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21. November 2019 bis 16. Januar 2020 / verlängert bis 30. Januar 2020

Jan Albers. cuttingEdgEs

“(...) Ich arbeite an den Rändern, an der Peripherie dessen, was gerade noch so als Malerei durchgeht. Und wenn es nicht die Malerei ist, dann geht es doch zumindest um Bilder.”
Interview mit Jan Albers, Marion Meyer und Beate Eickhoff in Ausst.-Kat.
Jan Albers – cOIOny cOIOr, Von der Heydt-Kunsthalle Wuppertal und Kunstpalais Erlangen, Dortmund 2015, S. 81

Unter dem programmatischen TitelcuttingEdgEs versammelt der in Düsseldorf lebende und arbeitende Künstler Jan Albers im Drawing Room in HamburgeineGruppe von abstrakt-konstruktivenWerken aus den Jahren 2018 und 2019, die das Thema Grat/Kante (edge)bzw. das Schneiden von scharfen Kanten und Keilenvariieren. Albers dekliniert sein Thema in so verschiedenen industriellen Materialien wie Polystyrol, Bronze, Holz, Aluminiumguss, Beton, Marmor und Keramik durch und demonstriert so die Bandbreite seines konzeptuellen und handwerklichen Könnens.

Jan Albers ist ein Grenzgänger zwischen den Medien Malerei und Bildhauerei. Die Grenzen deszweidimensionalen Tafelbilds hat er in den vergangenen Jahren niedergerissen und es, den Bildrand sprengend,in den dreidimensionalen Raum überführt.Durchseinenfreien Umgang mit den tradiertenDisziplinen schafftAlbers spannungsgeladeneHybride, die auf eindrucksvolle Weise zwischen geometrischer, minimaler und biomorpher Abstraktion undKonzeptkunst balancieren und sowohl der Malereiwie auch der Bildhauerei neues Terrain hinzufügen.

Die zentrale Arbeit der Ausstellung ist rAmpAge(2019) aus der Werkserie der „chainsaw massacres“. Sie besteht aus den Materialien Polystyrol und Holz und ist mit Sprayfarbein feinen Grautonübergängen gefasst. IhreOberflächentopographie erinnert an eine schroffe Gesteinslandschaft oder eine im Verfall begriffene antikeStadtmauer. Durch seine brachiale Interaktion mit dem Material schreibt sich der Künstler physisch in dieturmhohe, reliefartigeArbeit ein: mit der Kettensäge schlägtAlbers in einem zerstörerisch-schöpferischemAkt Längs-und Diagonalschnitte in das Raster der Polystyrolblöcke und löstdie minimalistischeOrdnung weiter auf, indem er die Oberfläche der entstandenen Keileanschließendpartiell mit Aceton wegätzt. So provoziert er ganz bewusst Unvollkommenheiten und „Narben“ im Material, die aber abschließend durch die sanft-modulierten grisailleartigen Übergänge der gesprayten Farbe wieder zurückgenommen bzw. geglättet werden. Albers‘dynamische kompositorische Demontagen sind „eigentlich eine permanente Baustelle zwischen (Zer)störung und Reparatur“, so Stephan Berg (Intendant Kunstmuseum Bonn).

Auchdie im Eingang ausgestellteArbeit pegAsusAufgAzelle (2012) kann als Sinnbild für die Dichotomie von Vandalismus und Schönheit gelesen werden, die sich als roter Faden durch Albers’ Werk zieht. Diese Arbeit aus hydraulisch fast bis zur Unkenntlichkeitgepressten Fahrradrahmen steht exemplarisch für Jan Albers alchemistisches Verfahren der Verwandlung, Verformung und Umformung.

Vergleichend gesehen wirken dieaktuellen„Kettensägen-massaker“strukturierter als frühereWerkedieser Serie, wie es am Beispiel von rOttencandylOve(2013) nachzuvollziehen ist. Aus der Vogelperspektive betrachtet,erinnern dessen tiefe Längs-und Quereinschnitte nochan apokalyptische Land-schaften oder zerstörte Stadtschluchten. Erst die glatte Acrylglashaubescheintdas Chaoseinigermaßen zu bannen.

Überhaupt ist die gebaute Wirklichkeit für Albers ein wichtiger Bezugspunkt: selbst aufgenommene Architekturfotografien von modernen, häufig brutalistischen Bauten dienen ihm als Inspirationsquelle. Davon zeugt auch die rauhe und brüchige Ästhetik der grauenBetonarbeitbreAkingbAdbAd(2018), aus deren abgeschlagener rechter Ecke die Bewehrung heraustritt.

