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Der Ausstellungstitel "all over" verweist einerseits auf kunsthistorische Angelpunkte Herbert Hintereggers, andererseits verbirgt sich hinter ihm ein breit gefächertes Arbeitsspektrum, das es in seiner formalen Stringenz zu entdecken gilt.

Die Spannung zwischen konzeptuellem Ansatz und emotionaler Tiefe und das Wissen um das immer wieder proklamierte Ende der Kunst ist eine der Ausgangspositionen zum Verständnis Hintereggers Arbeit.

Haben seine monochromen Bilder auf Leinwand als klassischem Bildträger einen klar erkennbaren Rand, werden in der Arbeit "all over" 20.000 Bic-Kugelschreiberhüllen in ungeordneter Form an Wänden, Decke und Boden übereinandergeklebt. Somit wird der Raum durch die Auflösung von Fixpunkten und Zentren neu besetzt. Dabei geht es ihm nicht um transzendentale Inhalte, sondern um die Ausweitung der Malerei durch Intensität und raumgreifende Wirkung. Herbert Hinteregger, "All over (Volume 4)", 1998/99

Die Ausschließlichkeit des Materials Kugelschreiber inklusive Farbe und Hülse stellt eine Reduktion und Konzentration auf minimale Grundstoffe dar. Bic-Kugelschreiber als ready-made, als billiges recyclingfähiges Wegwerfmassenprodukt taucht im Rückblick auf Duchamp ebenso auf, wie Hinteregger den Gegenstand in seinen Bildern verschwinden lässt.

Nur mehr die Essenz, die schnell trocknende Farbe, die, erst aus einzelnen Minen gewonnen, später in größeren Mengen von der Schreibmittelindustrie bezogen, wird mit dem Pinsel auf die Leinwand aufgebracht, wird verdichtet und braucht den Betrachter, durch dessen Bewegung das Changieren, die Tiefen, die im Unendlichen angelegte Perspektivenlosigkeit und die Dimension der Zeit erst entstehen. Das heißt, Hinteregger thematisiert sowohl die Polarität von industrieller Fertigung, dem Maschinellen und handwerklicher Präzision, als auch die Problematik der Entzauberung von Perspektive und damit die Dynamisierung der Dimensionen Raum und Zeit.

In seiner gesamten Arbeit bewegt Hinteregger sich an medialen Schnittstellen. Dabei zieht er den Betrachter einerseits in unauslotbare, entleerte und gleichzeitig energetisch aufgeladene Tiefen und durchstößt gleichzeitig räumliche und mediale Grenzen, indem er das Immaterielle andeutet und das Virtuelle vorstellt, dessen Eigenschaften nicht isoliert erkennbar sind, sondern nur in der Interaktion, einer dynamischen Beziehung zwischen Arbeit und Betrachter sichtbar werden.

Elisabeth Fiedler Pressetext