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Mit der Ausstellung „In den Schluchten des Balkan“ führt die Kunsthalle Fridericianum aktuelle Kunst aus einer sich rasant entwickelnden Kunst- und Kulturszene Europas zusammen: Sie zeigt 88 Künstlerinnen und Künstler aus zwölf Länder und Regionen (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Griechenland, Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Rumänien, Serbien, Slowenien, Türkei), die für den Begriff „Balkan“ stehen. Ein umfangreiches Rahmenprogramm reflektiert zudem die aktuelle Situation der Länder im Südosten Europas.

Balkan sind immer nur die Anderen In seiner über die Jahrhunderte ereignisreichen Geschichte, die sich an der Schnittstelle zwischen Orient und Okzident, zwischen Christentum und Islam, im Wechsel von Monarchien, Diktaturen, kommunistischen Gesellschaftsformen oder Demokratien bewegte, ist der Balkan noch immer ein unbekanntes Territorium, ein blinder Fleck. Als solcher bietet er sich als Projektionsfläche für westeuropäische Vorstellungen an – Vorstellungen, die man schon in Karl Mays gleichnamigem Balkan-Roman finden kann.

Die Definition des Begriffs „Balkan“ ist immer noch diffus. Geographisch erstreckt sich die Balkanhalbinsel zwischen Schwarzem Meer und Mittelmeer und bezieht sich namentlich auf die bulgarische Gebirgsformation. Doch die topographische Eingrenzung transportiert nicht die Bedeutung des Balkan: Sie wird überlagert von im kulturellen Gedächtnis abgelagerten Vorstellungen, Vorurteilen und Ängsten. Ängste auch ganz aktueller Natur: Als multiethnische Gesellschaften dienten die Länder Südosteuropas in den letzten Jahren nicht zuletzt als Paradigma für Globalisierungsprognosen und schürten so die Vorstellung vom „Kampf der Kulturen“. „Balkan“ ist längst zu einer Metapher geworden. Balkan, so der slowenische Philosoph Slavoj Zcaronizcaronek, sind immer nur die Anderen.

Im Gegensatz zum Romanschriftsteller Karl May machte sich der Ausstellungskurator René Block tatsächlich auf die Reise durch den Balkan und recherchierte die Situation vor Ort in enger Kooperation mit Künstlern und Kuratoren innerhalb der einzelnen Länder. Die Ausstellung „In den Schluchten des Balkan“ versteht sich daher als Reportage, als Augenzeugenbericht, der den Besucher auf eine Entdeckungsreise durch den Südosten Europas einlädt. Eine Reise, vom Beginn der Konzept Art im Jugoslawien der 60er Jahre, über Arbeiten, die unter schwersten Bedingungen während der Zeit der kommunistischen Regime entstanden (Rumänien, Albanien), bis hin zur jüngsten Kunstszene. Hinzu kommen Begegnungen mit jenen Künstlerinnen und Künstlern, die sich zwar im westlichen (Kunst-)Kontext bewegen, ihrem Herkunftsland jedoch verbunden blieben. Stets transportieren die einzelnen Kunstwerke einen Kommentar zur aktuellen sozio-politischen Situation: Nutzten frühere Künstlergenerationen ihr Medium u.a. zur Entlarvung der politischen Systeme oder sozialer Missstände, setzt sich die aktuelle Kunst stark mit kulturellen Traditionen, aber auch mit den Ereignissen der jüngsten Vergangenheit auseinander. Die Nutzung der Neuen Technologien und die Frage nach Status und Relevanz der Kunst und des Künstlers zeigen, dass die Künstler Südosteuropas längst in den globalen (Kunst-)Diskurs integriert sind.

