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“Ungleichheit kann gewaltige Energien freisetzen”, steht in schwarzen Druckbuchstaben über einer gemalten Marktszene mit asiatisch aussehenden Menschen. Das Textzitat aus Matthias Horx “Smart Capitalism”2001 schwebt als Headline über einem globalen Nirgendwo, das die Malerin Johanna Kandl in die Freihandelszone verlegte, die sich nach der Öffnung des Ostblocks an der österreichisch-tschechischen Grenze bildete.

Die österreichische Künstlerin Johanna Kandl (Jg. 1954) ist bekannt geworden durch ihre narrativen Bilder, die mit wirtschafts- und gesellschaftspolitisch brisanten Slogans aufgeladen sind. Das, was sie auf ihren zahlreichen Reisen erlebte und mit dem Fotoapparat fixierte, wird im Atelier in Malerei transformiert und mit Texten aus Managermagazinen, Fachbüchern oder der Tagespresse unterlegt. “Wie sich durch politische Veränderungen Gesellschaften konstituieren und das Bewusstsein der Menschen mitprägen, ist ein zentrales Thema von Johanna Kandls Malerei” (U.M.Probst), und ebenso auch von ihren Videos, Fotoarbeiten und performativen Projekten, die sie seit 1997 gemeinsam mit Helmut Kandl realisiert.

Das von Helmut und Johanna Kandl für den Kunstverein Neuhausen realisierte zweiteilige Projekt “NEUHAUSENER UND ANDERE GESCHICHTEN” handelt von Erzählungen, Traditionen und lokalen Besonderheiten, die die beiden Künstler bei ihren mehrtägigen Aufenthalten in Neuhausen erfahren, studieren und dokumentieren konnten sowie von einem gemalten Bild, zu dem Johanna Kandl durch eine Pressenotiz in den Niederösterreichischen Nachrichten angeregt wurde.

Erzählte Geschichten speisen sich von subjektiven Erinnerungen und Meinungen, die neben der offiziellen Geschichtsschreibung auch etwas über kulturelle Eigenheiten und die sozialen und ökonomischen Verhältnisse verraten. Die Neuhausener Kultur- und Sozialstudie begann während der “rechtsfreien Phase” der Faschingszeit, in der normalerweise Bildende Kunst keine Konjunktur genießt.

Am Stammtisch, während der Umzüge, im Bierzelt und bei Prunksitzungen, wurden konkret Erlebtes, persönliche Begegnungen und narrative Elemente aus der Neuhausener Alltagsrealität in Schnappschüssen dokumentiert. Parallel zu den fotografischen Arbeiten und zur fotobasierenden Malerei wird in der Ausstellung ein weiterer Aspekt thematisiert, der durch die Kooperation mit der Neuhausener Laienschauspielgruppe “Schwamm drüber”zustande kam. Inspiriert von Johanna Kandls Bild “Eine unglaubliche Geschichte” und von der kritischen Kunstpraxis der beiden Künstler, setzen sich die SchauspielerInnen in einem Video und in einem Theaterstück, das bei der Ausstellungseröffnung aufgeführt wird, mit Fragen der Kommunikation und Verständigung, der Globalisierung, sowie mit Rassismus, Vorurteile und Kunst auseinander. (Susanne Jakob)

Johanna Kandl wurde 1954 in Wien geboren. 1972-80 studierte sie Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, 1980/81 Studienjahr in Belgrad. In den folgenden Jahren zahlreiche Auslandsaufenthalte. Seit 1995 Zusammenarbeit mit Helmut Kandl (geb. 1953 in Ameis/ nördliches Weinviertel).

Seit ihrer Zusammenarbeit ist ein Archiv von fast 100.00 Fotos entstanden, die mitunter Ausgangsmaterial für Johanna Kandls Malerei bilden. Für seine Postkarteneditionen und Mailart Aktionen kombiniert Helmut Kandl die Fotografien mit gesellschaftskritischen und poetischen Texten. Seit 2005 ist Johanna Kandl Professorin für Malerei an der Kunstuniversität Wien. Helmut & Johanna Kandl leben in Berlin und Wien.

Pressetext

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Helmut Kandl und Johanna Kandl
Neuhausener und andere Geschichten