press release only in german

11.06.2022 – 12.06.2022
Performance

Give Rise To Omsk Social Club & Alexander Iezzi
Fucking Hardcore Self-Divinization Weekender

11.6. & 12.6. Treffpunkt & Gesangs-Performance: 18:00 & 21:00 Uhr am Glockenspielplatz
Live-Installation: 18:00 – 24:00 Uhr in der HALLE FÜR KUNST Steiermark
Mit Dylan Kerr

Die HALLE FÜR KUNST Steiermark freut sich das Screening mit Perfomance-Elementen Fucking Hardcore Self-Divinization Weekender (2022) eine Zusammenarbeit zwischen Omsk Social Club und Alexander Iezzi zu präsentieren. Als radikales Experiment an der Schnittstelle von Kunst, Politik und Leben wurde Omsk Social Club auch als ​„Empathie-Trainingslager“ bezeichnet.

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Die Arbeit des Omsk Social Club entsteht zwischen zwei gelebten Welten, einer Welt des Lebens, wie wir sie kennen, und einer Welt des Rollenspiels. Diese Welten verschmelzen zu einer einzigen, dort positionieren Omsk ihre spekulativen Fiktionen. Durch diese immersiven Installationen bewegen sie sich in einem Gebiet, das sie 2017 als Real Game Play (RGP) bezeichneten. Während das Kollektiv eng mit einem Netzwerk öffentlicher Hauptakteur​innen zusammenarbeitet, sind Omsk’s Game Designs und Installationen nicht einstudiert. Sie sind immer einmalig, was ihnen die außergewöhnliche Position verleiht, die Unterscheidung zwischen Künstler​in und Publikum bzw. Kunst und Leben aktiv zu hinterfragen. Ihre Installationen drehen sich um Rave-Kultur, Survivalism, Catfishing, Positives Trolling und dezentralisierte Krypto-Währungen.*

Alexander Iezzi ist ein in Berlin lebender Künstler und Musiker. Seine Praxis basiert auf der Umwandlung von Materialien in Szenen, Figuren, Ton und bewegte Bilder, um ins Surreale zu gelangen. Die Arbeit beginnt mit auditiven und visuellen Umgebungen, in denen Experimente improvisiert und durchgeführt werden können, um später zu Kunstwerken umgestaltet zu werden. Iezzi sammelt diese Materialien, Klänge und Musik (manchmal auch Protagonist_​innen wie seine Kollegen oder Plüschtiere) und setzt sie neu ein, um die typischen Wahrnehmungsweisen von Psychologie, Identität und Politik zu hinterfragen.

Im Rahmen der Performancereihe Give Rise To präsentieren Omsk Social Club & Alexander Iezzi eine neue Videoinstallation Fucking Hardcore Self-Divinization Weekender (2022), die durch mehrmals am Tag stattfindende performative Handlungen zu einer immersiven Bühne verwandelt wird. Die Arbeit ist eine Fortsetzung des Projektes Self-Divinization Weekender, einer Performance, die auf den Techniken von LARP als auch einer fiktiven Erzählung beruht. Omsk Social Club & Alexander Iezzi verfassten ein Skript, das eine neue Form der Realität heraufbeschwören möchte, die für die Teilnehmer_​innen transformative Weisen des Zusammenlebens eröffnen möchte.

Inspiriert waren die Künstler_​innen dabei durch das Schaffen des französischen Dramatikers und Regisseurs Antonin Artaud, der sich unter anderem in den 1920er-Jahren den Pariser Surrealisten anschloss. Artaud prägte den Begriff Das Theater der Grausamkeit, das den Versuch eines Anti-Theaters durch unterschiedliche Strategien, wie der Abschaffung der Grenze zwischen Bühnen- und Zuschauerinnen-Raum, starken körperlich Gebärden und dem Einsatz von nicht-harmonischen Lauten und Effekten darstellt. In seinen Werken und Schriften tauchen so immer wieder apokalyptische Szenen auf, die für Omsk Social Club & Alexander Iezzi ebenfalls inspirierend für das Skript waren. Jenes nimmt einen Dialog des Artaud’schen Theaters zum Ausgang in dem ein/​e Schauspieler​in das Ende der Welt proklamiert, ein/​e andere Schauspieler_​in erwidert jedoch, dass es sich um zwei Welten handelt, die hier im Geschehen zusammenstoßen.

