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Eröffnung: Samstag, 07. November 2009, 16 Uhr

„Amoralität seiner Motivwahl“ und „dekadente künstlerische Auffassungen“ waren die Gründe, um Gerhard Altenbourg 1950 in Weimar und Horst Hussel 1958 in Berlin- Weißensee vom Kunststudium auszuschließen. Eigenwilligkeit, Unangepasstheit und die Nähe zur Abstraktion machten sie zu Außenseitern in der ehemaligen DDR. Trotzdem setzten sie ihren Weg konsequent und kompromisslos fort. Verspielte Aquarelle, skurrile Federzeichnungen, feinnervige Lithografien und Radierungen sowie Künstlerbücher voller Poesie künden jeweils von einem ganz eigenen Stil, der humorvoll oder grüblerisch den stillen Widerstand gegen die offizielle Kunstauffassung formuliert.

Horst Hussel feierte im Frühjahr 2009 seinen 75. Geburtstag, Gerhard Altenbourg verstarb vor 20 Jahren, am 30.12.1989, an den Folgen eines Unfalls auf der Autobahn nahe Meißen – diese Jahrestage und der spezielle Blick eines jungen westdeutschen Sammlers auf die Nachkriegskunst im Osten Deutschlands sind Anlass, zwei wichtigen Künstlern der DDR diese Ausstellung zu widmen.

Dr. Alfred Gunzenhauer lernte die miteinander befreundeten Künstler in den späten 1950er Jahren kennen. Er erwarb nach und nach zahlreiche Arbeiten, die mit seiner großzügigen Stiftung in das 2007 eröffnete Museum Gunzenhauser gelangten. Diese Werke aus dem Zeitraum von 1949 bis 1977 werden nun wissenschaftlich bearbeitet publiziert und erstmals in einer Sonderausstellung präsentiert.

GERHARD ALTENBOURG (1926-1989)

Der 1926 im thüringischen Rödichen geborene Gerhard Ströch begann seine künstlerische Ausbildung 1948 an der Hochschule für Baukunst und bildende Künste in Weimar. Während man in der DDR seinem Schaffen zunächst sehr skeptisch gegenüberstand, konnte er sich spätestens seit seiner Teilnahme an der documenta II 1959 international etablieren, was sich in zahlreichen Ausstellungsbeteiligungen und Preisen niederschlug. Zu seinem 60. Geburtstag 1986 – kurz vor seinem plötzlichen Unfalltod – wurde sein Werk in Ost und West gleichermaßen in umfangreichen Retrospektiven gewürdigt. Altenbourg lebte zurück- gezogen in seiner Heimatstadt, nach der er sich 1955 mit dem eingeschobenen O benannte.

Die ausgestellten Arbeiten lassen die Lust am Spiel mit Linien und Farben, Punkten und Tönen spüren. Psychologisch tiefsinnig arbeitete der Künstler mit assoziativen Elementen, die ans Abstrakte heranreichen. Damit versuchte er sowohl die Schrecken der Kriegserleb- nisse im Nachdenken über Gewalt, Vergänglichkeit und Tod zu bannen, als auch die menschliche Seele, das Unsichtbare, die Geheimnisse der Natur zu ergründen.

HORST HUSSEL (*1934)

Horst Hussel, 1934 in Greifwald geboren, studierte an der Fachschule für Angewandte Kunst in Wismar und dann an den Kunsthochschulen in Dresden und Berlin-Weißensee. Die Fort- setzung seines Studiums in Berlin-Charlottenburg wurde durch den Mauerbau 1961 abge- brochen, da Hussel bis heute im Ostteil der Stadt lebt.

Als freier Grafiker, Buchkünstler und Schriftsteller verdiente er seinen Lebensunterhalt vorwiegend mit Buchillustrationen. Sie waren in der DDR jahrelang in den Ausgaben vieler Verlage präsent. Den Künstler dahinter kannte kaum jemand. Doch die unverkennbare, skurrile Handschrift, die krause und originelle Bildsprache, seine verspielten Bildfindungen fanden ihre Liebhaber. Hussel war ein Geheimtipp.

In wenigen Linien oder als musikalisches Farbspiel aquarelliert, scheinbar naiv-kindlich, fantasiert er eine eigensinnige Welt, erzählt groteske, spannende, poetische Geschichten, jongliert mit Sprichwörtern und Worten, die er verbildlicht. Diese Bilder eröffnen eine tiefere Sinnebene, indem sie über die Unzulänglichkeiten des menschlichen Daseins nachdenken und schmunzeln lassen, eine ironisch gebrochene Weltsicht geben. Zusätzlich zum Bestand des Museums Gunzenhauser illustrieren Werke aus den vergangenen Jahren aus dem Besitz Horst Hussels die Kontinuität seiner Entwicklung.

Begleitend zur Ausstellung wird es eine Audioführung und erstmalig eine computeranimierte TerminalPräsentation von Altenbourgs Künstlerbüchern „Mechulle“ (1961) und „Zehn Reproduktionen und zwei Originalzeichnungen“ (1958/59) geben. Dieser neuartige Computerterminal ist ein vollwertiges interaktives Kiosksystem mit Touchscreen und bietet dem Besucher individuelle Informationsmöglichkeiten.

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Gerhard Altenbourg / Horst Hussel
Werke im Museum Gunzenhauser
Kurator: Thomas Friedrich