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Die Schweiz ist nach Urteil des privatwirtschaftlichen Instituts World Economic Forum Genf mit ihrem „gesunden institutionellen Umfeld, einer exzellenten Infrastruktur, effizienten Märkten und einem hohen Niveau an technologischer Innovation“ auf Platz eins der globalen Wettbewerbsfähigkeit angesiedelt. Als entscheidend hierfür gelten laut The Global Competitiveness Report die „wohlentwickelte“ Infrastruktur für wissenschaftliche Forschung sowie der „Schutz des geistigen Eigentums“. Die Länder südlich des Mittelmeeres nehmen demgegenüber die letzten Ränge ein. "Afrika wird noch lange hinterherhinken“, so der Direktor des marktradikalen Global Competitiveness Networks, Augusto Lopez-Claros. An letzter Stelle auf der 125 Plätze ausweisenden Liste rangiert Angola, während etwa die Demokratische Republik Kongo nicht einmal mehr genannt wird.

Das globale Copyright-Regime kapitalisiert das sogenannte geistige Eigentum und fusst auf der 1886 geschaffenen, weltweit führenden Berner Übereinkunft. Stetig modifiziert, wird dessen Durchsetzung unter dem Namen TRIPS+ Agreement (Trade-Related Aspects of Intellectual Property) durch die World Intellectual Property Organisation (WIPO) mit Sitz in Genf beaufsichtigt.

Immer mehr Regionen lassen sich in dieses Copyright-Regime einbinden. Sie unterwerfen sich den Regularien, um als Teil der globalen Ökonomie zu gelten, obgleich hierdurch vor allem die Rechte der nördlichen „Wissensgesellschaften“ nun auch im Süden durchgesetzt werden sollen. Inzwischen wird deshalb in den um Open Source und Creative Commons organsierten Copyleft-Bewegungen die eigenen bislang eurozentrisch ausgerichtete Fragestellungen kritisch reflektiert. Das international erarbeitete Copy/South-Dossier (www.copysouth.org) ist hierfür Dokument.

Die vernetzte Welt ist zugleich in sich zersplittert; – auch jenseits der Digital Divide, wie man die soziale, ökonomische, technologische und geografische Spaltung des Zugangs zum Datenverkehr nennt. Die Gräben verlaufen quer durch die Industriestaaten, vor allem aber zwischen Nord und Süd. Sogar der Regional Code für DVDs trennt Europa von Afrika. Bekannt ist der Spruch, dass es in Manhattan mehr Telefonanschlüsse gäbe als in Afrika südlich der Sahara.

Doch wer steht da am Graben und unterscheidet zwischen den digital haves und have-nots? Rupert Scheule schreibt in der lesenswerten Auftaktdiskussion zum Buch ‚Vernetzt gespalten’, „ob nicht auch notwendig unser Digital-Divide-Diskurs Teil der bannenden Option ist, die er kritisiert“? Dem verbreiteten Afro-Pessimismus zuspielenden Bild der Ab-Gespaltenheit kann man andere entgegensetzen: So zeigt die Rate der Verbindungen des Globalen Südens ans Netz (Mobiltelefone, Internetcafes, Wireless Lan, WiMax) gerade im Vergleich zu erdgebundenen Infrastrukturen (Telefon, Wasser, Strom, Strasse, Bahn) inzwischen steil nach oben.

Bald sollen Millionen von sogenannten 100-Dollar-Laptops mit Open-Source-Software an Kinder und Jugendliche im Globalen Süden kostenlos verteilt werden. Mobil telefonieren erleichtert den Alltag in Kinshasas etwa bei Jobsuche und ist zudem eine informelle Einnahmequelle für Telefonkartenverkäufer. Auch der sogenannte Nigeria Scam, also die millionenfachen und betrügerischen eMail-Geschäftsanbahnungen, sind nur dank einer immer engmaschigeren Netzstruktur möglich. Verweisen könnte man auch auf den Boom von „Nollywood“ als einen rein digitalen Video-Kinomarkt in Westafrika, der – zukunftsweisend mit DigiCams aufgenommen und auf DVDs oder VCDs sowie in Beamer-Kinos massenhaft vertrieben – inzwischen die drittgrösste Filmindustrie der Welt nach „Hollywood“ und „Bollywood“ darstellt. „Nollywood“ wird auf den gleichen Märkten verbreitet wie etwas die sogenannte Raubkopien von Musik, Film oder Software, bei denen das globale Copyright-Regime unterlaufen wird. Zugang zu Wissen und Kultur, welche mehr und mehr digitale Form annehmen, ist ebenfalls existenziell.

on the way to: From/To Europe ist das Exposé für ein geplantes, fortschreitendes Projekt über Europas koloniale Fundamente, trikontinentale Positionen und aktuelle postkoloniale Konditionen in den "Städten von Welt". Es begleitet die Ausstellungsreihe ‚Kolonialismus ohne Kolonien?’ der Shedhalle Zuerich.

From/To Europe #3 Roaming Around Digital Divide, Regional Codes, Copy/South & the Question of Access Jochen Becker/metroZones mit Agency (Kobe Matthys): quasi things • Balufu Bakupa-Kanyinda: afro@digital • Julien Enoka-Ayemba: „Nollywood“ • herbstCamp Graz: Global Control • SMAQ architecture urbanism research (Sabine Müller, Andreas Quednau): Mobile Kinshasa & Ausstellungsdesign