Ausgehend von dieser Vorstellung werden acht Charaktere, die sich an einem geheimnisvollen Ort namens Mu befinden, auf eine Reise geschickt mit der Aufgabe ​„alle Töne des Universums“ einzusammeln, die beim Zusammenstoß der zwei erdachten Welten freigesetzt werden. Der Ort Mu meint hier einen hypothetisch bzw. fiktiv versunkenen Kontinent, der u.a. auch als Lemuria bekannt ist, sich laut Science-Fiction oder esoterischer Literatur zwischen Madagaskar und Indien befindet und auf dem sich die menschliche Zivilisation tatsächlich entwickelt haben soll. Um der Vorstellung einer solchen mystischen Welt zu entsprechen wird über die Dauer von zwei Tagen jeder Charakter von jeweils zwei Personen gespielt. Dabei wird jedem und jeder Teilnehmer_​in zu Beginn vermittelt, sie/​er nehmen die Hauptrolle innerhalb des Stücks ein. Durch diesen Umstand entsteht eine Situation in der jeder Charakter die Erfahrung für die jeweils anderen entstehen lässt. Die Kamera, deren dabei gewonnene Aufnahmen das Ausgangsmaterial für die in Graz gezeigte Installation bereitstellt, fungiert innerhalb des Stückes als ein Werkzeug, das nachträgliche Analyse und Kontemplation über das Geschehene für die Teilnehmenden ermöglichen soll. Am ersten Tag des Rollenspiels werden lediglich Sound- und am zweiten Tag nur Bildaufnahmen getätigt.

Für die Präsentation im Rahmen der Reihe Give Rise To werden diese Aufnahmen für die immersive Installation zusammengeführt. Um die Installation zu aktivieren reist eine der Charaktere aus dem Rollenspiel nach Graz um als ​„Gate Keeper“, also als eine Art Pförtner, die ​„Tore“ zu Fucking Hardcore Self-Divinization Weekender zu öffnen. Der Einlass in den Kosmos der Arbeit wird durch eine Gesangsdarbietung für das Publikum initiiert, die alle zwei Stunden zwischen 18 und 24 Uhr stattfinden soll.

Das Projekt Fucking Hardcore Self-Divinization Weekender speist sich nicht nur aus einem subversiv eklektischen Konzept, das unsere Auffassung, was Realität ist, zur Debatte stellt, sondern ist gleichzeitig auch ein Beispiel dafür wie medienspezifische Grenzen zwischen Performance, Reenactment und Video innerhalb der Gegenwartskunst zu Gunsten von komplexen Systemen und Werkzusammenhängen überschritten werden.

kuratiert von Cathrin Mayer

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Erklärung einiger Begriffe

Divinisation: die Vergöttlichung
ist die Erhebung einer Person, eines Tieres oder einer Sache in den Rang eines Gottes. In der Kunst bezieht sich der Begriff auf die Behandlung eines Subjekts in einer besonders großen oder erhabenen Weise.

Survivalism:
die Vorbereitung auf künftige Notfälle, z. B. das Sammeln großer Mengen an Lebensmitteln und das Erlernen, wie man im Freien lebt.

Catfishing:
In der Biologie bedeutet Catfish auf Deutsch Welse oder echte Welse: Diese werden beim Kabeljau-Fang eingesetzt, um dem Fisch vorzugaukeln, er befinde sich noch frei im Meer. Daher stammt vermutlich die Bedeutung des Catfishings. In der modernen Sprache bezeichnet der Begriff eine Person, die ein bestimmtes Verhalten aufweist: Ein Catfish gibt sich im Internet als jemand anderes aus, entweder als eine reale andere Person oder als frei erfundener Mensch. Auch im Deutschen wird der Begriff Catfish immer wieder verwendet. Er steht in enger Verbindung zu Worten wie Identitätsdieb, Hochstapler, Scharlatan oder Schwindler.

