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Als ich nach einem Konzepttext für die Ausstellung „Heb=to love“ gefragt werde, ist mir klar geworden, das ich nicht darüber nachgedacht hatte, weil der Begriff „zu lieben” mir so selbstverständlich erschien. Natürlich darf ich andere KünstlerInnen und ihre Kunstwerke lieben und es ist auch klar, das es auch bei Einzelausstellungen nicht immer unbedingt schöner ist, alleine auszustellen. Gleichzeitig wollte ich auch keine Gruppenausstellung kuratieren. So etwas darf frau/man zwar in Deutschland oder Amerika kaum artikulieren, aber ich wollte die Arbeit an einer Gruppenausstellung nicht. Ich wollte eher die Leichtigkeit, die es hat, wenn frau/man nur ganz wenige Leute fragt, in dem Fall, deren Arbeit ich ca. 5 Jahre lang kenne und mehr oder weniger weit gehend verfolgt habe. Fünf Jahre sind eine lange Zeit, um jemand zu beobachten. Auch eine ungenaue Beobachtung hat eine Genauigkeit in sich, denn in allen Fehlstellen ist eine Genauigkeit. Johanna Braun, Anton Blume und Franz Kratochwil performen alle selbst. Franz, muß ich zugeben, kenne ich nur von einem Gespräch her, aber anders als das Autocenter mich, habe ich Anton nicht gefragt: warum Franz? Mir erschien, obwohl neu, Franz immer logisch in Kombination mit Anton. Wahrscheinlich war auch eine leichte Faszination dabei, sich vorzustellen, das Menschen miteinander Gedichte schreiben, in einer unklaren, oder zumindest für mich und aus den Gedichten unklaren sexuellen Konstellation, wo nur klar wird, zumindest aus den Gedichten, das sie untereinander ihre Sexualität verstehen oder zumindest in Gedichtform beschreiben können. Jetzt habe ich die Gedichte gerade nicht vor mir, aber frage mich aus der Erinnerung, ob es nur um Sexualität ging.

Erinnerung ist die beste Kamera, ich erinnere also aus den Gedichten Gefühle von Nähe und Distanz, vielleicht auch Aggression. Also normal sozusagen, anderseits ist jedes Gefühl einzigartig und aufregend. Ich kann mich auch an eben diese gewisse Leichtigkeit erinnern, und das keine Gedicht langweilig war. Auch Johanna Brauns Videos haben etwas poetisches. Sie sind kurz, haben kurze Handlungsstränge und dann gleichzeitig auch gar keine wirkliche Handlung. Es sind eher Bilder, wo frau/man sich fragt: das ist es jetzt? Ein Selbstmord, Kälte, eine vernagelte Tür, aber gleichzeitig gibt es immer eine Überlebende: Johanna.

Der Sound ist das halbe Video, ist angeeignet, wird aber nicht genannt, Jede Generation greift sich ihre Musikstücke die dadurch zeitlos werden. Ich liebe an Johannas Videos, das es einfache Handlungen sind, eine gewisse Abwesenheit von Komplexität, die zwar im Normalfall im Kunstkontext vielfach gerühmt wird, so als ob Komplexität an sich schon ein Vorteil wäre, aber eigentlich sich die einfachen Bilder angenehmer. Mein eigenes Werk in Relation dazu ist noch einfacher, verhängte Bilder, verschleiert sozusagen, wie ein Scherz im Museum, nur die Augen frei, der „Briefkastenlook“ verschleierter Frauen mit Hijab und Niqab. Dazu die Bildtexte über die Wände verstreut, in selektiver Auswahl ,um den Islam nicht nervös zu machen, auf Arabisch übersetzt. Ja, Sie haben richtig verstanden, „zu lieben” bedeutet, das frau/man niemand nervös machen will. Vielleicht nicht einmal im positiven Sinn, vielleicht schon. Flirten ist immer eine Grauzone des Legalen im Genderdiskurs, wahrscheinlich die wahre Radikalität darin.

Zu lieben bedeutet auch, weil ich mich selbst liebe, flirte ich aus Langeweile um diese zu vertreiben, dann wieder besser aufgelegt und wie alle besser aufgelegten beziehungsfähig zu sein, was aber Beziehung in Bezug auf Kunst bedeutet, wird immer neu verhandelt. Persönlich habe ich festgestellt über die Jahre, dass ich zur Kunst an sich nicht allzu viel Bezug habe. Trotz aller Diskurse erklärt sie mein Leben nicht, meine Lebensform nicht und natürlich auch nicht unbedingt die Auswahl der ProtagonistInnen dieser Ausstellung. Zu lieben habe ich in Ägypten gelernt, kann bedeuten, das frau/man einen Ort lieben kann, wegen der Zufälligkeiten, die an diesem Ort passieren und das noch mit einer gewissen Harmonie. In meinem Kopf befand sich bei der Auswahl von Johanna Braun, Anton Blume und Franz Kratochwil zu meiner Ausstellung eine gewisse Harmonie. Reicht das aus, um die Idee des „zu lieben“ zu erklären? Natürlich war mir von vornherein klar, dass es die Kunstkritik gibt, die sagen wird: nein, wir sehen diese Harmonie nicht, zweitens ist Harmonie nicht relevant und drittens fehlt das Konzept. Mir fehlt das Konzept nicht.

Die Frage wäre, wem und warum denjenigen das Konzept fehlt ? Die meiste Zeit, mit einem erträglichen Ausmaß an Beschwerden gelingt es mir das Leben, also auch Ausstellungen , zu akzeptieren, wie sie sind. Einfach aus einer gewissen Bescheidenheit heraus. Ich erwarte nicht, trotz millionenfacher Konkurrenz, dass eine Ausstellung alles für mich erfüllt oder helle Begeisterung hervorruft, denn es ist ja bloß eine Ausstellung. Die Dauer ist bei so einer Liebe natürlich die Frage, aber die Dauer entscheidet sich von selbst, die Dauer der Ausstellung und die Dauer der Wichtigkeit dieser Ausstellungen, selbst wenn aufgrund des Einladungsimages entschieden wird, nicht zu kommen. Diese 4 Menschen: nein, danke. Will ich heute nicht sehen, in keiner Form. Spannend ist immer ,welche Entscheidungen warum getroffen werden. Das Autocenter ist so weit, nicht schon wieder die, wer kommt dorthin, am liebsten sind mir die Menschen, die beim Wort Autocenter an einen Autoverkaufsort denken. Ich würde das Autocenter dann genauso lieben. Vielleicht stünden die Autos im Weg, vielleicht auch nicht.

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Heb
Elke Krystufek, Johanna Braun, Papierflieger Co-Op  (Anton Blume / Franz Kratochwil)