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Die deutsche Genre- und Salonmalerei des 19. Jahrhunderts trifft heute auf viele Ressentiments. Zu Recht, wie es scheint, da die Szenen kleinbürgerlicher Idyllen, glücklichen Landlebens und weinseliger Geselligkeit so weit entfernt sind von der rauen Luft der Wirklichkeit oder etwa der Weltläufigkeit der französischen Impressionisten. Eine »Hölle der Gemütlichkeit« eben, wie der Schriftsteller Carl Spitteler in seinem 1906 erschienenen Roman »Imago« eine vermeintlich weltoffene, tatsächlich aber sich selbstgenügsame und förmliche Gesellschaft beschrieb. Zum Roman wie zur Genremalerei gehört dabei die psychologische Miniatur, die in den Werken von Spitzweg, Defregger oder auch Menzel das Menschlich/Allzumenschliche glücklich und vertraut bestätigt, ohne es kritisch zu reflektieren oder gar visionär zu erhöhen.

Neben die Selbstgenügsamkeit tritt in der Genremalerei aber auch die Emanzipation des bürgerlichen und des bäuerlichen Lebens. Das Drama des menschlichen Alltags wird bildwürdig, Leben und Sterben werden als persönliche Tragik erfahrbar; psychologische Spannungen und soziale Differenzen erhalten ein Gesicht. Die deutsche Genremalerei zum ausgehenden 19. Jahrhundert zeichnete nicht das moderne Leben eines Charles Baudelaire nach; markant verweigerte sie die Notwendigkeit eines neuen Stils. Mit ihrem Sieg über die Historien- und Porträtmalerei aber, mit der unwiderruflichen Auflösung der akademischen Gattungshierarchie öffnete sie die Malerei zum ausgehenden 19. Jahrhundert einem breiten Publikum und wurde - avantgardistisch verwandelt - zur bedeutendsten Gattung in der Kunst des 20. Jahrhunderts.

Mit rund 45 Gemälden zeigt die Neue Pinakothek nun in der Studiengalerie nach »Ein Jahrhundert geht zu Ende« einen kurzen, kommentierten Abriss zur deutschen Genremalerei aus eigenen Beständen.

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»In der Hölle der Gemütlichkeit«
Deutsche Genre- und Salonmalerei im ausgehenden 19. Jahrhundert

Künstler: Carl Spitzweg, Franz von Defregger, Adolph von Menzel,...