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"Ein Zöllner Rousseau des 17. Jahrhunderts", ein "Canaletto Brasiliens" – an Vergleichen hat es nicht gefehlt, um das Faszinosum Frans Post zu beschreiben. Er behauptet in jedem Fall einen besonderen Platz in der Geschichte der Malerei. Geboren in Haarlem, nach dem frühen Tod des Vaters wahrscheinlich ausgebildet von seinem Bruder, dem Architekten und Maler Pieter Post (1608–1669), fuhr er mit 25 Jahren im Gefolge des Prinzen Johann Moritz von Nassau Siegen nach Brasilien. In der Küstengegend um die heutige Millionenstadt Recife herrschten seit wenigen Jahren nicht mehr die katholischen Portugiesen, sondern die protestantischen Holländer, genauer die Handelsherren der Westindischen Kompanie, die den Prinzen als Gouverneur eingesetzt hatten. Im Dreieckshandel führte man Zucker und Holz nach Europa aus und schiffte Sklaven von der Westküste Afrikas ein. Die Anstrengungen des Prinzen gingen jedoch über die merkantilen Interessen der Anteilseigner hinaus. In den wenigen Jahren seiner Regierung 1637–1644 baute er die Kolonie nach den Grundsätzen eines liberalen Staatswesens aus, so dass das moderne multikulturelle Brasilien seiner gerne gedenkt. Sein Nachruhm verdankt sich dabei vor allem auch seinem persönlichen Engagement für Wissenschaft und Kunst. Der Bauherr des Mauritshuis in Den Haag beschäftigte auf eigene Kosten Kartografen, Naturforscher und Maler mit der Beschreibung des "Papageienlandes", das mit seinem unerhörten Artenreichtum auf Europäer wie ein vorsintflutliches Paradies wirkte. Die Summe aus der Expedition zog Caspar Barlaeus' Rechenschaftsbericht Rerum per octennium in Brasilia gestarum historia (1647), zu dem Post 32 Illustrationen beitrug (die Vorzeichnungen hierzu liegen heute im British Museum in London). Leider hat sich nur ein kleiner Teil dessen erhalten, was Post in Brasilien geschaffen haben muss: Zeichnungen von einer Zuckermühle (Rotterdam, Atlas van Stolk), einer holländisch-portugiesischen Schlacht (Privatbesitz) und sieben Gemälde von befestigten Plätzen, die einstmals wohl die Residenz des Prinzen geschmückt haben (Colección Cisneros, Caracas; Königliches Gemäldekabinett Mauritshuis Den Haag; Musée du Louvre, Paris; Instituto Ricardo Brennand, Recife). Wegen ihrer nahezu fotografischen Abbildungstreue zählen diese Werke zu den wertvollsten Bildzeugnissen der Epoche.

Aus Brasilien zurückgekehrt eroberte Post mit seinen brasilianischen Landschaften alsbald eine exotische Nische auf dem Kunstmarkt, so dass er nicht mehr auf Aufträge von Seiten des Hofes angewiesen war. In Haarlem, wo die Landschaftsmalerei von zahlreichen heute noch berühmten Meistern wie Jacob van Ruisdael (1628/29–1682) gepflegt wurde, formte er seine akkuraten Naturaufnahmen zu dekorativen Kunstwerken um, die den Ansprüchen des geschulten holländischen Publikums entsprachen. Auf diese Weise führte er Amerika in die europäische Malerei ein. Dabei entwickelte er seine Kunst weiter: In den Jahren um 1644–1650 greift er auf an Ort und Stelle entstandene Zeichnungen zurück, um einem durch die aktuellen Reiseberichte vorbereiteten Publikum getreue Bilder eines gerade heimgekehrten Augenzeugen nachzuliefern. In den 1650er Jahren orientiert er sich mehr am Stil anderer Meister seines Faches wie vor allem Cornelis Vroom (um 1591–1661) und beginnt, eigene Kompositionen zu variieren. Den Höhepunkt seiner Karriere erreicht er in den 1660er Jahren, gerade zu einer Zeit, als die Holländer ihre brasilianische Kolonie wieder an die Portugiesen abgetreten hatten und auf ihr Verlorenes Paradies zurückblickten. Post breitet nun eine geradezu enzyklopädische Fülle an Motiven der brasilianischen Flora und Fauna unter einem strahlend blauen, "romantischen" Himmel aus. Erstaunlich, dass es ihm trotz seines Alters noch einmal gelingt, eine neue, wehmütige Saite anzuschlagen. Seine zumeist dörflichen Szenen der späten Jahre bis 1680 fangen häufig ephemere Abendstimmungen ein.

