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Die Ausstellung zeigt Arbeiten aus drei aktuellen Werkgruppen des Düsseldorfer Künstlers Imi Knoebel, der sich von Beginn seiner Laufbahn an dem Projekt einer streng gegenstandslosen Kunst verschrieben hat. Die Bilder erscheinen auf den ersten Blick sehr unterschiedlich, und doch erweist sich bei näherer Betrachtung ein starker innerer Zusammenhang, dessen einzelne Teile sich zueinander wie die Facetten eines übergeordneten Ganzen verhalten. Da ist die Serie mit dem schönen Titel Anima Mundi, der auf den antiken Begriff der Weltseele verweist, wie er insbesondere, ausgehend von Platon, vom spätrömischen Philosophen Plotin gedacht wurde. Sie besteht aus drei, vier, bis zu fünf Objekten, die allesamt einem einfachen, strengen, darin klaren und geschlossenen Aufbau folgen und deren einzige Variable die Farbe in allen nur denkbaren Mischungen, subtilen Tönen und feinsten Nuancen ist. Jede Reihe und mehr noch das gesamte Projekt streben potenziell ins Unendliche.

Dem gegenüber steht die Serie der Kartoffelbilder, die schon im Titel etwas grundsätzlich anderes markiert. Zu sehen sind Bilder aus frei und unregelmäßig übereinander geschichteten Ovalformen, Profilen sowie Drei- und Rechtecken, die mithin als Relief einen starken Raumbezug haben und vom Unsichtbaren zum Sichtbaren gelangen. Auch hier laufen mehrere Werkprozesse und Arbeitsprinzipien des Künstlers zusammen, die ihrerseits auf einen allen Arbeiten gemeinsamen Ausgangspunkt verweisen: auf die Geschichte gegenstandsloser Malerei.

Das Projekt einer radikal gegenstandslos aufgefassten Kunst, wie sie prominent von Kazimir Malewitsch in Russland am Beginn des 20. Jahrhunderts inauguriert wurde, ist nicht zuletzt eine grundsätzliche Absage an das, was wir in einem konventionellen Sinne unter Bild und Bedeutung verstehen. Aus der Zerstörung entsteht etwas Neues, wie der Endpunkt der Malerei zugleich den Ausgangspunkt einer neuen Bildsprache bildet. Die für die Avantgarde prominente, Zufall generierende Technik des Cut-up, wie sie vor allem in der literarischen Moderne Verwendung fand, gibt den Titel Cut-up für die dritte Werkgruppe Imi Knoebels, die in der Ausstellung zu sehen ist. Sie zeigt sich in ihrer Farbigkeit reduziert auf Schwarz, Weiß und Silbergrau, während sie formal geradewegs so erscheint, als wäre ein bereits bestehender Text mit einer bestimmten Narration und herkömmlichen Logik in Dutzende von Einzelteile zerschnitten und völlig neu zusammengesetzt worden; oder eher noch wie die Fragmente von ehemals schwarzen und weißen geschlossen Bildtafeln, die in schmale Streifen zerlegt und sodann zu diesen erregend dynamischen, nach allen Richtungen wie viele Pfeilspitzen strebenden Objekten zusammenmontiert wurden; zu Objekten, die teils mit einem Plastikrohr wie mit einem Band zusammengehalten werden. Ein ursprünglich ganz anderes Bild, das vielleicht geschlossen, opak und unantastbar war, zeigt sich nun mit einem neuen, offenen, transparenten und vielfach bewegten Gesicht. Dabei wird dem ursprünglichen Bild eigentlich nichts Neues hinzugefügt; vielmehr zeigt es in seiner zufälligen und doch hochkalkulierten Verwandlung bisher noch nicht gesehene Möglichkeiten.

Anlässlich der Ausstellung erscheint eine Publikation mit einem Text von Martin Schulz.

IMI KNOEBEL, geb. 1944 in Dessau, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Einzelausstellungen (Auswahl) und Projekte: 2011 Kirchenfenster für Notre-Dame, Reims; 2010 Gemeentemuseum, Den Haag; 2009 Neue Nationalgalerie, Berlin, Deutsche Guggenheim, Berlin; 2008 Dia:Beacon, New York; 2007 Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen; 1996-1997 Retrospektive 1968–1996: Haus der Kunst, München; Stedelijk Museum, Amsterdam; IVAM Centre del Carme, Valencia; Kunsthalle, Düsseldorf; Musée de Grenoble, Grenoble

Martin Schulz ist Professor für Kunstgeschichte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Er arbeitet und lebt in Karlsruhe und München.

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