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Eröffnung: 23. September 2008

Nach seinem Beitrag auf der documenta 12 im vergangenen Jahr ist die Ausstellung „Disorder“ des baskischen Künstlers Ibon Aranberri im Frankfurter Kunstverein seine erste umfangreiche institutionelle Einzelpräsentation in Deutschland.

Aranberri nimmt eine eigenwillige Position in der zeitgenössischen Kunst ein. Mit herkömmlichen Kategorisierungen ist nur schwer zu fassen, worum es in seiner Arbeit geht und wie sein Ansatz zu verstehen ist. Was Aranberri bewegt, sind die Zeichen und Dinge, in denen sich Gesellschaftsmechanismen sowie Macht konkretisieren, wo sie zum Objekt werden und dabei ihre vielfältigen Vorraussetzungen und historischen Bedingungen mitschwingen lassen. Seine Arbeit ist in einem politischen Kontext angesiedelt, der sich sowohl auf seine baskische Heimat und deren politischen Konflikte sowie die dortige Kunstgeschichte und auf darüber hinausweisende gesellschaftliche Zusammenhänge bezieht.

Beobachtung, Hintergrundrecherche, Dialog und Dokumentation sind wesentlicher Teil Aranberris Arbeit, die in gestalterischer Korrespondenz zur Skulptur und der Auseinandersetzung mit öffentlichem Raum ein eigenwilliges Vokabular entwickelt hat. So dokumentiert die Arbeit „Cave (Ir.T n° 513)“ (2003), die in großem Umfang im Frankfurter Kunstverein präsentiert wird, die Aktion des Verschließens eines Höhleneingangs in den Bergen des Baskenlandes mit Hilfe einer Metallkonstruktion. Auf den ersten Blick mutet das Projekt wie eine zeitgemäße Variation der „Land Art“ an. Bei Arranberi ist die Aktion vor Ort einschließlich der Exkursion zum Schauplatz aber nur ein Teil der Arbeit. Ein weiterer wesentlicher Teil besteht in der ausführlichen Dokumentation des Ortes, der Planung und Durchführung seiner Aktion sowie der Einarbeitung des permanenten physikalischen Eingriffs in die relevanten dokumentarischen geografischen Unterlagen, Karten und Archive. Aranberri arbeitet akribisch, ähnlich der Methoden der Konzeptkunst. Was in der Dokumentation durchschimmert, ist die nüchterne Beschreibung unseres Umgangs mit Umwelt, ihrer Repräsentation und ihrer unweigerlichen Verknüpfung mit der Politik. Indem Aranberri nicht nur einen dauerhaften Einschnitt in die Natur vornimmt, sondern auch in die Bürokratisierung (Archive, Landkarten etc.) von Natur eintaucht, macht er deutlich, wie verzweigt die Zusammenhänge politischer, historischer und geografischer Parameter sind.

Bei seiner Argumentation bleibt er jedoch immer gänzlich unmoralisch. So auch bei der Arbeit „Política hidráulica“ (2003-2007), die auf der documenta 12 zu sehen war und in der er eine Verbindung ideologischer und formaler Aspekte baskischer Staudammprojekte seit den 1950er Jahren im Hinblick auf die Moderne zieht. Mit formaler Nüchternheit beschreibt er, wie sich Weltverständnis, Gesellschaft und Politik in die Natur einschreiben oder Spuren hinterlassen. Er deckt nicht auf und klagt nicht an, vielmehr kehrt er die Einschreibung um und eignet sich die Spuren der Macht an, um sie gerade so weit aus dem eigentlichen Umfeld heraus zu rücken, dass sie eine Metaebene entwickeln.

Neben der Arbeit „Cave (Ir.T n° 513)“ zeigt Aranberri im Frankfurter Kunstverein die skulpturale Installation „Floating Garden“ (2004-2008). Die Arbeit besteht aus Betonblöcken, die auf Stehlen stehen und mit zerbrochenen Glasflaschen versehen sind. So könnten sie wie selbst gemachte Absperrsicherungen gegen Eindringlinge verwendet werden. Im ästhetisierten Ausstellungsraum sind sie zwar aus ihrem alltäglichen Gebrauch entrückt, vermitteln aber dennoch die Brutalität der Abgrenzung.

Kuratorin: Chus Martínez (Direktorin Frankfurter Kunstverein)

Die Ausstellung ist eine Koproduktion mit der Staatlichen Gesellschaft für Ausländische Kulturangelegenheiten Spaniens (SEACEX) und entsteht in Zusammenarbeit mit dem Van Abbemuseum, Eindhoven.

Diese Ausstellung wird ermöglicht in Koproduktion mit und durch die freundliche Unterstützung von: Sociedad Estatal para la Acción Cultural Exterior, SEACEX Gobierno de España - Ministerio de Asuntos Exteriores y de Cooperación Agencia Española de Cooperación Internacional para el Desarrollo

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Ibon Aranberri: Disorder

Kuratorin: Chus Martinez