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46 herausragende Gemälde aus der Sammlung Gustav Raus laden ein zu einem spannenden Spaziergang durch die Geschichte der Landschaftsmalerei und die vielfarbigen europäischen Kunstlandschaften vom Mittelalter bis zum Impressionismus, von Fra Angelico bis zu Claude Monet

Der Horizont ist des Menschen wichtigste Orientierung. Er verortet unseren Blick im Raum und in der Landschaft, gibt inneren und äußeren Welten Halt. Will man über Landschaft reden, will man Landschaftsmalerei ausstellen, ist dies untrennbar mit dem Menschen verbunden. Die Entwicklung der Landschaftsdarstellung ist durch die Jahrhunderte stets Ausdruck unseres Verhältnisses zur Natur. Gleichgültig, ob Natur darin eine göttliche ist, die sich in den überweltlichen goldenen Himmeln manifestiert, oder menschengemachte Landschaft – sie ist stets Spiegel des eigenen Erlebens und Bühne menschlicher Sehnsüchte. Dies bedingt unser Naturbild.

Die Aufgabe der mittelalterlichen Holztafeln von Fra Angelico und Polack besteht in der konzentriert meditativen Schau des Heilsgeschehens, in das sich der Betrachter versenken soll. Christus, die heilige Familie, Engelsscharen und Heilige agieren nicht im Hier und Jetzt, sondern in einem überzeitlichen goldenen Himmelsraum. Doch der Humanismus und die Naturwissenschaften verändern den Blick des Einzelnen auf die Welt. Die im Spätmittelalter immer wieder betonte Eigenverantwortlichkeit des Individuums erfordert ein Agieren im Hier und Jetzt. Das Sich-seiner-selbst-bewusst-Werden ermöglicht ein Sich-der-Umwelt-bewusst-Werden. Man bricht auf, um die Welt zu erforschen. Sie dehnt sich aus und gewinnt in den Weltlandschaften des Meisters des Marienlebens perspektivisch-mathematische Dimensionen. Die Tiefendimension wird durch eine raffinierte Farb-Staffelung auf der Fläche erzeugt: vom Vordergrund-Braun über ein warmes Grün bis zum verschwimmenden Blau des Hintergrundes. Im 17. Jahrhundert erobert die Landschaftsmalerei die Kabinette der Sammler. Doch dank des stetig wachsenden Bedarfs verkaufen van Ruysdael oder van der Neer die stimmungsvollen Naturschilderungen ihrer holländischen Heimat oft nur zu einem geringen Preis. Andere wie Breenbergh spezialisieren sich auf gut bezahlte Historien mit biblischen oder antiken Szenen, die in weiträumigen antiken Ruinenlandschaften spielen. Ist die Natur noch im Barock Schauplatz göttlichen Waltens, verändert sich mit der Aufklärung der Blick in die Landschaft. Im 18. Jahrhundert wird sie zum Spiegel menschlicher Stimmungen. Bei Devis sieht man z. B. den Typus des Spaziergängers, der sich in die Betrachtung der Landschaft versenkt, um sich in ihr selbst zu erkennen. Seit dem frühen 19. Jahrhundert gewinnt die Landschaftsmalerei eine noch nie dagewesene Bedeutung. Im Blick auf die erhabene Natur bei Rohden und Schirmer verbirgt sich mehr und mehr die Sehnsucht nach der verlorenen, der unzerstörten, vom Menschen unberührten Natur. Verfolgt man die Entwicklung der Landschaftsmalerei bis ins späte 19. Jahrhundert, beginnt sich Natur als Abbild zunehmend aufzulösen. In den atmosphärischen Impressionen Sisleys und Monets oder in den Farbströmen Vlamincks und Guillaumins wird sie immer mehr zum Experimentierfeld.

Es ist ein Glücksfall, dass sich in der Sammlung Rau für UNICEF hervorragende Landschaften befinden, die diese Entwicklung anschaulich dokumentieren, die unseren Blick auf die Welt, die Gustav Rau in ihren Höhen und Tiefen am Herzen lag, festhalten. So ermutigen uns die künstlerischen Äußerungen von den Alten Meistern bis ins 20. Jahrhundert, besonders im Hinblick auf die einzigartige landschaftliche Einbindung unseres Museums, unsere Welt genauer zu betrachten und die Schönheit und Vielfalt unserer Umwelt zu entdecken. Letzteres ist auch ein zentraler Aspekt des Leitmotivs „Landschaft und Natur“, das ausstellungsübergreifend das gesamte Arp Museum Bahnhof Rolandseck im Bundesgartenschau-Jahr 2011 prägen wird.

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Kunstkammer Rau:
Horizonte. Landschaften von Fra Angelico bis Monet

Künstler:
Fra Angelico, Meister der Georgslegende, Jan Polack, Meister des Hersbrucker Altars, Antonio Solario, Lucas van Gassel, Friedrich Sustris, Johann König, Jan van Goyen, Bartholomäus Breenbergh, Salomon van Ruysdael, Aert van der Neer, Frans Post, Michiel Sweerts, Abraham van den Tempel, Hendrick Mommers, J./H. Loeffius, Isaac de Moucheron, Arthur Devis, George Morland, Johann Martin von Rohden, Johann Wilhelm Schirmer, Frederik M. Rohde, Eugene Boudin, James Webb, Camille Pissarro, Franz Richard Unterberger, Alfred Sisley, Paul Cézanne, Claude Monet, Jean-Baptiste Guillaumin, Max Liebermann, Paul Serusier, Pierre Bonnard, Édouard Vuillard, Maurice Denis, Raoul Dufy, Albert Marquet, Maurice de Vlaminck, André Derain

Kurator:
Susanne Blöcker