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Glücksrausch, Wahrnehmungserweiterung, Betäubung – der Rausch hat viele widersprüchliche Gesichter. Doch was die verschiedenen Rauscherfahrungen eint, ist ihre Tendenz zur Entrückung und Loslösung vom Ich und der Realität. So gehören die Mythen von gesteigerter Kreativität durch Rauschzustände zum Repertoire der Kunstgeschichte. Doch welche Rolle spielt der Rausch für die Gegenwartskunst? Die Ausstellung entführt in psychedelische Farbkosmen und künstlerische Versuchslabore. Sie lädt ein in sinnliche Welten zwischen Höhenflug und Absturz, in eine internationale Gruppenausstellung mit Werken von u.a. Pipilotti Rist und Carsten Höller.

Viele Wege führen zum Rausch: Zum einen jene, die für Verschwendung, Entgleisung und Abhängigkeit stehen – der Mensch will nicht immer vernünftig sein. Zum anderen die versteckten Pfade zu nahezu unbeschreiblichen Arten rauschhafter Wahrnehmungserweiterung wie dem Hormon- und dem Höhenrausch, dem Geschwindigkeits- oder dem Glücksrausch, um nur einige wenige zu nennen.

In unserer zweckorientierten Gesellschaft scheint der Konsum psychoaktiver Substanzen mittlerweile mehr der Leistungssteigerung denn der Erlangung anderer Bewusstseinsebenen zu dienen. Gleichzeitig werden andere „Rauschformen“ wichtiger: Man joggt sich in ein Endorphin-high und meditiert, jagt mit 200 km/h aus dem Alltag oder immer der perfekten Welle hinterher, man berauscht sich in den virtuellen Weiten des Internets an Simultanität, Anonymität und Masse und frönt dem Konsumrausch.

Der Rausch hat heute viele Gesichter, doch was all die verschiedenen Rauscherfahrungen eint, ist ihre Tendenz zum Ozeanischen, zur Entrückung und Loslösung vom Ich und der Realität. So galten und gelten auch in vielen Religionen Rauschzustände als Wege, um mit höheren Instanzen in Kontakt zu treten. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Konsum bestimmter Substanzen oder auch der gezielte Verzicht sowie die Aktivierung körpereigener Stoffe wie beispielsweise Dopamin oder Endorphine. Die Kartäusermönche wählten den Verzicht. Der Einsiedler- und Schweigeorden suchte durch meditative Versenkung in der Einsamkeit die spirituelle Ekstase, die auch als rauschhafter Zustand beschrieben wird. Für den konventionellen, weltlichen Rausch sorgte im Thurgau der Weinbau. Er brachte den Wohlstand, mit dem die bescheidene Klosterkirche zu einem schwindelerregend farb- und formenreichen Gesamtkunstwerk verwandelt wurde. Aus heutiger Sicht lässt sich anhand dieses Bild gewordenen Rauschzustands eine Linie von der Spiritualität über den Rausch zur Kunst ziehen.

Auf ihren Spuren bewegt sich die Ausstellung über zeitgenössische Kunst "im Rausch“. Film, Fotografie und Rauminstallationen, Malerei und Grafik entführen in künstlerische Versuchslabore, durch psychedelische Farbkosmen und zu spirituellen Visionen. Pipilotti Rists erstmals in der Schweiz präsentierte Wunderwelt „Mercy Garden“ lässt uns eintauchen in einen ozeanischen Sog magisch-verspiegelter Aufnahmen von Pflanzen, Körpern und anderen Wunderwelten. Eigens für die Ausstellung entwarf Carsten Höller eine seiner riesigen Pilzskulpturen, die Modelle halluzinogener Gewächse zu fantastisch-surrealen Objekten verschmelzen.

Der Mythos vom berauschten Künstler gehört zum festen Repertoire der Kunstgeschichtsschreibung und der Künstlergeschichte(n). Doch welche Rolle spielt der Rausch für die Gegenwartskunst? Ist der "Flow" an die Stelle des "Rauschs" getreten? Wird heute das Publikum von immer grösseren Kunstspektakeln berauscht? Welche Bilder produziert die Kunst im Rausch und welche Mittel findet sie für das visionäre Sehen? Diesen Fragen geht die thematische Gruppenausstellung nach. Dabei führt der Rausch auf einen schmalen Grat zwischen Höhenflug und Absturz. Mit der Kunst verbindet ihn die Sehnsucht nach dem erträumten, visionären und transzendentalen Moment.

Werke von u.a.: Ueli Alder, Donato Amstutz, Heiko Blankenstein, Felix Brenner, Helen Dahm, Co Gründler, Carsten Höller, Susanne Hofer, Kühne/Klein, Rachel Lumsden, Aurelia Mihai, Meret Oppenheim, Ursula Palla, Oliver Pietsch, Pipilotti Rist, Sarah Schönfeld, Kerim Seiler, Annelies Štrba, Andreas Walser, Artur Żmijewski (mit Paweł Althamer)