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Mit einer Auswahl von rund 100 Lithographien und Plakaten von Henri Toulouse-Lautrec (1864-1901) aus Privatbesitz zeigt das Kunstmuseum Bonn einen Höhepunkt der Kunst des 19. Jahrhunderts. Die Ausstellung im Kunstmuseum Bonn vereint so berühmte Plakate, Einzelblätter und Folgen wie Moulin Rouge, Divan Japonais, Marcelle Lender, La Revue Blanche, La Grande Loge, Elles, Yvette Guilbert. Relativ spät, nachdem bereits ein umfangreiches malerisches und zeichnerisches Werk entstanden war, fand Toulouse-Lautrec 1891 zur Druckgraphik. In den ihm verbleibenden zehn Lebensjahren schuf er 351 Lithographien, bei denen er mit Kreide oder Tuschpinsel meist direkt auf dem Stein arbeitete. Er erschloss diesem Medium und damit auch der Plakatkunst völlig neue Ausdrucksmöglichkeiten und wurde so zu einem Wegbereiter der Kunst des 20. Jahrhunderts. Unter anderem wird wie schon im japanischen Holzschnitt die Komposition durch kühne Verkürzungen und Überschneidungen eng an die Bildfläche gebunden. Steile Diagonalen lassen das Nahe und das Ferne unmittelbar aufeinanderstoßen und heben die Erfahrung eines eigenen begehbaren Raumes auf. Bei der Verwendung der Farbe erreichte Toulouse-Lautrec eine überragende Virtuosität, die im Umgang mit dem Lithostein von größter Raffinesse der Abstufungen und Übergänge bis zu plakativen und doch ausgewogenen Kontrasten der Farbflächen reicht.

Toulouse-Lautrecs historische Bedeutung liegt aber auch in seiner unromantischen Sicht auf die Realität. Theater, Cafés, Cabarets, Bars, Bordelle, Jahrmarkt und Gosse waren die Orte, an denen der Künstler im Paris der Belle Époque seine Motive fand. Selbst ein Aristokrat aus altem Adel und doch durch Erbanlagen und mehrere Beinbrüche zum kleinwüchsigen Außenseiter geworden konnte er in die Welt der Sänger, Tänzerinnen und Prostituierten eintauchen, die ein Leben am Rand der Gesellschaft führten. Toulouse-Lautrec war einer der größten Darsteller des Menschen. Mit unbestechlicher Genauigkeit zeigte er ihn nicht in einer anonymen Gruppe, sondern als Individuum. Mit scharfem Auge erfasste er die Schönheit und Hässlichkeit, die Fehler und Schwächen des Einzelnen, ohne ihn bloßzustellen. Er war kein Karikaturist, sondern ein Beobachter seiner Umwelt, der die dekadenten Emporkömmlinge und eitlen Bürger verachtete, aber voller Mitgefühl den Alltag, die Würde und das Elend der Prostituierten schilderte. Dabei wahrte er eine Distanz ohne Hochmut, die es ihm erlaubte, die Realität nicht mit sozialkritischem Pathos oder poetischer Verklärung, sondern unsentimental und nackt zu zeigen. Anderseits nahm Toulouse-Lautrec am Leben in der Halb- und Scheinwelt des Montmartre teil, um sein Schicksal, das er ohne Bitterkeit sah, zu vergessen, und dem Leben ein Höchstmaß an Intensität abzugewinnen. Eine selbstzerstörerische Maßlosigkeit, Alkoholismus und Syphilis beschleunigten den körperlichen und geistigen Verfall. Der Künstler starb 1901 im Alter von 36 Jahren.

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Henri de Toulouse-Lautrec - Das graphische Werk