Kassel als Zentrum der Kunst Südosteuropas Während im Gebäude Museum Fridericianum die Präsentation von Objekten, Malerei, Installation, Fotografie und Videokunst im Mittelpunkt steht, ereignen sich im Außenraum Aktionen und Performances, sowie die Ausstellung „boundless borders“, die auf Initiative des Goethe-Institutes Belgrad entstand und in Form von Großplakaten weitere Künstler der Region einbringt. In einem umfangreichen Rahmenprogramm wird wöchentlich ein anderes Land Südosteuropas im Fokus stehen, dessen kulturelle Merkmale wie auch seine aktuelle Situation durch Vorträge, Filmvorführungen und Themenführungen eingehend beleuchtet werden. Zahlreiche dieser einzelnen Stränge werden in einem Symposion (Die Neuerfindung des Balkans. Geopolitik, Kunst und Kultur in Südosteuropa, 24. - 26. Oktober, in Zusammenarbeit mit dem ifa, Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart) zusammengefasst werden. (Die aktuellen Daten des Rahmenprogramms finden Sie unter www.fridericianum-kassel.de)

Nicht von ungefähr beschäftigen sich in letzter Zeit verschiedene Institutionen und Ausstellungsprojekte mit dem Südosten Europas. „In Search of Balkania“ (Graz, 2002) und “Blut & Honig. Zukunft ist am Balkan” (Klosterneuburg bei Wien, bis September 2003) vermittelten erste Interpretationen des Balkan. Die Kunsthalle Fridericianum geht einen entscheidenden Schritt weiter: Nach dem Auftakt in Kassel werden weitere Projekte wie Ausstellungen, Publikationen, Kongresse und Diskussionsreihen durch die Kooperationspartner in den einzelnen Ländern und Regionen realisiert, um dann wiederum Jenseits des Balkan zu einem Abschluss zu kommen. Dies geschieht 2004 mit dem Kassel-Projekt der Slowenin Marjetica Potrc und einer Retrospektive des kroatischen Kunstpoeten Mangelos (1921 - 1987), dessen Werk die europäische Kunstgeschichtsschreibung um ein weiteres Kapitel bereichert. So wird die Kunsthalle Fridericianum für ein Jahr zu einem Zentrum interner und externer Diskussionen über den Begriff „Balkan“.

Der in diesem Umfang erstmalig stattfindende Dialog zwischen einem Ort innerhalb Deutschlands und der gesamten südosteuropäischen Region wurde ermöglicht durch die großzügige Förderung aus Mitteln der Kulturstiftung des Bundes.

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In den Schluchten des Balkan - Eine Reportage
Kuratoren: René Block, Natasa Petresin

Künstler: Marina Abramovic, Hüseyin Alptekin, Halil Altindere, Fikret Atay, Maja Bajevic, Sokol Beqiri, Luchezar Boyadjiev, Andre Cadere, Mircea Cantor, Cengiz Cekil, Ivan Civic, Vuk Cosic, Tanja Dabo, Danica Dakic, Braco Dimitrijevic, Uroc Djuric, Memed Erdener, Ayse Erkmen, Esra Ersen, Andrea Faciu, Jakup Ferri, Vlatko Gilic, Tomislav Gotovac, Cosmin Gradinaru, Ion Grigorescu, Jusuf Hadcifejzovic, Driton Hajredini, Albert Heta, Edi Hila, Bora Iljovski, Irwin , Pravdoliub Ivanov, Sanja Ivekovic, Sejla Kameric, Gülsün Karamustafa, Ali Kazma, Iosif Kiraly, Merita Koci, Daniela Kostova, Jannis Kounellis, Laibach , Dren Maliqi, Mangelos, Vlado Martek, Antoni Maznevski, Mihael Milunovic, Boris Missirkov / Georgi Bogdanov, Ivan Moudov, Aydan Murtezao, Oliver Musovik, Sener Özmen / Erkan Özgen, Ebru Özsecen, Adrian Paci, Cristina Panaitescu, Maria Papadimitriou, Dan Perjovschi, Personal Cinema, Goran Petercol, Zoran Popovic, Marjetica Potrc, Kiril Prashkov, Tobias Putrih, Igor Rakcevic, Anri Sala, Bülent Sangar, Sarkis , Kalin Serapionov, Erzen Shkololli, Gentian Shkurti, Nedko Solakov, Serge Spitzer, Sandra Sterle, Mladen Stilinovic, Alma Suljevic, Cengiz Tekin, Hale Tenger, Lina Theodorou, Rasa Todosijevic, Jelena Tomasevic, Milica Tomic, Veronika Tzekova, Zaneta Vangeli, Version , Miha Vipotnik, Natalija Vujosevic, Dunja Zupancic / Dragan Zivadinov