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Good Timing Die Ausstellung versucht die Charakterstudie eines komplexen Gebildes, das eine Vielzahl von beweglichen Positionen beinhaltet. Die etablierte Meinung, dass Galerie - Arbeit sich primär dem Kunsthandel verpflichtet, ist längst obsolet. Kunst wird nicht als verschiebbare Ware gehandelt – es geht um die Idee, um einen weitergedachten Pluralitätsbegriff, dem ein klares Programm zugrunde liegt. Wenn die Galerie programmatisch ihren Fokus auf internationale, zeitgenössische Kunst richtet, ist sie damit als Institution maßgeblich an der Entwicklung bzw. Förderung aktueller Kunstproduktion beteiligt. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Künstler über permanenten Dialog, Befragung, Vermittlung und die Anteilnahme am Gesamtschaffen bilden die Parameter einer gelungenen Zusammenarbeit. „Vernetzung“ ist der Ausgangspunkt, um junge Kunstpositionen mit bereits international etablierten Künstlern in eine visuelle Umlaufbahn zu bringen. Die Institution „Galerie“ als Darstellungs- und Projektionsfläche ist aus dieser Perspektive für den Künstler unverzichtbar. Ein Blick auf die Ausstellungschronologie zeigt, dass neben dem gezielten Vorstellen von Einzelpositionen immer wieder ein übergeordnetes System der bewussten Verzahnung, des Ineinandergreifens und Interagierens über thematische Gruppenausstellungen gesucht wird.

In „Good Timing“ ist das Programm selbst das Thema. Es geht nicht darum, über eine inhaltliche Klammer eine finale Aussage zu formulieren, sondern über das CROSS OVER unterschiedlichster Künstlerpositionen das spezifische Bild der Galerie nachzuzeichnen. Schließlich lebt eine gelungene Accrochage nicht zuletzt von der Pluralität, den Gesten der Weitsichtigkeit und dem Gespür für Veränderung, die sie aufzuweisen vermag. Das Profil der Galerie zu präsentieren heißt, über eine größtmögliche Vielfalt ein klares und schlüssiges Programm zu vermitteln. Grundlage ist die Subjektivität selbst.

„Good Timing“ zeigt Künstler, die durch unterschiedlichste Beziehungen mit der Galerie verbunden sind. Ohne die Linearität einer Chronologie wahrnehmen zu wollen, deckt die Auswahl ein Spektrum von verschiedenen Ansätzen, Intensionen und Ausdrucksformen zeitgenössischer Kunst ab: Zeichnung, Malerei, Fotografie, Skulptur und Installation, sowohl von Künstlern, die in einen kontinuierlichen Dialog mit der Galerie stehen, als auch von Positionen, die nur durch einzelne Werke den Bestand der Sammlung bereichern. Das kuratorische Konzept verzichtet auf eine kollektive thematische Organisation, sondern setzt bewusst auf den Dialog der einzelnen individuellen Gesten. Begünstigt durch die spezifische räumliche Situation der Galerie entstehen Zonen, die durch eine bewusst subjektive Szenografie Impulse für neue Verknüpfungen und Assoziationen eröffnen.

Die Schlüssigkeit der Komposition in ihrer Gesamtheit, ergibt sich aus der Kraft der individuellen künstlerischen Aussage. Es entstehen narrative, poetische Beziehungen, die kunsthistorische Klassifizierungen aufheben.

„Good Timing“ dokumentiert ein dynamisches Gebilde, das letztlich nur als Teil einer Gesamtheit gelesen werden kann. Es ist eine fragmentarische Bestandsaufnahme, die Idee und Ideologie der Galerie als Institution nachzeichnen will. Diese einzelnen Fragmente fügen sich zu einem Bild, dessen subjektive Aussage eine entschiedene Position im Feld der Gegenwartskunst beschreibt.

Bad Timing Anlässlich der ersten Ausstellung in der kürzlich eröffneten GEORG KARGL BOX verwandelt der 30jährige Belgier Koenraad Dedobbeleer die neue Galerie in eine raumfüllende Installation. In seiner Konstruktion vollzieht er sensible Veränderungen des Innenraums, die die bestehenden Wahrnehmungsgewohnheiten des Besuchers durch bewusst und präzis gesetzte architektonische Eingriffe und Ergänzungen stört. Ihre Spannung erfährt sie durch die aktive Einbeziehung des Betrachters, durch das Aufbrechen von eindeutigen Zuordnungen und Sicherheiten von Realität und Täuschung, die die individuelle Auseinandersetzung mit Dedobbeleers Objekten im spezifischen Kontext des ihn umgebenden Raums stets neu erleben lassen.

