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Gregory Crewdson ist eine der großen Entdeckungen innerhalb der jüngsten Fotografiegeschichte. Mit seinen perfekten und abgründigen Inszenierungen, die sich zwischen Medialisierung, alltäglicher Wirklichkeit und psychischer Befangenheit bewegen, trifft der New Yorker (geb. 1962) den Nerv der Zeit.

Die Ausstellung GREGORY CREWDSON 1985-2005 stellt den Künstler erstmals in Europa vor und gibt einen Überblick über das gesamte bisherige Schaffen, von der ersten Fotoserie der Early Work (1986-88) über Natural Wonder (1992-97), Hover (1996-97) bis zu Twilight (1998-2002), Dream House (2002) und seiner Serie Beneath the Roses (2003-05).

In seinen Fotografien inszeniert Gregory Crewdson ein kleinbürgerliches Gesellschaftsbild, das viele Rätsel aufgibt. Der Künstler taucht Amerikas Vorstädte in eine morbide Atmosphäre und entwirft außergewöhnliche Situationen, in denen er – von Sigmund Freuds Aufsatz über das Unheimliche angeregt – die verdrängten Untiefen der menschlichen Seele spiegelt. So zeigt Crewdson in Early Work (1986-88) Ausschnitte aus dem Zuhause des durchschnittlichen Biedermanns. Menschen, Interieurs wie auch das nahe häusliche Umfeld verwandeln sich vor dem Objektiv des Künstlers zu Indikatoren von Einsamkeit und Leere. Viele Träume und Erwartungen bleiben hier unerfüllt. Der anschließende Werkblock Natural Wonder (1992-97) zeigt eine ähnliche Idylle. Crewdson fokussiert nun allerdings die Welt der Tiere in einer kultivierten und zugleich maroden Natur, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Menschenwelt befindet.

Einen Wendepunkt markiert die Hover Serie (1996-97). Mit ihr dringt Gregory Crewdson noch tiefer in die Abgründe der amerikanischen Vorstadtseele ein, wobei er das Motiv zugleich auf Distanz hält. Seine detailreichen Erzählungen visualisieren in verschlüsselter Form die unbewußten Schattenseiten der menschlichen Psyche. Dabei gibt der zum Stillstand gebrachte Plot viele Rätsel auf. Das Vorher und Nachher bleibt unklar, geheimnisvoll.

Verweisen Crewdsons schwarz-weiß Fotografien der Serie Hover noch auf die historische Straßenfotografie Amerikas (z.B. Walker Evans), so perfektioniert er in den sich anschließenden Werkblöcken Twilight (1998-2002), Dream House (2002) und Beneath the Roses (2003-05) den cineastischen Charakter seiner Arbeit. Die Aufnahmesituationen gleichen nun immer mehr Filmsets, in denen alles arrangiert und festgelegt erscheint. Tatsächlich bleibt nichts dem Zufall überlassen. Der Künstler arbeitet mit Filmstars wie Gwyneth Paltrow und Julianne Moore, dirigiert einen großen Mitarbeiterstab, entwirft detaillierte Beleuchtungspläne und Zeichnungen, die die Technik skizzieren. Diese aufwendige und langwierige Arbeit wird nicht kaschiert, sondern bleibt den Fotografien ablesbar. Crewdson lehnt sich mit seiner Arbeit an Regisseuren wie David Lynch oder Steven Spielberg an und führt auf seine Weise die Traditionslinie der inszenierten Fotografie weiter, wie sie Diane Arbus, Cindy Sherman und Jeff Wall ausformuliert haben. Dabei spart Crewdson die soziale Realität nicht aus: Für Beneath the Roses fotografiert er in realen Kleinstädten im Nordosten der Vereinigten Staaten, wo Arbeitslosigkeit und Abwanderung die kleinen Orte in trostlose Wüsten verwandelt. Er engagiert unbekannte Schauspieler oder Leute, die er vor Ort kennen lernt. In Beneath the Roses setzt der Künstler erstmals in größerem Umfang das digitale Composing ein und fördert damit zusätzlich eine hyperreale Klarheit, die diese “single frame movies”, wie sie Crewdson selbst nennt, auszeichnet.

Die Ausstellung GREGORY CREWDSON 1985-2005 wurde vom Kunstverein Hannover initiiert und ist als zweite und letzte Station in Deutschland in den Museen Haus Lange und Esters in Krefeld zu sehen. Anschließend wandert die Präsentation in die Schweiz, nach Österreich und in die Niederlande. Im Hatje-Cantz Verlag ist ein Katalog (Texte von Stephan Berg, Martin Hochleitner und Katy Siegel) erschienen

Pressetext

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Gregory Crewdson 1985-2005

Stationen:
03.09.05 - 30.10.05 Kunstverein Hannover
19.02.06 - 14.05.06 Museen Haus Lange - Haus Esters Krefeld