Seit seiner Wiederentdeckung vor etwa hundert Jahren hat Post immer wieder das Interesse von Sammlern und Forschern geweckt, zuerst in Brasilien, bald darauf auch in Europa in den USA. Nicht nur Kunstwissenschaftler beschäftigen sich mit ihm, sondern auch Ethnologen, Botaniker und Zoologen. Nach der Präsentation in Basel und Tübingen (1990) und einer kleinen, auf die nassauische Schenkung an Ludwig XIV. konzentrierten Schau im Louvre in Paris (2005), widmet das Haus der Kunst dem Maler die dritte und bislang größte monografische Ausstellung in Europa.

Die oben skizzierte Entwicklung des Künstlers belegt die Ausstellung mit etwa 30 Gemälden und 10 Zeichnungen. Im Hinblick auf künstlerische Qualität, Erhaltungszustand und Echtheit wurden strengste Maßstäbe an die Auswahl der Exponate gelegt. Öffentliche Museen und Privatsammler aus Europa und Übersee stellen für die Ausstellung ihre kostbarsten Stücke zur Verfügung, die in dieser Dichte noch niemals zuvor studiert werden konnten.

Neben Leben und Werk des ersten namhaften Landschaftsmalers, der unter dem Vorzeichen des beginnenden Globalisierung in unterschiedlichen Kontinenten gearbeitet hat, geht die Ausstellung mit einer Auswahl von zusätzlichen Exponaten auch auf die kultur- und wissenschaftshistorischen Zusammenhänge ein, die uns mit dem kolonialen Brasilien von Frans Post verbinden. Dabei geht sie auch der Frage nach, welche Traditionslinien den holländischen Barockkünstler mit Malern und Fotografen der Gegenwart verbinden könnte, die wie Frans Post in Brasilien gearbeitet haben.

Bayern – Brasilien

Mit Unterstützung des Staatlichen Museums für Völkerkunde München erinnert die Ausstellung an die Anteile bayerischer Forschungsreisender, Künstler und Auswanderer an der Entdeckung Brasiliens. Das Haus Wittelsbach unterstützte Reisen der bayerischen Forscher Carl Friedrich Philipp Martius und Johann Baptist Spix (1817-20), 1888 führte die Prinzessin Therese von Bayern selbst naturwissenschaftliche und ethnografische Studien in Brasilien durch. Der Augsburger Maler Johann Moritz Rugendas gab 1837 seine reich illustrierte "Malerische Reise in Brasilien" heraus, die das Bild Brasiliens weithin populär machte.

Rosilene Luduvico

Frans Post hat Brasilien zunächst durch die Brille des Kolonisten betrachtet. Später hat er seine Ansichten und Eindrücke der europäischen Landschaftsauffassung angepasst. Was passiert, wenn anders konditionierte Augen seinen Spuren folgen? Mit Unterstützung des Centro Cultural Brasil – Alemanha (CCBA) in Recife malt und zeichnet eine junge Künstlerin an den Orten, die Post besucht hat. Rosilene Luduvico wuchs in einem Bergdorf ohne Stromversorgung bei Belo Horizonte auf. Im gleichen Alter, als Post über den Atlantik stach, begann sie ein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf, die sie 2003 als Meisterschülerin verließ. Ihre beseelt wirkenden Landschaften schreiben die Tradition von Guignard fort, einem der großen brasilianischen Maler des 20. Jahrhunderts, der an der Kunstakademie in München studiert hatte und so auch der kulturellen Achse Südamerika – Europa angehört. Die Erfolge der Expedition von Rosilene Luduvico bilden eine Ausstellung in der Ausstellung.

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebildeter Katalog mit Beiträgen internationaler Fachwissenschaftler.

Gefördert durch den Ernst von Siemens Kunstfonds

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Frans Post - Maler des verlorenen Paradieses