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Am 21. Juni 2013 eröffnet die Ausstellung „Eran Schaerf. FM- Scenario: Realitätswettlauf“ am ZKM | Karlsruhe. Das intermediale Projekt nutzt das Internet als Produktionsort, um Inhalte für weitere Medien – konkret: Radiosendung, Ausstellung und Publikation – zu generieren. Den Ausgangspunkt des Projektes bilden Eran Schaerfs Nachrichtenhörspiele aus den Jahren 1997 bis 2011 sowie neue Texte.

Exemplarisch für die Nachrichtenhörspiele von Eran Schaerf ist „Die Stimme des Hörers“ (2002), ein fiktiver Radiosender, der von einem Computerprogramm moderiert wird. In ihm nutzt Schaerf das Format der Nachrichten, um die Relativität ihres Anspruchs auf Objektivität aufzuzeigen: Nachrichten beschreiben nicht nur angebliche Tatsachen, sondern lassen jede Berichterstattung zu einer Erzählung unter vielen werden.

Auf der Website www.fm-scenario.net hat Eran Schaerf ein sich erweiterndes Archiv von Audiomodulen angelegt. Dieses Online-Studio ist keine Informationswebseite, sondern ein für alle offener Produktionsort: „Aktuell ist, was sich recyceln lässt. Willkommen im fm.scenario.net – dem Online-Studio der Stimme des Hörers. Hier können Sie Ihren persönlichen Mix der ’Stimme des Hörers’ zusammenstellen, mit anderen Nutzer_innen teilen und zur Sendung bringen. Zur Verfügung stehen Ihnen Fragmente der Stimme des Hörers, einem Rundfunksender für Höreranrufe, der von einem automatischen Moderator betrieben wird: Alltagsgeschichten, die Hörer_innen im Wiederaufführungsstudio des Senders inszeniert haben; Blogbeiträge von Charakteren, die ihre fiktive Umgebung verlassen haben; Kommentare des automatischen Moderators; und nicht zuletzt Sendungen anderer Sender, denn... wenn niemand bei der Stimme des Hörers anruft, schaltet der automatische Moderator um auf Sendersuche, borgt Programme, die er in seinem Empfangsbereich findet und sendet sie. Wählen Sie aus, stellen Sie zusammen – und bringen Sie Ihren Mix aus zwei bis unendlich vielen Fragmenten zur Sendung.“ (www.fm-scenario.net)

ZKM-Kuratorin Margit Rosen hat aus diesen Audiomodulen des Archivs die Erzählung „FM-Scenario: Realitätswettlauf“ zusammengestellt: In dieser Erzählung loggt sich ein Hörer (oder eine Hörerin) in die Sendung „Die Stimme des Hörers“ ein, zögert aber bei der für die Registrierung erforderlichen Angabe des Geschlechts. Analog zu staatlichen Regelungen zwingt die Maschine den Hörer, sich als Individuum über die Geschlechtszugehörigkeit zu identifizieren – als unverzichtbare Grundlage aller weiteren Kommunikation. Wäre der Moderator nicht ein Computerprogramm, würde er vielleicht verstehen, dass Geschlecht nicht eindeutig festgelegt ist, sondern in der Aufführung von Rollen konstruiert wird.

Eran Schaerf dient diese Montage als Skript für eine Aufführung, die im Ausstellungsraum vor Kameras, jedoch ohne Publikum stattfindet. Der Ausstellungsraum im ZKM wird von Eran Schaerf mit drei szenischen Rauminstallationen bespielt. In einem Setting, dessen Szenografie eine räumliche Referenz an die längst verschwundenen Fernsehtestbilder ist, wird die von Margit Rosen erstelle Audio-Montage "FM-Scenario - Realitätswettlauf" zu hören sein.

Dem schließt sich ein Projektions- und Sichtungsraum an, in dem das im Vorfeld der Ausstellung produzierte stock footage gezeigt wird, als eine Möglichkeit des In-Bilder-Setzens einer Erzählung.

Je nach Eingang, bildet die Installation "Robin Hood der Westbank" den Auftakt oder den Abschluss der Ausstellung. Der dargestellte Gerichtssaal kann dabei das medial belegte Ereignis ebenso in Erinnerung rufen, wie dessen denkbare Wiederaufführungen.

Die Ausstellung ist die dritte von derzeit fünf geplanten Ausstellungen des Projektes „FM-Scenario – Die Stimme des Hörers“ von Eran Schaerf.

Margit Rosens Audiomontage wird am 21. Juni 2013 um 21.03 Uhr vom Bayerischen Rundfunk auf Bayern2 in der Sendung „hör!spiel!art.mix“ gesendet. Die Sendung ist im Anschluss an die Ausstrahlung als Podcast auf www.hoerspielpool.de zum Download verfügbar, wo bereits jetzt die bisherigen Montagen sowie Hintergrundsendungen als Podcasts zu finden sind.

Projektkurator: Joerg Franzbecker Projektleitung: Herbert Kapfer und Joerg Franzbecker Ausstellungskuratorin: Margit Rosen Projektkoordination ZKM: Annina Zwettler Aufführung und Bildproduktion: in Zusammenarbeit mit Kerstin Honeit, Karolin Meunier, Stefan Pente, Andrea Thal und William Wheeler

„FM-Scenario – Die Stimme des Hörers“ (2012–2014) ist eine Produktion von a production e.V., Berlin und dem Bayerischen Rundfunk/ Hörspiel und Medienkunst, in Kooperation mit Hartware MedienKunstVerein, Dortmund; Haus der Kulturen der Welt, Berlin; Les Complices, Zürich; Museum für Konkrete Kunst, Ingolstadt und dem ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe.

Eran Schaerf, geboren 1962 in Tel Aviv-Jaffa, lebt seit 1985 in Berlin. Nach seinem Studium der Architektur in Israel und an der Hochschule der Künste (heute UdK), Berlin wurde Schaerf zum Leiter des Department of Fine Arts an der Jan van Eyck Academie in Maastricht ernannt und lehrt derzeit an der Zürcher Hochschule der Künste.

Seine Arbeiten wurden weltweit gezeigt, etwa auf der 54. Biennale die Venezia (2011), bei den Skulptur Projekten Münster (2007), der Manifesta 2 in Luxemburg (1998) und der Documenta 9 in Kassel (1992). 2013 wird Schaerf mit dem Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste Berlin ausgezeichnet.

Zu seinen vom Bayerischen Rundfunk produzierten Hörspielen gehören u. a. Wie gesagt. Theater- oder Taxistück (1997), Die Stimme des Hörers (2002), Sie hörten Nachrichten (2005), Nichts wie Jetzt (2009) oder Die ungeladene Zeugin (2011).

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Eran Schaerf
FM-Scenario: Realitätswettlauf
Kuratoren: Margit Rosen, Joerg Franzbecker