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Die Projekt-Idee

Die Berliner Kulturlandschaft befindet sich in pausenloser, ja fast schon atemloser Dynamik. Für diese aktuelle Kreativität und Innovation der Stadt stehen Persönlichkeiten mit Esprit und Gestaltungskraft, deren Wirkung weit über die Metropole hinaus spürbar ist.

Für Jacques H. Sehy (*1945), selbst von 1965 bis 1975 in Berlin zu Hause und heute in Hamburg lebend, ist die Portrait-Serie der “Berliner Köpfe” eine Hommage an die eindrucksvolle Kulturszene und deren Protagonisten.

Die künstlerische Konzeption

Die Fotografie ist seit ihrer Erfindung im 19. Jahrhundert, bis in die heutige digitale Welt, immer noch das Medium der Wahl, wenn es um das Portrait geht. Aber seit geraumer Zeit ist die Portraitfotografie auch als Form künstlerischer Auseinandersetzung etabliert, gespeist von unerschöpflicher Fantasie, forciert von stetig neuen technischen Möglichkeiten.

Die Lichtzeichnungen des Projekts der “Berliner Köpfe” und die daraus entwickelte Installation bedienen sich ausschließlich analoger Technologien in schwarz/weiß Fotografie. Diese Verwendung minimaler Mittel und Methoden einerseits, unterstreicht andererseits die ins kosmische reichende Idee der künstlerischen Konzeption.

Die Portraitfotografie in der Kunst erhält mit der Lichtzeichnung eine konzentrierte Dimension visueller Darstellung. Sie ist eine spezielle Methode der Sichtbarmachung, eine Gratwanderung zwischen Hervorhebung und Begrenzung, Akzentuierung und Zurückhaltung. Obwohl diese Portraits das Authentische, Unverwechselbare, das Solitäre eines Menschen zeigen, bleibt dessen individuelle Anonymität weitgehend gewahrt. Charakter und Eigenart der Persönlichkeiten werden auf eine abstraktere Ebene überführt.

In weiteren Darstellungsschritten wird diese Abstraktion gesteigert und überhöht. Die Portraits der Einzelpersonen werden in der geplanten Installation gruppiert und in immer kompaktere Zusammenhänge integriert. Das Material wird weiter verdichtet. Schließlich verschwindet das spezifische Bild nahezu vollständig im Universum der Menge ohne jedoch verloren zu sein. Das Portrait und auch die Gruppen bleiben unauflösbarer Grundbestandteil des Gesamtwerkes.

Individualität und Gemeinschaft spiegeln sich in dieser künstlerischen Idee. Impulse, Initiativen und Ideen Einzelner sind unabdingbare Antriebskräfte für gesellschaftliche Innovations- und Entwicklungsprozesse, an denen gerade die Kultur maßgeblichen Anteil besitzt.

Über der Prozess der “Lichtzeichnung” mittels Langzeitbelichtung schreibt die Künstlerin und Autorin Carmen Hillers: “Der Fotograf Jacques H. Sehy geht auf eine ungewöhnliche und sehr intuitive Weise mit Licht und Schatten um, wenn er im völligen Dunkel des Ateliers den Strahl seiner Lampe wie einen Dirigierstab über Gesichter oder Körper führt. Diese Lichtzeichnungen, bei denen Sehy bewusst auf vordergründige Schönungsabsichten verzichtet, verhelfen nicht nur dem Betrachter der Fotos zu ebenso erstaunlichen wie irritierenden Anblicken. Auf diese Weise porträtiert zu werden ist ein besonderes Erlebnis. In der Dunkelheit hat das Gesicht und sein Ausdruck, mit der man der Außenwelt entgegenzutreten pflegt, keine Relevanz mehr; es ist vielmehr die Begegnung mit dem ganz Eigenen, das sich in der Intimität des schwarzen Raums abspielt. Die Fotos, auf denen neben den elfenbeinschwarzen Flächen an verschiedenen Stellen ein Auge, ein Mundwinkel oder Züge des Gesichts hervortreten, ermöglichen so einen Blick auf die terra incognita des Innern; für den Betrachtenden, wie den Betrachteten, gleichermaßen ein spannendes und intensives Unterfangen.”

Die Berliner Köpfe: Thomas Albrecht, Gabriele Baring, Barbara Barsch, Leonie Baumann, Jennifer Becker, Kathrin Becker, Frank Berberich, Heinrich von Berenberg, René Block, Eugen Blume, Maren Borchers, Horst Bredekamp, Bazon Brock, Wibke Bruhns, Hans-Christoph Buch, Manfred Carpentier, Thierry Chervel, David Chipperfield, Michael S. Cullen, Friedel Drautzburg, Moritz van Dülmen, Michael Duwe, Peter Eigen, Stephan Erfurt, Kristin Feireiss, Rainer Fetting, Anne Marie Freybourg, Catherine von Fürstenberg-Dussmann, Britta Gansebohm, Eckhart Gillen, Adrienne Goehler, Karin Graf, Monika Grütters, Efraim Habermann, Matthias Harder, Volker Hassemer, Wulf Herzogenrath, Winrich Hopp, Gabriele Horn, Anette Humpe, Bernd Hüppauf, Urs Jaeggi, Heino Jückstock, Jan Kage, Gerhard Kämpfe, Walter Karberg, Enno Kaufhold, Gisela Kayser, Ulrich Khuon, Udo Kittelmann, Gina Köhler, Dieter Kosslick, Heike Kramer, Andreas Krüger, Siegfried Langbehn, Shermin Langhoff, Nikolai Makarov, Vladimir Malakhov, Jürgen Mayer H., Heike Melba-Fendel, Gabriele Muschter, Helen Müller, Kirsten Niehuus, Thomas Oberender, Thomas Olbricht, Thomas Ostermeier, Matthias Osterwold, Hermann Parzinger, Wolfgang Petrick, Isabel Pfeiffer-Poensgen, Jim Rakete, Peter Raue, Annika Reich, Jürgen Reiche, Pamela Rosenberg, Jochen Sandig, Jürgen Schitthelm, Elke Schmitter, Ulrich Schreiber, Peter-Klaus Schuster, Dietmar Schwarz, Jeannot Simmen, Sonia Simmenauer, Claudia Skoda, Gary Smith, Erik Spiekermann, Friede Springer, Klaus Staeck, Werner Tammen, Christoph Tannert, Ernst Volland, Ute Weingarten, Marc Wellmann, Christina Weiss, Michael Wewerka, Jan de Wit, Jörg Woltmann, Michel Würthle, Ernest Wichner, Hanns Zischler

Das Projekt wird begleitet von einer Publikation im Nicolai-Verlag mit dem Titel „KULTURHUMUS: 100 Berliner Köpfe“ mit Texten von Enno Kaufhold, Jeannot Simmen, Bernd Hüppauf und Thomas Oberender.