Positives Trolling:
Trolling bezeichnet in der Internetkultur das Verfassen von provokanten Nachrichten, ohne direkte Beleidigungen auszusprechen. Die Nachrichten sollen die Leser empören oder herausfordern, um so eine Reaktion in einem Forum oder in Kommentaren hervorzurufen. Positives Trolling würde in diesem Sinne bedeuten, dass beispielsweise eine Person so viele Komplimente macht, dass es lästig oder unheimlich sein könnte. Geht auch in eine Art Provokation über, indem man seinem Gegenüber mit übertriebenem Interesse begegnet.

Dezentralisierte Kryptowährungen:
Ohne ​„Mittelsmann” gehandelt, also von Nutzer zu Nutzer, statt über die Börse. Verschiedene Krypto-Börsen, aber auch Dexes (Dezentrale Exchanges) bieten den Handel oder Direktkauf für jeweils unterschiedliche Coins und Tokens an. Diese können auf private Wallet-Adressen transferiert werden, auf denen sie vor dem Zugriff Dritter geschützt und nur durch einen Schlüssel zugänglich sind.

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Teilnehmende Künstler_innen

Omsk Social Club
2016 in Berlin gegründet Omsk Social Club hat in ganz Europa in verschiedenen Institutionen, Galerien, Theatern und Off-Sites ausgestellt, darunter Martin Gropius Bau, Berlin; Haus der elektronischen Kunst, Basel; HKW, Berlin; Seventeen, London; Volksbühne, Berlin; Stroom, den Haag; Light Art Space, Berlin. Sie wurden in das CTM Festival (2021), die 34. Ljubljana Biennale (2021), transmediale (2019), die 6. Athen Biennale (2018), The Influencers (2018) und das Impakt Festival (2018) aufgenommen. Im Jahr 2021 waren sie mit Larry Ossei-Mensah Ko-Kuratoren der 7. Athen Biennale.

Alexander Iezzi
*1987 Tucson, Arizona, lebt in Berlin Iezzis Arbeit bewegt sich zwischen skulpturalen Installationen, Video, Radio und Live-Performance. Er erhielt seinen MFA vom Piet van Zwart Institute, Rotterdam. In den letzten Jahren hat er als Solist oder in Zusammenarbeit mit anderen Künstler_​innen in den KW Berlin, dem MoMA New York; dem Kunstinstituut Melly, Rotterdam; der Galerija Močvara, Zagreb; und der Galleri Syster Luleå ausgestellt. Zusammen mit dem Komponisten Billy Bultheel veröffentlicht er unter dem Pseudonym 33 Musik auf dem Label C.A.N.V.A.S.

Dylan Kerr
Dylan Kerr ist ein irische/​r Künstler/​in, der in Berlin lebt. Ihre Arbeit hat die Form einer dauerhaften, ausdauernden Performance, die sich auf die verkörperten Sprachen von Ritualen, Protest und Anbetung stützt. Seine/​Ihre Praxis konzentriert sich auch auf audiobasierte Arbeiten, die an der Schnittstelle zwischen Klangkunst und zeitgenössischer Musik angesiedelt sind, wobei der Einfluss religiöser Arrangements überwiegt. Ein Großteil seiner/ ihrer Arbeit wurde durch ortsspezifische Performances und Installationen in umgenutzten Gebäuden öffentlich gemacht.

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Programm
Kommende Veranstaltungen

11 Sa
Give Rise To Omsk Social Club & Alexander Iezzi
Fucking Hardcore Self-Divinization Weekender
11.6.2022 18:00 Uhr Performance

12 So
Give Rise To Omsk Social Club & Alexander Iezzi
Fucking Hardcore Self-Divinization Weekender
12.6.2022 18:00 Uhr
Performance