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Eröffnung am Samstag, 9. Mai, 17-20 Uhr

In den beiden Hauptausstellungen zeigt der Nassauische Kunstverein mit Murray Gaylard auf der ersten und Eleanor Vonne Brown auf der zweiten Etage des Kunstvereins zwei junge Positionen mit ihrer jeweils ersten institutionellen Einzelausstellung.

Murray Gaylard, der 2008 mit dem Preis der Städelschule ausgezeichnet wurde, untersucht in seiner Ausstellung There’s no place like home (or at least a place that resembles it), was Heimat bedeutet und bis zu welchem Maß unsere eigene Identität damit verbunden ist.

Eleanor Vonne Brown thematisiert in Communication Breakdown die Komplexität und Komplikationen von Kommunikation. So wird sie etwa innerhalb von genau 24 Stunden vor der Eröffnung den Roman BREAKDOWN verfassen, in dem eben diese 24 Stunden geschildert werden.

Gleich drei NKVextras ergänzen das Programm: Der mehrfach preisgekrönte Künstler Reynold Reynolds zeigt den Film Burn, der das Unausgesprochene, Unkonfrontierte, die Geheimnisse, Sorgen und Lügen, die sich durch den Alltag des Zwischenmenschlichen fressen, beschwört.

Pablo Wendels Videoinstallation Cardiac Cathedral zeigt ein pulsierendes Herz, isoliert vom Körper, nur von Schläuchen gehalten: ein poetischer Kommentar zur Idee des mechanischen, ewigen Lebens.

Elfi Kreiter zeigt in Ben Patterson Analog Fotoreportagen über vier Performances des in Wiesbaden lebenden Fluxuskünstlers Ben Patterson.

Murray Gaylard / There’s no place like home (or at least a place that resembles it)

Eröffnung Samstag, 9. Mai von 17 bis 20 Uhr

Kuratorinnen: Elke Gruhn und Katharina Klara Jung

Murray Gaylard (*1974), Träger des Delbrück Bethmann Maffei Preises 2008, untersucht in seiner Ausstellung THERE’S NO PLACE LIKE HOME (OR AT LEAST A PLACE THAT RESEMBLES IT) die Bedeutung von Heimat und in wieweit sie mit der Identität eines Individuums unmittelbar verbunden ist.

„Die Performancedokumentation Untitled 2009 handelt von dem Zustand, außerhalb des „Zuhause“, heimatlos zu sein und versucht, das Konzept von Heimat und den Grad, bis zu welchem unsere Identitäten damit verbunden sind, neu zu untersuchen. In einer Welt, die sich im permanenten Transit abspielt, in Flughafenlounges, im Exil, wo die Spuren der Immigration an jeder Straßenecke sichtbar sind und wo mobile Kommunikation es erlaubt, unser Privatleben direkt in die Öffentlichkeit zu integrieren, ist „Heimat“ vielleicht nur ein psychologischer Raum, den wir mit uns tragen, wo wir auch sind. Es scheint, als bewegten wir uns darauf zu, dauerhafte Außenseiter zu werden (oder Insider, je nach Blickpunkt). Was bedeutet es, sich „zugehörig“ zu fühlen, und wie viele von uns haben einen Ort, der ihnen dieses Gefühl gibt? Vielleicht ist die Zeit dafür vorbei in einer Welt, die sich weigert, still zu stehen.

Einmal die Woche werden das Treppenhaus und die Flure des Gebäudes, in dem ich lebe, gereinigt. Die Reinigungskräfte stellen die Fußmatten aufrecht gegen die Wände, damit der Boden trocknen kann. Manchmal komme ich vor meinem Nachbarn nach Hause und lege dann sowohl meine eigene als auch seine Matte dahin zurück, wo sie hingehören; wenn er aber zuerst nach Hause kommt, legt er nur seine eigene Matte vor seine Tür und lässt meine an der Wand stehen. Ich betrachtete das in einer Art sozialem Experiment als Reaktion auf unsere sich immer weiter gegeneinander abschirmende Gesellschaft. Über fast neun Monate legte ich weiter beide Matten zurück in der Hoffnung, dass er von meinem Verhalten „lernen“ und einen Sinn für Nachbarschaftlichkeit zeigen würde. Aber nein, es half nichts. Ich wurde mir bewusst, dass, auch wenn nur 30 cm mich in meinem Badezimmer von ihm in seiner Küche trennten, ich ihn nicht dazu zwingen konnte, mich wahrzunehmen. Also nahm ich unsere Fußmatten und nähte sie zusammen, Seite an Seite, wie Nachbarn Nachbarn 2007. Er stellte nie in Frage, was ich getan hatte, obwohl ich einen Zettel mit der Einladung hinterlassen hatte, mich zwecks Aufklärung der Angelegenheit zu kontaktieren. Eines Tages vielleicht, Herr ...??? Wie hieß er doch gleich?

