press release only in german

Die Ausstellung zeigt den in der relativen kurzen Zeit von weniger als einem Jahr, nämlich 2002, entstandenen Zyklus von großformatigen Aquarellen.

Georg Baselitz ist einer der bedeutendsten Künstler der Gegenwart. Mit dem künstlerischen Gestaltungsprinzip, die Motive seiner Bilder auf den Kopf zu stellen, hat Baselitz einen entscheidenden Beitrag zur Geschichte des Verhältnisses von Bild und Wirklichkeit geleistet. Seit den späten sechziger Jahren ist die künstlerische Strategie des Umkehrens der Motive sein „Weg, das Gemalte vom Inhalt zu befreien, um sich der Malerei an sich zuzuwenden. Das Umdrehen des Bildes hat mir bewiesen, dass das Bild selbst die Realität ist. Ein auf den Kopf gestellter Gegenstand ist tauglich für die Malerei, weil er als Gegenstand untauglich ist“. (Georg Baselitz)

Geboren 1938 als Hans-Georg Kern in Deutsch-Baselitz, beginnt er 1956 noch in der DDR sein Studium, wechselt jedoch nach seiner „Entlassung wegen politischer Unreife“ 1957 nach West-Berlin. Inmitten der Blütezeit der abstrakten Kunst verfasst er 1961 und 1962 die beiden „Pandämonischen Manifeste“: expressionistische Traktate, die – bei aller destruktiven Gewalt – an der Wirklichkeit als dem Fundament jeglicher Kunst festhalten. Frühe Auseinandersetzungen um den vermeintlich pornografischen Inhalt seiner Werke, Teilnahmen an der Documenta 1972, an der Biennale von Venedig 1980 und große Ausstellungen in München, Hamburg, Paris, Florenz sowie im Guggenheim Museum in New York machen Baselitz auch zu einem der bekanntesten zeitgenössischen Künstler.

Nach der Ausstellung „The Monumental Prints“ im Museum of Modern Art in New York zeigt die Albertina erstmals den Zyklus an monumentalen Aquarellen. Zwischen März und Oktober 2002 entstanden, kreisen sie um drei Themen: um die Auseinandersetzung von Baselitz mit den Ikonen seiner Kindheit, den vor Optimismus strotzenden stalinistischen Gemälden des sozialistischen Realismus. Baselitz verknüpft diese Sujets mit dem Begründer des Dadaismus, Marcel Duchamp. Der zweite Themenkreis zeigt den Maler selbst mit seiner Frau Elke in einer Serie, die sich in ihrer Frontalität ironisch mit der bürgerlichen Selbst-Repräsentation auf Urlaubsfotos auseinandersetzt. Der letzte Themenkreis arbeitet sich am Cliché des einsamen Cowboys ab: der gesamte Zyklus stellt sich wie eine Fuge von „Beziehungsbildern“ dar.

Baselitz vermehrt gegenüber seinem ursprünglichen Gestaltungsprinzip des auf den Kopf-Stellens die Symmetrieachsen, wodurch die einzelnen Blätter wie Riesenspielkarten auch einen stark ornamentalen Zug aufweisen. Rotierende Motive finden sich ebenso wie reißverschlussartige Kompositionen. Mit dem ungewöhnlichen Format sprengt Baselitz jedoch zugleich die dem Aquarell traditionell innewohnende Kleinheit. Auch verzichtet er auf die kunstgewerblichen Raffinessen des Aquarells, die virtuosen Spritzer und Lasuren: Baselitz geht ruppig mit dem Aquarellkasten um. Selten war er so expressiv wie in diesem Zyklus.

Für die Albertina ist diese Ausstellung bereits die zweite Präsentation von Georg Baselitz innerhalb eines Jahrzehnts. Zuletzt wurden 1992 gleichsam als Überblick über das grafische Schaffen Zeichnungen und Aquarelle vom Beginn der sechziger Jahre bis in die späten achtziger Jahre gezeigt. Die jetzige Ausstellung konzentriert sich auf das Schaffen innerhalb eines Jahres, und nur ein einziges Medium: das Aquarell. An die Stelle einer Retrospektive ist die Introspektive getreten. Pressetext