Koenraad Dedobbeleers Installation, deren Titel auf das gleichnamige Album Jim O'Rourkes und seine Bezugnahme auf Nicolas Roegs 1980 erschienenen Film „Bad Timing“ anspielt, ist eine vielschichtige Referenz an Kunst- und Kulturgeschichte. Ein Ausgangspunkt seiner Überlegungen bildet eine Fotografie der amerikanischen Konzeptkünstlerin Louise Lawler. In dieser fotografischen Vorlage dokumentiert und analysiert sie das Umfeld und die Präsentationsweise eines kinetischen Objektes von George Rickey in einem Sales Room des Auktionshauses Sothebys und richtet ihren Blick auf soziale, ästhetische und ökonomische Aspekte institutioneller Rahmenbedingungen. In der künstlerischen Strategie der Aneignung fremder künstlerischer Positionen mit Lawlers Herangehensweise vergleichbar, löst Dedobbeleer gleichsam Schaustellungswand, Podest und Rickeys Skulptur aus ihrer fotografischen Vorlage und rückübersetzt diese wieder in die Realität des ökonomisch-institutionellen Rahmens der Galerie. Durch die „Transformation der Transformation“ berührt seine Installation damit auch Fragestellungen um die Autonomie des Kunstwerkes in Abhängigkeit von sozialem, ökonomischem und thematischem Kontext.

Wie ein Hindernis stellt sich dem Besucher zunächst die mit Teppich überzogene Wand in den Weg, die das direkte Durchschreiten der 40qm großen Galerie erschwert und in bewusst inszenierte Bahnen lenkt. Sie definiert dadurch einen gleichsam privaten Raum für den 4 Meter hohen Nachbau der Rickey Skulptur und eine auf einem Podest präsentierte Fotografie. Im Begehen der Installation dringt der Besucher gleichsam in eine geschaffene Intimsphäre ein, die sein Bewusstsein für das vielschichtige Verhältnis von Objekt, Subjekt und Darstellung schärft. Scheinbar alltägliche Gegenstände der gängigen Ausstellungspraxis werden von ihrem herkömmlichen Gebrauchswert befreit und erfahren durch ihre Kontextualisierung eine Neu- und Umbewertung. Dedobbeleers Objekte bewegen sich zwischen Skulptur und Gebrauchsgegenstand, stehen einerseits für sich selbst wie sie sich anderseits für die Dauer der individuellen Konstellation in ihrer jeweils eigenen Funktion als an sich „funktionsloses“ Kunstwerk und funktionstüchtig erscheinenden Alltagsgegenstand gegenseitig bezeichnen. Sie besetzen und markieren den neu geschaffenen Raum und machen ihn als einen sich ständig verändernden Handlungsspielraum erfahrbar, der bestehenden Bezugssystemen und gewohnten Wahrnehmungsmustern zuwiderläuft.

Im architektonisch wie in seiner Funktion festgeschriebenen Rahmen der GEORG KARGL BOX erscheinen Dedobbeleers Objekte bewusst unbestimmt und entziehen sich auch der präzisen Verortung in einem zeitlichen Bezugssystem. Während der Dauer der Ausstellung wirken sie wie vergessene Relikte einer Galerie, die ihren Betrieb eingestellt statt soeben aufgenommen hat, ohne zugleich Spuren des Gebrauchs aufzuweisen. Sie zeichnen sich durch eine schlichte, zeitlose Formensprache aus und erscheinen täuschend massiv, um die an sie gestellte Erwartungshaltung durch den bewussten Mangel in der Ausführungsqualität sogleich zu enttäuschen und sichOpposition zum bis ins Detail handwerklich perfekten Portal Richard Artschwagers zu stellen.

Dedobbeleers Installation „Bad Timing“ in der GEORG KARGL BOX erfährt seine Erweiterung durch zwei „hidden sculptures“ in der zeitgleich laufenden Ausstellung „Good Timing“. Der Zusammenhang artikuliert sich nicht primär durch eine offene physische Präsenz, vielmehr fordern sie den Besucher dazu auf, über den physischen Erfahrungsparcours geistige Bezugspunkte zu schaffen. (Text: Fiona Liewehr)

Pressetext

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Good Timing - Georg Kargl Fine Arts

und

Koenraad Dedobbeleer Bad Timing - Georg Kargl BOX