Ich war schon immer fasziniert von menschlichem Verhalten. Als Kind saß ich oft auf den Steinen während andere Kinder am Strand spielten – und beobachtete. Diese Faszination begleitete mich bis in mein Erwachsenenleben, in dem ich beschloss, Sozialwissenschaften zu studieren. Ich stellte bald fest, dass die menschliche Erfahrung tatsächlich etwas Magisches, Spielerisches ist und nichts, was mit zu strenger Miene betrachtet werden sollte. Vorgeschriebene Verhaltensregeln, Ge- und Verbote, soziale und kulturelle Normen, Stereotypisierung in all ihren Formen und die Tabus, die uns davon abhalten, genau das zu tun, was wir wollen – das ist mein Vokabular und der Ausgangspunkt all meiner Arbeiten. Letztendlich ist die größte Waffe, die wir in dieser Welt der zwischenmenschlichen Beziehungen besitzen, die Fähigkeit, über uns selbst zu lachen. Was bleibt denn noch, wenn wir das verlieren? Deshalb entschuldigen Sie bitte, wenn meine Arbeit Ihnen naiv oder dämlich erscheint. Ich versuche immer noch, hinter diese ganze Menschlichkeitssache zu kommen. Ich hoffe das klappt nie.“ (Text: Murray Gaylard)

Die Ausstellung Murray Gaylard / There’s no place like home (or at least a place that resembles it) ist Bestandteil der Ausstellungsreihe PERSPEKTIVEN DER ZUKUNFT. Die Naspa ist exklusiver Presenter dieser Reihe. PERSPEKTIVEN DER ZUKUNFT ist eine laufende Folge zu künstlerischen Zukunftsvisionen mit gesellschaftlicher Relevanz. Fragestellungen der Zeit werden in verschiedenen Ausstellungsprojekten bearbeitet. Der Nassauische Kunstverein und die Nassauische Sparkasse möchten damit einen Anstoß zur kritischen und ungewöhnlichen Auseinandersetzung mit Zukunftsvisionen und gesellschaftlichen Entwicklungen leisten.

Zur Ausstellung Murray Gaylard / There’s no place like home (or at least a place that resembles it) erscheint eine Publikation mit Texten von Murray Gaylard.

Eleanor Vonne Brown /

Communication Breakdown

10. Mai bis 21. Juni 2009

Eröffnung Samstag, 9. Mai von 17 bis 20 Uhr

Kuratorinnen: Elke Gruhn und Katharina Klara Jung

Über 40 Tage sendete Eleanor Vonne Brown (*1977) täglich einen Brief von Ihrer Veröffentlichung 100 days since Gaza correspondent kidnapped von London nach Wiesbaden. Brown präsentiert die Seiten in der Reihenfolge ihres Posteingangs und beginnt so eine Unterhaltung über die Komplexität und Komplikationen von Kommunikation, das Thema, das sich durch die gesamte Ausstellung zieht. Ein Schreibtisch, ein Stuhl und ein fertig gestellter Text sind die Relikte der Performance Event of a Breakdown. Ununterbrochene 24 Stunden lang saß Eleanor Vonne Brown vor der Eröffnung der Ausstellung dort am Schreibtisch und schrieb an dem Text Breakdown, einer Beobachtung ihrer eigenen Tätigkeit während dieser Zeit. Brown dokumentiert den physischen Akt des Schreibens, dekonstruiert den mentalen Gedankenprozess und seziert Sprache, Entscheidungsfindung und das Tagträumen. Breakdown wurde bis zur Deadline nach 24 Stunden geschrieben, danach bleibt die Arbeit unbearbeitet. Die Inspiration zu dieser Arbeit war der Zusammenbruch der Figur des Jack Torrance in Steven Kings „The Shining“: Torrance schrieb angeblich an einem Roman; in einer Schlüsselszene jedoch entdeckt seine Frau, dass er über Monate hinweg nur einen einzigen Satz immer und immer wieder getippt hatte.

Warhols Versuch, einen Roman zu schreiben, produzierte „A, A Novel“, eine nahezu wortwörtliche Transkription von Tonbändern, die Warhol und sein Schauspielerfreund Ondine über zwei Jahre aufgenommen hatten. Die ursprüngliche Absicht des Romans war es, 24 ununterbrochenen Stunden im Leben des Schauspielers zu dokumentieren. Der amerikanische Dichter Kenneth Goldsmith griff die Arbeit auf, indem er die Bücher ‘Fidget’ und ‚Soliloquy´ produzierte, in denen er eine Woche lang jede Bewegung und jedes seiner Worte dokumentierte.

project ‘-------‘ (7) zeigt in Lebensgröße, wie verschiedene Schauspieler Buchstabe für Buchstabe das Wort WORKOUT in umgekehrter Reihenfolge auf eine Wand schreiben. Jeder Buchstabe wird dabei durch tänzerische oder auch an Aerobicbewegungen erinnernde Körpereinsätze formuliert. Parallel dazu ist auf einem Monitor das Video Permanently made up zusehen, das zeigt, wie das Wort READ in die Unterlippe der Künstlerin tätowiert wird. Phonetisch klingt READ (gelesen) wie das Wort für die Farbe RED (rot). Sowohl das visuelle als auch das akustische Wortspiel werden so erlebbar und führen zu Vorstellungen von Wahrheit und Fiktion, Schönheit und Natur.

