press release only in german

Eröffnung / Freitag 2. September 2016, ab 18 Uhr

Adriana Lara (*1978, Mexiko-Stadt), neunte Stipendiatin des von der Landeshauptstadt Wiesbaden und dem Nassauischen Kunstverein Wiesbaden ins Leben gerufenen Stipendium Follow Fluxus – Fluxus und die Folgen eröffnet am 2. September 2016 den ersten Teil ihres zweiteilig angelegten Ausstellungsprojekts The Product & the Post-product. Sie zeigt zunächst eine Neufassung der von ihr 2015 kuratierten Kopenhagener Gruppenausstellung The Product. Dabei vereint sie unter dem Gesichtspunkt des Produktes internationale zeitgenössische Positionen. In einem zweiten Teil werden ab dem 5. November 2016 unter gleichem Titel ausschließlich eigene, in Wiesbaden entstandene Arbeiten zu sehen sein.

Spielerisch-konzeptionell untersucht die documenta13-Teilnehmerin die Instabilität von Bedeutung und analysiert, wie Strukturen, Stile, Inhalte und Formen sich gegenseitig durchmischen, spiegeln und auflösen. Sie reflektiert mit Humor und Präzision Ordnungssysteme und Machtstrukturen, die sie in formalästhetische, abstrakte Zeichensysteme übersetzt.

Während ihres Stipendiums in Wiesbaden näherte sich Adriana Lara dem Thema Fluxus: „ich glaube nicht, dass ich dieses Wort vorher schon mal so häufig in so kurzer Zeit gehört hatte. Offenbar waren sie alle hier, George, Ben, John, Nam... Ich las viel über Ben Patterson, da ich ihn in dieser Woche treffen sollte. Später erhielt ich die traurige Nachricht, dass er verstorben ist. Was Fluxus irgendwie noch präsenter macht.“

Über die Verbindung von Fluxus zur Alltagskultur erschloss sich Adriana Lara den Begriff des Postproduktes – in Form einer Neufassung der von ihr 2015 kuratierten Ausstellung The Product, in Kopenhagen. Eine Präsentation von eigenen Arbeiten sowie anderer Künstlerinnen und Künstler unter dem Gesichtspunkt des Produkts: „Alle Arbeiten der Ausstellung stehen potenziell zum Verkauf, einige sogar im Ausstellungsraum selbst, andere wiederum sind kostenlos und verloren in der Stadt zum Suchen und Finden.“ Sie setzt ihr Projekt in Relation zu Pokémon GO, indem sie eine große Ähnlichkeit zu dem sieht, was einst ein Fluxus Happening war. Heute ist alles ein Produkt – das Post-Produkt wird zu einem Produkt von Produkten.

Innerhalb der Ausstellung erfährt ein weiteres Projekt eine Wiederbelebung. Dinner for 1, ist eine Ausstellung innerhalb der Ausstellung, ein Projekt, das ursprünglich von Julia Rublow konzipiert wurde. Diese Ausstellung fand im Jahr 2015 inmitten des Gentrifizierungsprozesses in einem Gartenhaus im Süden von London, einem der letzten Stadtteile, die für Künstler noch erschwinglich waren, statt. Während eines Besuchs wurde ihrer Gastgeberin mitgeteilt, dass der Wohnraum zu räumen sei, um das Gebäude einer Grundsanierung zu unterziehen. Spontan organisierten die anwesenden Künstlerinnen und Künstler ein Konzert / eine Ausstellung als Good-Bye-Aktion vor ihrer Abreise. Die Gigs fanden in einem der Zimmer statt. Um die Ausstellung zu sehen, mussten die Leute in die oberste Etage gehen. Dort war ein Teller mit warmem Essen vorbereitet, jedem stand frei, sich zum Essen zu setzen: „Dies könnte die letzte Mahlzeit vor dem Ende des guten Lebens in London gewesen sein.“ In Wiesbaden wird die Ausstellung in der Stipendiatenwohnung erneut installiert werden.

Der zweite Teil der Ausstellung wird im November eröffnet, ein weiterer Vorschlag zum bereits erwähnten Konzept – erneut die Produktion von Produkten. Hier geht die Künstlerin davon aus, dass auch „ein Künstler (...) als ein Post-Produkt gesehen werden (kann).“

Adriana Lara wurde von Dr. Susanne Gaensheimer, der Direktorin des Museums für Moderne Kunst Frankfurt am Main, für das höchstdotierte Wiesbadener Stipendium nominiert. Ziel des Stipendiums ist es internationale junge Künstlerinnen und Künstler zu fördern, die in ihrem Werk die Ideen der Kunstbewegung Fluxus aufgreifen und diese weiterentwickeln. Neben einem Preisgeld in Höhe von 10.000 € beinhaltet das Stipendium einen dreimonatigen Arbeitsaufenthalt in der hessischen Landeshauptstadt sowie eine Einzelausstellung im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden.

Die fünfköpfige Jury setzte sich zusammen aus Annika Kahrs, Künstlerin und Trägerin des George Maciunas Förderpreises 2012, Adrian Notz, Direktor Cabaret Voltaire in Zürich, Michael Berger, Fluxus-Sammler und Mäzen, Wiesbaden, Dr. Isolde Schmidt, Kulturamt der Landeshauptstadt Wiesbaden, und Elke Gruhn, Künstlerische Leitung, Nassauischer Kunstverein Wiesbaden.