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Ernst Ludwig Kirchner (1880 bis 1938) gilt als einer der aufregendsten Künstler im Berlin der zehner Jahre. Unter dem Eindruck der modernen Großstadt entwickelt er, mit ähnlichen Ansatzpunkten wie die Futuristen, eine urbane Ästhetik, die aus dem neuen Großstadterleben des 20. Jahrhunderts entsteht. Mit dem singulären graphischen Werk dieser Jahre hat sich Kirchner einen Platz in der »Weltkunst« gesichert.

Als bedeutendes Mitglied der 1905 in Dresden gegründeten Künstlervereinigung „Brücke" und mit einem schon breit und reichhaltig entwickelten Werk der Malerei und Graphik, der Zeichnung und Skulptur verlässt er Dresden 1911, um sich in der neuen Kunsthauptstadt Berlin anzusiedeln. In der Konstellation der modernen, nervös energetischen Großstadt entstehen die berühmten graphischen Werkkomplexe der Straßen- und Großstadtbilder, der erotischen Szenen, der Zirkus-, Variété- und Tanzbilder, die von Dynamik und Lebensfreude, aber auch von der Schärfe und Hektik der Vorkriegssituation gekennzeichnet sind. Seit 1915 entstehen beklemmende Vergegenwärtigungen der Erfahrungen als Soldat, als Kirchner zur Feldartillerie einberufen wird, seiner traumatischen Ängste, die ihn seit Beginn des Kriegs umtreiben. Die Sehnsuchtsmotive des Ausbruchs finden sich in den als paradiesisch wiedergegebenen Landschaften von Fehmarn. Bekenntnishafte Selbstportraits formulieren die äußerste Spannung dieser Jahre. 1917 verlässt Kirchner Berlin.

In der Ausstellung spielen neben diesen Themen auch die Freundschaften und Kontakte, die Kirchner im Berlin der zehner Jahre schließen konnte, eine wichtige Rolle. Es waren vor allem die Schriftsteller und Dichter Georg Heym, Wilhelm Simon Guttmann, Kurt Hiller, Alfred Knobloch, Jacob van Hoddis und Alfred Döblin, denen Kirchner Bildnisse widmete.

Die teilweise groß angelegten Holzschnitte, Radierungen und Lithographien dieser Zeit sind durch Formkonzentration und fundamentalen, dynamischen und empfindungsstarken Ausdruck geprägt. Die Farbgebung beschränkt sich auf die Wucht des Schwarz-Weiß oder greift zu intensiven, extremen Farbkontrasten und elementaren Farben, manchmal auf farbigem Papier. Kirchners Werk, das einer besessenen Produktion entsteigt, leistet eine Neudefinition der Graphik, mit der er sich „einen Platz in der Weltkunst" gesichert hat.

Zum 100. Geburtstag der Künstlergruppe »Brücke« präsentiert die Ausstellung deren bedeutendsten Exponenten mit allen Werkkomplexen dieser Jahre in ihren kostbaren und äußerst seltenen Höhepunkten. Insgesamt werden 90 herausragende, teilweise farbige Meisterwerke aus der größten Privatsammlung Kirchnerscher Graphik gezeigt.

Katalog, 144 S. mit Beiträgen von Barbara Alms, Günther Gercken, Jutta Hülsewig-Johnen, Roland März, 120 Abbildungen.

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Ernst Ludwig Kirchner "Großstadt, Eros und Natur"
Aus den verborgenen Sammlungen der Region