Deutlich wirdder architektonische Bezug auch in der Marmorarbeit scarpastEpsstEps(2019). Schon derTitel verweist auf den veneziani-schen Architekten Carlo Scarpa (1906 –1978), der mit der Grabanlage „Tomba Brion“ bei Treviso ein Meisterwerk der poetischen Betonarchitektur geschaffen hat, das Albers in seiner sublimen Zwecklosigkeit fasziniert haben muss.Die an eine rätselhafte Treppenanlage der Maya erinnernde Skulptur von Albers nimmt mit ihren gegenläufig gesetzten pyramidal ansteigenden Stufenfragmentenein wesentliches Gestaltungsmerkmal Scarpa‘s auf, bricht die konzeptuelleStrenge aber durch die elegante, verspielteMaserung des Marmors.

Bezüge zur Minimal und Conceptual Art der 1960er und 1970er Jahre lassen sichin den drei Keilarbeiten aus Bronze, Aluminium und Holz wiederfinden. Die reduzierte Formensprache und serielle Anordnung dieser Arbeiten verweisen auf dieAuseinandersetzung des Künstlers mit dentradierten Kunstströmungen. Doch auch hier löst er das Grid partiell auf, indem er einzelne Reihen ausspart, sodass für das Auge Leerstellen entstehenbzw. die realisierten Keile wie das Skelett einer vollenReliefarbeitwirken.Während die BronzearbeitbOwdOwndOwntOwn(2019) und das Aluminiumobjekt LiLLustrE(2018) in der Materialität ganz die kühle Ästhetik der Minimal Art mimen, hat die als Variation der Bronze ausgeführte helle Holzarbeit UpcrOwndOwntOwn(2019) eine warme Ausstrahlung. Ihre einzelnen Keile sind mit ihrer jeweiligen feinen Maserung perfekt aufeinander abgestimmt. Ganz im Sinne des Minimal wird dieindividuelle ‚Handschrift‘ des Holzes -die wie eine Zeichnung gelesen werden kann –hervorgehoben, die des Künstlers tritt zurück.

Das zerstörerische und subversive Element in Jan Albers‘Werk taucht in seinen Keramikobjekten wieder auf. Diese aus jungen Wilden bestehende „Boys‘gang“ entspringt einem anarchischen Impetus des Künstlers. MitVerve hat Albers Tonklumpen auf ein Brett geschleudert und mit minimalen Eingriffen zu archaisch anmutenden „Gesichtern“geformt, die mit stoischer Gelassenheit der Erkenntnisdie Stirn bieten, dass Zerstörung und Gewalt zur alltäglichen Wirklichkeit gehören und kein Gesellschaftssystem ohne Fehler ist.

VITA
Der in Düsseldorf lebende Künstler Jan Albers (*1971 in Wuppertal) studierte von 1992 –1998 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Jan Dibbets. Albers erhielt u.a. 2006 den Pollock-Krasner Foundation Award und 2007 das Kaiserring Stipendium der Stadt Goslar. Jan Albers hatte in den letzten Jahren u.a. die folgenden Einzelausstellungen: Fox Jensen McCrory Gallery, Auckland (2019); VAN HORN, Düsseldorf und Fox Jensen, Sydney (2018); Kunsthalle Wilhelmshaven (2016); Kunstpalais Erlangen und Von der Heydt-Museum, Wuppertal (2015); Leopold-Hoesch-Museum, Düren und Kunsthalle Gießen (2013) und Langen Foundation, Neuss (2012). Aktuell ist Albers in der Gruppenausstellung Feelings –Kunst und Emotionin der Pinakothek der Moderne in München vertreten und im Dezember wirder mit einer Installation auf dem Sharjah Islamic Art Festival im Sharjah Art Museum in den Vereinigten Arabischen Emiraten vertreten sein. Die Kunstsammlung NRW, Düsseldorf und das Kunstmuseum Bonn haben 2019 jeweils ein Werk von Jan Albers für ihreSammlung erworben.

Jan Albers. cuttingEdgEs Eröffnung: Mittwoch, 20. November 2019 von 19.00 –21.00 Uhr in Anwesenheit des Künstlers.

Laufzeit: 21. November 2019 –16. Januar/ verlängert bis 30. Januar 2020

Künstlergespräch mit Dr. Brigitte Kölle(Leiterin Sammlung Kunst der Gegenwart, Hamburger Kunsthalle)und Christian Hupertz(Sammler, Düsseldorf)am 25. Januar 2020