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Zu den neuesten Arbeiten Francisco da Matas

“It's the blinding, it's the blinding / that's the last thing that you'll ever see” (Pete Doherty / The Babyshambles / 2006)

Francisco da Mata beschäftigt sich mit der Realität und dem Lebensgefühl seiner Generation, für die die Popkultur ein unauslöslicher Bestandteil ihrer Alltagserfahrung und Selbstdefinition ist. Sie sucht die Identifikation mit einer Kultur, deren Mythen von Rockstars, Supermodells und Schauspieler geprägt ist und an deren Leben sie durch identitätsstiftende visuelle Sensationen oder an emotionale Ereignisse gekoppelte Bilder der Massenmedien teilhaben dürfen. Diese Kultur steht für die Abweichung von etablierten Strukturen, Widerstand wie auch für Kommerzialisierung und Manipulation durch Marketing. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Generationen, bilden bei ihr die diametral entgegengesetzten Pole von Rebellion und Affirmation eine unlösliche Einheit.

Ihre schon jetzt legendäre Personifizierung findet diese Haltung im Skandalrocker Pete Doherty und dem Top Model Kate Moss. Exzess und Ernüchterung stilisieren sie glamourös und zum authentischen Lebensgefühl der Gegenwart und damit zu dem einer ganzen Generation. Die von extremen Höhen und Tiefen gekennzeichnete Geschichte des Paars legt ihre Verletzlichkeit und die Echtheit ihrer Gefühle offen. Als Schmuddelkinder des Glam stehen sie für die tragische Uneinlösbarkeit der Sehnsüchte, Ängste und Visionen der Jugendlichen, um die es da Mata in seinem Werk geht.

Da Mata entwirft das Bild einer Generation, die sich angesichts einer in der Welt in der Auflösung daran macht, eigene Werte und utopische Inseln zu definieren. Gefunden hat sie diese in der Musik, die seit den 60er Jahren diese Funktion auf der Suche nach Transzendenz als Ersatz übernommen hat. Zunächst galt Rock als Sinnbild jugendlicher Rebellion und Selbstdefinition. Wie kein anderes Medium erreichte er Menschen, war Ideologieträger und Sphäre für Projektionen. Mit seinem harten Sound prägte er musikalische Erfahrungen und gesellschaftliche Alternativszenen. Der Rockmusiker wurde zu einer kulturellen Heldenfigur stilisiert, die für Rebellion, Glamour wie auch für Scheitern steht, während seine Musik ausdrückte, wozu Worte nicht mehr fähig sind. Bis heute ist Rock für die Jugendlichen ein ideales Medium zur Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer sich ständig verkomplizierenden Lebenswirklichkeit. Er erzeugt produziert Helden und Codes, neue Botschaften und ist Ausdruck ihrer wie auch Francisco da Matas Kultur.

Der Abdruck eines Lippenstifts auf einem zerbrochenen Weinglas, der Gitarrist beim Abgang von der Bühne, die abgestellte, am Hals verknotete E-Gitarre. Der Künstler beschreibt Situationssplitter, in denen der Betrachter nur Zeuge des Endes einer Geschichte wird. Wie sie wirklich verlief und was sie tatsächlich bedeutet, bleibt verborgen. Die Zusammenhänge von Francisco da Matas Arbeiten bleiben oft rätselhaft und fragmentarisch. Sie entsprechen aber immer einer authentischen Erfahrung.

Da Matas Installationen und Objekte untersuchen die „Images“ oder artifiziellen Ikonen dieser Kultur. Er lotet deren projektive Kraft und Untiefen aus und breitet sie wie einen poetischen Boulevard of Broken Dreams aus, auf dem Kate und Pete als Stilikonen dahin schreiten und den Mythos des Rock als letztes Shangri-La lebendig halten.

Es geht dem Künstler um suggestive Bilder und derenInterpretationsspielraum. Kunst bzw. Kultur versteht er als ein Material, das er abstrahiert, strukturiert und neu gestaltet. Durch diesen Transfer rekontextualisiert er Bedeutung und stellt neue Zusammenhänge her. Als Reflexion, als Bearbeitung zivilisatorischer Phänomene stellt er die Gegenwart zur Diskussion, macht sie zu einer neuen Erzählung.

Francisco da Matas Reinterpretationen sind gewitzt subversiv. Seine wie moderne Designprodukte wirkenden, in silber, schwarz oder rot schillernden Sternschnuppen sind verführerisch schön. Von ihrer metaphorischen Bedeutung befreit, sind sie jedoch nur gefallene Sterne. Ihre Geschichte bietet allem Interpretationsspielraum einer Popstarkultur, in welcher der - schnell wieder abstürzende - Shootingstar zur stilbildenden Ikone geworden ist dazu gehört. Die in diesem kurzen Moment des Verglühens aufscheinende Ambivalenz von Schöpfung und Zerstörung hält da Mata als Teil der schmerzvoll-poetischen Erfahrungen der Popkultur fest. Allein Kate Moss schaffte es mit unfehlbarer Größe zu demonstrieren, dass Stars erst zu Superstars werden, wenn sie auf dem Boden der Realität angelangt Schatten werfen.

Die monochrome Atmosphäre des post-industriellen Zeitalters verschmilzt da Mata in seinen Werken mit dem Glamour von MTV und der komplexen Lebenswirklichkeit der Jugendlichen. Es geht ihm um Visionen, Utopien sowie um das Wissen um deren Scheitern, das bei ihm nicht in der Zerschlagung, sondern in einem ästhetischen Ideentransfer mündet. Wie das Leben auch, kann Francisco da Mata in seiner künstlerischen Arbeit keine Erfüllung bieten, dafür aber Momente der Subversion, Poesie und des Gefühls.

"I'm In Love With A Feeling“ zementiert die Grundsätze Dohertys. Immer wieder gleiten die Songs in eine Stimmung, in die ich mich schmiegen, mich ankuscheln möchte. Doch ein Gefühl hält nie lange an. Doherty scheint launisch und unersättlich auf seiner Suche nach dem passendsten Gefühl.*

*Zitat aus einer Rezensionen der aktuellen EP „The Blinding“ der Babyshambles.

Friederike Nymphius

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Francisco da Mata