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Vernissage 15:03.2008 19:00 Uhr Finissage 19.04.2008 19:00 Uhr

Nach Martin Buber findet der Mensch erst durch die Anerkennung eines anderen zu sich selbst und zu einem menschenwürdigen Dasein. Ich ist das, wozu ein anderer du sagt, womit dem Dialog, der gegenseitigen Öffnung zueinander, eine existentielle Bedeutung zukommt. In einer solchen Gesellschaft ist nicht der Einzelne als Individuum entscheidend, sondern nur mehr die kommunikativen Verbindungen zwischen den „Knoten im zwischenmenschlichen Netz“, wie der Kulturphilosoph Vilém Flusser es formulierte. Eine solche Gesellschaft ist allerdings keineswegs Realität, sondern nach wie vor utopisch, vielleicht utopischer denn je. In unserer Zeit pocht das Individuum auf seine Einzigartigkeit, seine Karriere und seine Statussymbole. Gemeinhin gilt das Recht des Stärkeren, Rücksichtnahme und Bescheidenheit sind als Tugenden etwas aus der Mode gekommen. Sichtbarer Ausdruck dieser Haltung sind trotz CO²-Debatte die so genannten Sport Utility Vehicles, auf Straßentauglichkeit getrimmte Geländewagen, kurz SUV’s. Beworben mit Worthülsen wie Freiheit, Grenzenlosigkeit und Individualität wirken sie im städtischen Umfeld irgendwie deplatziert und an den Erfordernissen vorbei geplant. Ursprünglich dem militärischen Umfeld entstammend zeugen die SUV’s eher von Eingeschränktheit und Abkapselung als von Grenzenlosigkeit. Es sei denn, es geht darum, aus der sicher abgeschotteten eigenen Situation heraus, die Grenzen anderer zu überschreiten.

Wie also ist es möglich eine solche Kapsel für den Dialog zu öffnen? Das Künstlerpaar Folke Köbberling und Martin Kaltwasser zeigte in diesem Jahr auf der Transmediale in Berlin bereits eine begehbare Skulptur aus gefundenen Holzresten, die sie in die Form zweier frontal kollidierender SUV’s brachten. Indem sich die beiden zerborstenen Kühlerhauben abschüssig gegeneinander neigten, rutschen die jeweiligen Insassen aufeinander zu und wurden geradezu in den Dialog gezwungen. Mit der Arbeit in der Simultanhalle widmen sich die beiden Wahlberliner noch älteren Abschottungsmechanismen: Die Bunkeranlagen des 2. Weltkriegs, einst als atlantische Schutzwälle propagandistisch gefeiert, zeigten schon vor rund 70 Jahren eindrucksvoll wie Bezeichnung und Realität auseinander klaffen können. Bereits hier dienten die Bunker weniger dem Schutz, als vielmehr dem Machterhalt eines vermeintlichen tausendjährigen Reiches. Die Menschen, gegen die sich die Bunkeranlagen und die panzerähnlichen SUV`s richten, sind sicherlich keine, mit denen man im Buberschen Sinne in einen Dialog treten möchte. Aus den Egokapseln heraus gilt es vielmehr die anderen Menschen zu beherrschen und ihnen gegenüber die eigene Überlegenheit zu demonstrieren.

FOLKE KÖBBERLING 1969 in Kassel geboren, lebt in Berlin Studium der Freien Kunst in Kassel, Vancouver/Kanada und Preston/England

MARTIN KALTWASSER 1965 in Münster geboren, lebt in Berlin Studium der Freien Kunst in Nürnberg, Studium der Architektur in Berlin

Gemeinsame Ausstellungsprojekte der letzten Jahre (Auswahl): "Fast umsonst" NGBK, Berlin (2004) „Urbane Realitäten: Fokus Istanbul“, Martin-Gropius-Bau, Berlin (2005); "Hausbau" Pilotprojekt Gropiusstadt (2004/05), "Talking Cities-Entry" Kokerei Zollverein, Essen (2006), „Ortstermine 06“, Kulturreferat München (2006); „Schaulager“ Galerie Anselm Dreher, Berlin (2007); "Tropical Forest 10° 35' 20,37'' S / 63° 36' 50,50'' W" Galerie Ak28 und Goetheinstitut Stockholm (2007); „About beauty“, Art Forum Berlin (2007), „die stadt von morgen“ Akademie der Künste, "work to do" Shedhalle Zürich (2007), „unpredictable“ Club Transmediale Berlin (2008), „landwars“, te tuhi, centre for the arts, AucKland/Neuseeland (2008), „Rasender Stillstand“ Lothringer 13, Laden, München (2008), Wysing Arts,Cambridge/England (2008), „Platz“, Wiener Neustadt/Österreich

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Folke Köbberling und Martin Kaltwasser