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Eröffnung: Freitag, 29.01.2016 um 19 Uhr

Der Künstler Henrik Håkansson ist am Tag der Eröffnung anwesend und steht für Interviews zur Verfügung.

Der Kunstverein Freiburg freut sich, als erste Präsentation im Jahr 2016 die Einzelausstellung des schwedischen Künstlers Henrik Håkansson (* 1968 in Helsingborg, S) A Tree (Suspended) anzukündigen.

In den vergangenen fünfzehn Jahren hat Håkansson an vielen bedeutenden internationalen Gruppen-ausstellungen teilgenommen, wie etwa den Biennalen in Venedig und Berlin. Seine Werke wurden ebenso weltweit in großen Ausstellungshäusern gezeigt. Er gehört zu den erfolgreichsten schwedischen Künstlern seiner Generation und ist bekannt für seine klug durchdachte Beschäftigung mit dem zunehmend dringenden Thema unserer Einwirkungen auf das Ökosystem, in das wir eingebettet und von dem wir abhängig sind.

Seit den frühen 1990er Jahren hat Håkansson Metaphern für das Verhältnis von Mensch und Natur geschaffen. Dabei geht er mit der gewissenhaften Objektivität eines Biologen vor. Die Titel seiner Installationen und Filme zitieren oftmals wie in wissenschaftlichen Recherchen die lateinischen Bezeichnungen der Baum-, Vogel- oder Insektenarten, die er studiert und beobachtet. Der eher unpersönlich erscheinende Empirismus, der sich in den formalen Bezeichnungen äußert, täuscht, er ist lediglich die äußere analytische Form, hinter der sich eine leidenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Schicksal von Pflanzen und Tieren verbirgt. Seine Installationen zeichnen sich in Bezug auf die tragische Dimension, die er in der Vergänglichkeit von Lebenskreisläufen herausarbeitet, aus. Bereits in seiner Jugend verfolgte Håkansson innig die Bewegungen der Natur, die er als Beobachter, besonders von Vögeln, mit dem Fotoapparat festhielt. In seiner Kunst wird ein elegischer Bericht statistischer Kodierung der Natur spürbar, die ein tiefgreifendes Bewusstsein der zunehmenden Spannungen zwischen menschlichen Lebewesen und ihrer Umwelt vermittelt.

Er dramatisiert diese Spannungen, während er die Rollen des Lobpreisenden und Bewahrers der Natur sowie ihres Eroberers und Zerstörers einnimmt, oder zumindest die Rolle als deren Berichterstatter. In einem seiner bekanntesten Werke hat er einen Baum, der in einem Feld explodiert, aus unterschiedlichen Blickwinkeln und in unterschiedlich schnellen Geschwindigkeiten gefilmt. Hinter dem kinoartigen Schauspiel, das der Film hervorruft, wird die Realität der Zerstörung festgehalten. In einer anderen Arbeit hat er Leinwand an die vordere Stoßstange seines Autos im Sommer, in dem das Stechmückenvorkommen sehr hoch ist, angebracht. Ihre zerplatzten Körper auf der Leinwand ähneln einer Art malerischer Abstraktion. Symbolisch übernimmt Håkansson die Verantwortung für die menschliche Raubtier-Beute-Beziehung und überlässt es den Betrachtern, diese Verantwortung freiwillig zu teilen oder eben nicht. Immer sind seine Werke damit aufgeladen wie wir Menschen „Kleinigkeiten“, wie etwa Stechmücken, in der Welt der Natur für verzichtbar halten.

Es ist typisch für seine Kunst, die Linie zwischen sterbender Natur und zeitloser Künstlichkeit, zwischen Ökosystemen und kulturellen Traditionen zu verwischen. Für seine Installation in Freiburg – eine Stadt im Schwarzwald – wird Håkansson einen entwurzelten Baum an Drähten befestigt in die Halle hängen. Natur, in Form eines Fundobjekts, wird in eine Skulptur verwandelt, als ein Denkmal für die Wälder der Welt, die als Rohstoff geopfert werden. Zudem deutet die Installation des solitären Baums auf die Geschichte der romantischen Malerei, wie z.B. von Caspar David Friedrich. Der Baum wird in einer mise-en-scène mit Spiegel und Scheinwerfer installiert. Ergänzend werden andere Werke der Dokumentation in den Zusammenhang gestellt: Eine monochrome Erdmalerei, die aus dem Boden stammt, in dem der Baum wuchs. Im Nebenraum wird Falling Tree (Ulmus glabra) (2009) ausgestellt, ein Werk, dass die hörbare Aufnahme eines fallenden Baums festhält. In unmittelbarer Nachbarschaft zur Installation erscheint es fast so, als ob – wie in einer selbstbezogenen Erzählung – dem hängenden Baum in der Halle sein eigener Niedergang bewusst gemacht wird.

Henrik Håkansson, geb. 1968 in Helsingborg (S), lebt und arbeitet in Berlin (DE) und in Falkenberg (S).

Einzelausstellungen (Auswahl): Indefinite Swarms, Selected Works 2009 –2012, Meyer Riegger, Berlin (DE) 2014; The End, The Modern Institute Osborne Street, Glasgow (UK) 2011; Henrik Håkansson, Middlesbrough Institute of Modern Art – MIMA, Middlesbrough (UK) 2009; Henrik Håkansson. Novelas de la selva, Museo Tamayo Arte Contemporáneo, Mexico City (MX) 2008; An Introduction to the birds, Villa Merkel, Esslingen (DE) 2004, De Appel, Amsterdam (NL) 2003, Bonner Kunstverein, Bonn (DE) 2003; Tomorrow and Tonight, Kunsthalle Basel, Basel (CH) 1999.

Gruppenausstellungen (Auswahl): You Imagine What You Desire, Sydney Biennale, Sydney (AU) 2014; Internaturalism, PAV-Parco Arte Vivente, Turin (IT) 2013; The Worldly House, DOCUMENTA (13), Kassel (DE) 2012; La Carte d'Après Nature, Nouveau Musée National de Monaco, Monaco (FR) 2010; Utopia Station, 50. Biennale Venedig, Venedig (IT) 2003; 2. Biennale Berlin, Berlin (DE) 2001.

Publikationen (Auswahl): A Forest Divided, Lundskonsthall, Lund 2012; Diligent Observation: A year of bees on the Bretton Estate, Yorkshire Sculpture Park, Yorkshire 2011; Henrik Håkansson, IASPIS, Stockholm 2007; Henrik Håkansson. An Introduction To The Birds, De Appel Foundation Amsterdam, Galerien der Stadt Esslingen am Neckar, Amsterdam 2003.