihrer Expressivität die Dynamik im Flug der Biene einfangen, aber auch die Energie der Bewegung allen Seins zum Ausdruck bringen. Der schöpferische Vorgang verwandelt sich in eine anschaubare Ganzheit, wird die Integration des Körpers in die Bewegung und in die Kunst manifest. Nicht die Materialität des Werkzeugs oder sein Einsatz als Verlängerung des Körpers, sondern die dahinterstehende Bewegung ist das Thema ihrer Zeichnungen. Die rhythmisierten Strukturen sprechen eine schnelle und direkte Sprache, verbinden in ihrer Vitalität und Dynamik große Spontaneität mit einer kalkulierten Ausarbeitung, die auf der Kenntnis der von ihr intensiv beobachteten und studierten Bewegungsabläufe der Bienen gründet. Sie schafft Darstellungen der Bewegung im Ablauf des Zeitlichen, etwas Kreatürliches, etwas, was auf eine besondere Art „lebendig“ wird.

Für Jeanette Zippel ist die Dokumentation der Bewegungsfolgen nicht nur ein ästhetisches Phänomen, sondern eine exakte Analyse der Beobachtungen, die sie in direkter Nähe zum Bienenvolk gemacht hat. Der Bewegungsgestus findet sich auch im Video „Honighände“, das als „phänomenologische Geste“ die Flugbahnen und -bewegungen der Bienen mit den rhythmisch sich bewegenden Händen des Menschen in einen inneren Zusammenhang bringt. Die sich wechselseitig bedingenden Bewegungsrhythmen erhalten nahezu einen meditativen, aber auch prozessual-ritualistischen Charakter, letztlich fassen sie die Einheit von Mensch und Natur. Bewegung ist die erste Sprache unseres Körpers. Bewegung ist Persönlichkeit. Bewegung ist gleichzusetzen mit Leben. Das Phänomen der raumzeitlichen Bewegtheit ist das zentrale Element: als physische Bewegung, als Motorik, des spontanen und direkten Schöpfens aus sich heraus – das faszinierende Entfalten lassen von Rhythmen, von Bewegungen, von tanzenden, wandernden, schwebenden, fliegenden Formen, Gesten, Zeichen.

Jeanette Zippel, geboren 1963, studierte von 1984 bis 1990 Freie Malerei an der Akademie der Bildenden Künste München. Parallel absolvierte sich eine Gesangsausbildung im klassischen Fach sowie im experimentellen Gesang. Jeanette Zippel war Stipendiatin des DAAD, der Kunststiftung Baden-Württemberg und der Cité Internationale des Arts Paris. Von 2001 bis 2006 lehrte sich als Professorin an der Fachhochschule Schwäbisch Hall, Hochschule für Gestaltung.

Die Ausstellung wird am 21. September 2008 um 11.30 Uhr mit einer Musikperformance der Künstlerin Jeanette Zippel, begleitet von Günther Reger, eröffnet.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

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Jeanette Zippel
Honighände
Zeichnung, Objekte, Raum- und Videoinstallation