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19.11.2022 - 05.02.2023
Eröffnung: 18.11.2022, 19 Uhr

Jean-Frédéric Schnyder

Seit Ende der 1960er-Jahre hat der konzeptuell arbeitende Schweizer Künstler Jean-Frédéric Schnyder ein breites Oeuvre geschaffen, das Malereien, Fotografien, Skulpturen, Objekte und Installationen umfasst. In seiner künstlerischen Praxis ist er stets radikal offengeblieben. Ein Resultat seiner radikalen Offenheit ist ein Werk voller Diskontinuitäten. Betrachtet man Schnyders malerisches Werk seit dem Beginn der 1970er-Jahre, so entdeckt man zugleich überraschende Kontinuitäten und Brüche.

In jeder neuen Werkserie, die zugleich eine Versuchsanordnung darstellt, konzentriert sich der Künstler akribisch auf das gewählte Thema. Sein Interesse für den Prozess der Malerei selbst hat ihn etwa motiviert, sich mit der Vedutenmalerei auseinanderzusetzen und in mehrteiligen Serien von Plein-Air-Bildern umzusetzen: die aus 128 kleinformatigen Bildern bestehende Serie der Berner Veduten (Anfang der 1980er-Jahre) oder die Mitte der 1990er-Jahre realisierte Serie am Thunersee, die 38 kleinformatige Gemälde umfasst.

Schnyder orientiert sich bei der Wahl seiner Themen und Motive an bestehenden und gängigen Praktiken, spielt diese konsequent und gekonnt durch – Stillleben, Akt, und Landschaft, die drei häufigsten Motive der Kunstgeschichte etwa –, während die Arbeiten stilistisch höchst heterogen bleiben. Anstatt den Archetyp romantisierter Schweizer Alpenbilder zu perpetuieren, repräsentiert er vielmehr Bilder menschlich kultivierter, sich zu eigen gemachter Landschaft – wenn er Autobahnen in den Vordergrund rücktbeispielsweise. Im Atelier arbeitet der Künstler mit figurativen wie abstrakten Motiven und Stilen. Für eine Reihe von Blumenbildern – ein weiteres klassisches Motiv – wendet er ein geometrisch abstraktes Pixelsystem an, das an frühe digitale Ästhetiken ebenso erinnert wie an die Farbfeldmalerei des beginnenden 20. Jahrhunderts.

Für seine skulpturale Installation Hüter der Schwelle hat der Künstler 22 Lampen aus Bananenschachteln, die davor als Umzugskartons benutzt wurden, gefertigt; die ausgeschnittenen Löcher erzeugen den Eindruck von Gesichtern, zugleich wecken sie die Assoziation an eine banale, praktische Funktion, nämlich als Tragegriffe zu dienen. Der Recyclinggedanke kommt schließlich in einer weiteren, fortlaufenden Arbeit zum Tragen, wenn Schnyder, der Maler, die farbgetränkten Lappen, in die er seine Pinsel wischt, zu einer riesigen Patchwork-Leinwand zusammenstückelt und ausstellt, wie zuletzt in der Ausstellung „Stop Painting“ in Venedig 2020.

Internationale Ausstellungstätigkeit seit Ende der 1960er-Jahre, u.a. in der legendären, von Harald Szeemann kuratierten Ausstellung When Attitude Becomes Form in der Kunsthalle Bern (1969), bei der documenta 5 (1972) und documenta 7 (1982); 1993 repräsentierte er die Schweiz auf der Venedig Biennale. Seine Ausstellung in der Secession ist die erste institutionelle Einzelausstellung in Österreich.

Jean-Frédéric Schnyder, geboren 1945 in Basel, lebt und arbeitet in Zug, Schweiz.

Programmiert vom Vorstand der Secession
Kuratiert von Jeanette Pacher