Eleanor Vonne Brown ist die Herausgeberin der Zeitung The Newpaper. Die Zeitung stellt Künstler und Autoren vor, die die Sprache, Visualisierung und Struktur des Medium Zeitung in ihrer Arbeit nutzen. Die aktuelle Ausgabe wird während der Ausstellungslaufzeit ausgegeben und beinhaltet Arbeiten von Kenneth Goldsmith, Michalis Pichler, Sue Tompkins, Tony Swain, Hugh Mendes und anderen. 2008 eröffnete Brown X marks the Bökship, einen Projektraum mit unabhängigen Publikationen, der bei Donlon Books in London angesiedelt ist. Eine kleine Zusammenstellung von Künstlerbüchern aus dem Originalbuchladen wird hier präsentiert. Zudem ist das Fahnenalphabetprojekt The Flag Alphabet des dänischen Künstlers Jacob Dahl Jürgensen zu sehen - eine Variation nautischer Schiffsflaggen. In Kooperation mit Jürgensen wird Brown in Flaggencode die Worte ‘Permanent wave’ (Dauerwelle) zeigen.

Reynold Reynolds / Burn

10. Mai bis 21. Juni 2009

Eröffnung Samstag 9. Mai von 17 bis 20 Uhr

Kuratorinnen: Elke Gruhn und Katharina Klara Jung

Der mehrfach ausgezeichnete Künstler Reynold Reynolds (*1966) zeigt in der Ausstellung BURN seinen gleichnamigen Film aus dem Jahr 2002. Reynolds thematisiert in seinem Filmen den sich bewusst von der Außenwelt isolierten Menschen, der sich nicht mit den Problemen der Zeit auseinandersetzen will. Die Personen sind in ihrem eigenen kleinen emotionalen Raum gefangen ohne Perspektive aus ihren festgefahrenen Alltäglichkeiten herauszubrechen.

In Burn schleicht sich langsam in vier verschiedenen Räumlichkeiten ein Feuer ein, das sich zu einem großen Brandherd entwickelt. Der komplette Lebensraum scheint vernichtet zu werden, der Bewohner zeigt aber keinerlei Reaktion auf den immer größer werdenden Brand. Er realisiert die Gefahr nicht, ignoriert sie sogar, er verharrt stattdessen Zeitung lesend in seinem Sessel. Ab und zu schlägt er mit seiner Zeitung eine auf ihn übergreifende Flamme aus, wie nach einer lästigen Fliege. Eine Frau liegt in ihrem Bett und schläft, während die Flammen sich langsam durch ihr Schlafzimmer fressen.

Pablo Wendel / Cardiac Cathedral

10. Mai bis 21. Juni 2009

Eröffnung Samstag 9. Mai von 17 bis 20 Uhr

Kuratorinnen: Elke Gruhn und Katharina Klara Jung

Pablo Wendel (*1980) zeigt in seiner Ausstellung CARDIAC CATHREDAL seinen gleichnamigen Film, in dem er die Gedanken des ewigen Lebens kommentiert und gleichzeitig einen Blick auf die Poesie eines ungeschützten und zerbrechlichen Herzens gibt.

Ein Herz ohne Körper, gehalten nur von Schläuchen, schlägt im ältesten aller Rhythmen. Doch die pulsierenden Kontraktionen senden kein Blut durch Adern, erhalten nichts am Leben, sind reine Mechanik ohne Bewusstsein.

Ben Patterson Analog / Fotografien von Elfi Kreiter

10. Mai bis 21. Juni 2009

Eröffnung Samstag 9. Mai von 17 bis 20 Uhr

Kuratorinnen: Carina Heuckmann M.A. und Lila Agoritsa Kapsioti

Elfi Kreiter, die seit Jahren Ben Pattersons Performances und die Person Ben Patterson dokumentiert, wird in der Ausstellung BEN PATTERSON ANALOG eine Auswahl ihrer dokumentarischen Fotografien zeigen. Es werden vier Fotoserien über die Performances – SEPTET FROM LEMONS (1998), SMOKERS RIGHTS (1998), SOMMERNACHTSTRÄUME (2000) und KING LEAR (2001) – zu sehen sein, die Momente, während des Aufbaus und der jeweiligen Performance zeigen. Ferner werden auch einige Porträtaufnahmen von Ben Patterson ausgestellt.

Zur Ausstellung Ben Patterson Analog / Fotografien von Elfi Kreiter erscheint eine Publikation mit Texten von Lila Agoritsa Kapsioti M.A. und Carina Heuckmann M.A..