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Das skandinavische Künstlerduo Michael Elmgreen & Ingar Dragset gehört seit einigen Jahren in der internationalen Kunstszene zu den innovativsten Positionen, die mit Skulpturen, Installationen und Performances unterschiedliche Verhaltens- und Wahrnehmungsmuster hinterfragen sowie die Parameter des Ausstellens von Kunst eruieren. Spektakuläre Projekte wie eine nachgebaute Prada-Boutique in der texanischen Wüste oder ein scheinbar aus dem Boden brechendes Wohnwagengespann inmitten einer noblen Mailänder Einkaufsgalerie haben sie einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. Mit ihrem Projekt „The Collectors“ bei der Biennale in Venedig haben Elmgreen & Dragset 2009 nicht nur einen enormen Erfolg beim Publikum erzielt, sondern wurden auch von der Kunstkritik weltweit gefeiert. Das ZKM | Museum für Neue Kunst realisiert vom 7. November 2010 bis 27. März 2011 mit „Elmgreen & Dragset. Celebrity – The One & The Many“ die erste große museale Einzelausstellung der beiden Künstler in Deutschland.

In der Ausstellung „Celebrity“ werden verschiedene Facetten des gesellschaftlich-kulturellen Klimas thematisiert. Innerhalb dieser künstlerischen Untersuchung wird eine Reihe miteinander verflochtener Erzählungen inszeniert, die mit diversen Schlaglichtern die Perspektive auf soziale, politische und nicht zuletzt auch künstlerische Aspekte lenken will.
 „Celebrity“ richtet unter anderem den Fokus auf das Verhältnis zwischen „the one and the many“, also dem Einen, einer prominenten Persönlichkeit, einer Ikone, eines ‚a-listers’ und der Menge von so genannten ‚normalen’ Leuten und beleuchtet, wie der Lifestyle der ‚rich and famous’ durch inszenierte, künstliche Realitäten an ein breites Publikum vermittelt wird. Verzerrungen, Gerüchte, Tratsch und Halbwahrheiten spielen in den Geschichten aus der Welt des Glamours bekanntermaßen eine wichtige Rolle, um entweder Traumwelten entstehen zu lassen – oder Skandale. In diesem Zusammenhang beleuchten die Installationen in „Celebrity“ auch die Mechanismen der medialen Verführung und zeitgenössischen Mythenbildung.

In den beiden Lichthöfen des ZKM | Museum für Neue Kunst werden von den beiden Künstlern zwei große Installationen realisiert, die eigens für die Architektur des Museums entwickelt wurden: Mit einem vier Stockwerke hohen Plattenbau im Eingangs-Lichthof wird eine äußerst bescheidene Wohnunterkunft präsentiert. Man kann den Wohnblock nicht betreten, allerdings kann man von außen und von den Galerien der Lichthöfe zahlreiche Räume einsehen. Hinter ihren Fenstern spielen sich verschiedene Szenarien ab. Ihnen gemeinsam ist, dass sie Bewohner präsentieren, die nach den Berühmtheiten unserer „Casting-Gesellschaft“ (Bernhard Pörksen/Wolfgang Krischke) gieren. Ein Stück sozialer Realität wird mit dieser architektonischen Großskulptur in den musealen Kontext versetzt.


Der zweite Lichthof des Museums wird von einem pompösen aber leeren, klassizistisch anmutenden Festsaal dominiert, der an einen zweiten, fiktiven Saal grenzt, in dem hinter verschlossenen Türen eine VIP-Party stattfindet. Die Geschehnisse dieses Events sind lediglich durch die Schattenrisse auf den Milchglasscheiben der Türen zu erahnen. Der Ausstellungsbesucher ist von der realen Welt der Gesellschaft von Celebrities ausgeschlossen und hört lediglich den Tratsch und die Geräusche der exklusiven Party. Alles Visuelle, was gerade in den Sphären des Glamours eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, ist für die Außenstehenden auf geradezu platonische Weise auf ein Schattentheater reduziert. Diesem inszenierten Event gegenüber, auf der anderen Seite des Saals, kauert einsam und verlassen der Sohn des fiktiven Celebrity-Gastgebers der feudalen Unterkunft im Kamin. Einsamkeit und Ausgeschlossenheit sind seine prägenden Erfahrungen. Die Ausstellung „Celebrity – The One & The Many“ versteht sich mit ihren inszenierten Realitäten in erster Linie als Kommentar der aktuellen Phänomene der Celebrity-Kultur, in der nicht mehr der ‚traditionelle’ Star, der durch Leistung und Charisma seinen Status erreicht hat, im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit steht, sondern überwiegend junge Menschen, die bereit sind, für einen Augenblick der Aufmerksamkeit im Fernsehen, Internet oder in Blogs ihre Würde oftmals unbedacht aufs Spiel zu setzen. Diese Art von Eskapismus ist in einem bisher nicht bekannten Ausmaß festzustellen, dessen künstlerische Untersuchung unter anderem mit dieser Ausstellung unternommen wird. Der seine eigene Position in diesem Gefüge reflektierende Ausstellungsbesucher wird zum ambivalenten, performativen Element der Installation. Er beobachtet und wird für die anderen, ebenfalls observierenden Besucher im Sinne eines erweiterten Skulpturbegriffs zum Teil der Installation.