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horizontal vertigo:
FILMS BY TRINH T. MINH-HA
SCREENING
28.11.2019 - 02.02.2020

ERÖFFNUNG
28. November 2019, 19:30 Uhr
Mit einer Einführung von Lisa Long

Der Film Surname Viet Given Name Nam (108’, 1989) der renommierten Künstlerin, Theoretikerin und Filmemacherin Trinh T. Minh-ha ist eine vielschichtige, transnational- und postkolonial-feministische Arbeit, in der Trinh Themen wie kulturelle Repräsentation und weibliche Identität, Praktiken der Narration, die Unmöglichkeit von Übersetzung sowie die Politik des Dokumentarfilms reflektiert. Entstanden ist Surname Viet Given Name Nam während der sogenannten „Writing-Culture“-Debatte der 1980er-Jahre, die eine Krise der Schreib- und Darstellungsweisen in der Ethnografie hinterfragte.

Im Film stellt Trinh die marginalisierten Stimmen von Frauen ihres Geburtslandes ins Zentrum ihrer Untersuchungen. Sie beschäftigt sich kritisch mit den nationalistischen und frauenfeindlichen Repräsentationen von weiblicher Identität in Vietnam und der westlichen Repräsentationen der/des „Anderen“, wie sie in Ethnographie, Anthropologie und westlichem Feminismus üblich sind. In seiner Kritik ist der Surname Viet Given Name Nam eine Hommage an die Vielfalt der Geschichten und Subjektivitäten von Women of Color.

Die Interviews, auf denen der Film basiert, wurden von in den USA lebenden vietnamesischen Frauen performt und stammen aus Mai Thu Vans Buch Vietnam, un peuple, des voix (1983), die Trinh selbst ins Englische übersetzt hat. Dabei macht der Film unmissverständlich klar, dass der Akt des Übersetzens essentiell mit einem ‚Verrat‘ verbunden ist, denn, wie Trinh erklärt, kann es einer Übersetzung nie gelingen, sowohl die „buchstäbliche Bedeutung des Textes als auch seinen Geist und zugleich seine Ästhetik“ exakt zu erfassen. Ebenso kann der Dokumentarfilm nie ein wirklich objektives Bild seines Gegenstandes wiedergeben, weshalb Trinh ihn dem Bereich der Fiktion zuordnet.

Trinh T. Minh-has Schriften und Filme über Identität und Repräsentation und insbesondere ihre Idee vom “speaking nearby” (wörtlich übersetzt: „Aus der Nähe sprechen“) waren die Inspiration für die Struktur des einjährigen Programms HORIZONTAL VERTIGO in der JULIA STOSCHEK COLLECTION. Der Titel horizontal vertigo ist ein Zitat aus „Cotton and Iron“ (1991), in dem Trinh Ideen wie Pluralität und „non-totalness“ (Un-Vollständigkeit) nachgeht und Systeme grundsätzlich in Frage stellt, die auf binäre Oppositionen und restriktive Kategorisierungen gegründet sind. Im Konzept des „speaking nearby“ bekennt sich Trinh zu dem Abstand, der bei jedem Akt der Repräsentation bestehen bleibt. Anstatt „über“ eine Person oder Sache zu sprechen und diese dadurch zu definieren, erkennt “speaking nearby” die Beteiligung beider Positionen an: die des Sprechenden und ihres*seines Gegenübers. Ganz im Sinne dieser Betrachtungsweise gibt HORIZONTAL VERTIGO kein übergeordnetes Thema vor, sondern schöpft vielmehr aus dem vorhandenenReichtum an vielgestaltigen Erzählungen und Erzählenden und erkundet die Pluralität, die das gesamte Programm charakterisiert, ohne dabei eine „richtige“ Lesart vorzuschreiben.

Sur Name Viet Given Name Nam (108’, 1989)

FILMS BY TRINH T. MINH-HA ist Teil des Begleitprogramms zu HORIZONTAL VERTIGO, dem einjährigen Programm aus Ausstellungen, Screenings, Performances in der JSC Düsseldorf und Berlin, kuratiert von Lisa Long.

Gefördert durch das Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf.