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Icaro Zorbar: Verweile doch (ein Abgesang) Eröffnung: Sonntag, 29. Januar, 11 Uhr
Begrüßung: Burkhard Jasper, Bürgermeister der Stadt Osnabrück
Einführung: Dr. Julia Draganović, Direktorin der Kunsthalle Osnabrück

im Rahmen von Danse Macabre, Ein interdisziplinäres Projekt in Osnabrück

Die Faustische Anspielung des "Verweile doch! Du bist so schön!" deutet Icaro Zorbar in ein künstlerisches Bekenntnis zur Entschleunigung um. Die ortsbezogenen Installationen im ehemaligen Kirchenraum sind ein Versuch, sich den offenkundigen Krisenphänomenen des 21. Jahrhunderts durch Transparenz, Analyse und Offenlegungen zu nähern. Die z.T. aus internationalen Sammlungen und Museen entliehenen Kunstobjekte des 39-jährigen Künstlers geben dem Publikum die Gelegenheit, sich mit den Konstruktionsplänen des analogen Zeitalters zu beschäftigen, sie machen Beteiligung und Partizipation möglich.

Die Ausstellung "Verweile doch (ein Abgesang)" in der erneut verdunkelten ehemaligen Dominkanerkirche will Reflexionen über Alterungsprozesse von Technologien, Gesellschaften und Epochen anregen. Icaro Zorbar legt dafür die Schaltpläne der Zeit und des Vergänglichen offen, auch um mit dem Publikum sein Wissen um die Verlangsamung von zeitlichen Prozessen zu teilen. Motivisch werden dafür planetarische Konstellationen, tragische Liebesbeziehungen und Weltzeituhr-Maschinen akribisch inszeniert, auch um zu zeigen, wie Zeit vergeht. Stets ohne die Lötspuren zu verschleifen. Berührend poetisch sind Icaro Zorbars Phänomene des Downsizings: etwa wenn er dem Pluto nachtrauert, dem 2006 der Planetenstatus aberkannt wurde. Angesichts dieses Planetenverlusts und der Degradierung zum Zwergplaneten, scheint alles Minimalistische ins Gigantische wachsen zu wollen.

Icora Zorbars installative Choreographien sind stets auch als Phänomenologie des Tanzes als Selbstbewegung zu lesen. Als einfach anmutende Umbauten analysieren sie das Verhältnis von Tempo, Bewegung und Musik. Auf visueller Ebene erzeugt Zorbar an modernen Tanz erinnernde Zeitlupen-Phänomene von minimalistischer Präzision, die doch Raum für den Zufall und vor allem für Veränderung durch Zeit lässt. Die Projektionsinstallationen schaffen sonderbar-fremdgesteuerte Kreaturen und Flugobjekte. Der Kombinatorik sind keine Grenzen gesetzt. Alles scheint mit allem verbunden werden zu können. Zorbar schafft Reanimierungs-Szenarien, die der Digitalisierung als Paradigma misstrauisch entgegenstehen und ihr dennoch ausgesetzt sind. Widerständig der Versuchung trotzend, die "gefahrvolle" Epochenschwelle zu übertreten: Ihr leises Plädoyer "Wir bleiben analog." erinnert an das selbstbewusste Abschalten der Fremdsteuerung (2001: Odyssee im Weltall). Angstvoll schwindet die Erinnerungsfähigkeit für die Phänomene der verlorenen Zeit ...

Here am I floating round my tin can

Far above the World

Planet Earth is blue

And there's nothing I can do

(Space Oddity by David Bowie)

Icaro Zorbar wurde 1977 in Bogota, Kolumbien geboren, absolvierte dort ein Bachelorstudium im Bereich Film und Fernsehen und einen MFA in Bildender Kunst. Derzeit setzt er seine Studien an der Kunstakademie in Bergen (Norwegen) fort. Seine Biografie umfasst Ausstellungen in Lateinamerika, den USA und Europa. Seine Installationen wurden u.a. im New Museum in New York und der Sao Paolo Biennale gezeigt. Sie befinden sich in internationalen Sammlungen wie dem Mudam Luxemburg und der Thyssen-Bornemisza Art Contemporary in Wien.

Hintergrund: Das Osnabrücker Kooperationsprojekt widmet sich der Totentanzthematik Mary Wigman (1886-1973), eine der bedeutendsten und einflussreichsten Protagonistinnen des modernen Tanzes in Deutschland im 20. Jahrhundert, schuf 1917 einen Totentanz, den sie 1921 zur Musik von Camille Saint-Saëns in Dresden herausbrachte. Vier Jahre später arbeitete sie in Dresden an einem zweiten Totentanz für ihre Tanzgruppe. Als "stummer Partner", "immer spürbar und immer inspirierend" saß der Maler Ernst Ludwig Kirchner dabei, zeichnete, entwarf Skizzen, aus denen später das Ölgemälde Totentanz und viele weitere Bilder zu Wigman entstanden. 1926 gelangte der "Totentanz II" in Königsberg zur Uraufführung. - Dieser "Totentanz II" war Anlass für das Kooperationsprojekt "Danse Macabre - Totentanz", in dem sich vier Osnabrücker Kulturinstitutionen mit den verschiedenen Aspekten des Themas auseinandersetzen. Während die Dance Company Theater Osnabrück historischen Totentänzen von Mary Wigman zwei zeitgenössische Choreografien zu dieser Thematik gegenüberstellt, widmen sich das Felix-Nussbaum-Haus Osnabrück, die Kunsthalle Osnabrück und das Diözesanmuseum Osnabrück aus unterschiedlicher Perspektive dem bis in die Gegenwart reichenden Motiv des Totentanzes. (Zitiert aus dem Pressetext des Theaters Osnabrück)