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Der isländische Musiker und Performance-Künstler Egill Sæbjörnsson (*1973) hat auf Einladung der New Yorker Kuratorin Euridice Arratia für die Berliner Bibliothekswohnung der Kuratorin und Autorin Anna-Catharina Gebbers eine neue Performance entwickelt.

In Sæbjörnssons Arbeiten finden sich häufig Parallelen zu Samuel Becketts Theaterstücken. Kulturelle Vorlagen und Konzepte dienen ihm als eine Art „Roh-Material“. Kernstück dieser Vier-Stunden-Präsentation im häuslichen Ambiente ist der „Song for the Houses“, den Sæbjörnsson für diesen Anlass komponiert hat und den er auf dem sich in der Wohnung befindlichen Klavier vorträgt. Dazu hat der Künstler eine Animation entwickelt, die auf die Wand über dem Klavier projiziert wird und mit der Sæbjörnsson während seines Vortrages interagiert. Die animierten Instrumente und Haushaltsgegenstände führen eine Art Ballet Mechanique auf, das ebenso von der Goldenen Vergangenheit der Roaring Twenties erzählt, die die Friedrichstraße einst erlebte wie die ehrgeizige Gegenwart der Berliner Republik widerspiegelt. Derweil geben zwei in Primärfarben gekleidete Tischtennis-Spieler im Innenhof der Plattenbau-Wohnanlage fast Metronom-artig einen Rhythmus der Modernen Zeiten vor. Flankiert wird die Darbietung von in der Wohnung verteilten Installationen.

Im „Song for the Houses“ stehen die Häusern der Vorkriegszeit und die derzeit die Umgebung prägenden Plattenbauten metaphorisch für die einst und heute hier lebenden Menschen. Sæbjörnsson hat ihnen mit diesem Lied eine Hymne gewidmet, die er wie ein modernes Friedrichstadtpalast-Musical en Miniature mit Exposition (mit Wasser „geflutetes“ Klavier, ein scheinbar abstrahiertes Aquarium), Höhepunkt (Song, bei dem das Klavier regulär als Instrument genutzt wird) und Schluss-Akt (Staubsauger-Reinigung des Klaviers) in der Wohnung inszeniert. Die drei Verwendungs-Varianten des Klaviers können als stellvertretend für das Klavier als das musikalische Symbol der westlichen Welt interpretiert werden – ein Gedanke, aufgrund dessen insbesondere in den 1960er Jahren zahlreiche Komponisten das Klavier auf neue Weise einzusetzen versuchten. Darüber hinaus verbinden sich in Sæbjörnssons Performance auftauchend aus den und wieder verschwindend in die Tiefen des Pianos die animierten Gegenstände und Ereignisse der Vergangenheit und Gegenwart zu einer durchgängigen Melodie der Geschichte. Musikalisch beraten wurde Sæbjörnsson dabei von dem Bostoner Komponisten Jeremy Woodruff und dem in Washington geborenen Schlagzeuger Evans Nierenz.

Angelegt in drei Akten beträgt die Dauer der Einzel-Performance etwa 12-15 Minuten. Die Aufführung wird im Verlauf des Tages regelmäßig wiederholt; sie unterliegt damit zum einen den Schwankungen des Vortrags, zum anderen aber auch den mit unterschiedlichen Publikumsgrößen wechselnden Ton-Bedingungen, die in dem aus Stahlbeton hergestellten Klangraum der Wohnung herrschen.

Die Performance wird von der Berliner Filmemacherin Eva Könnemann dokumentiert.

Pressetext

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Egill Saebjörnsson
eingeladen von Euridice Arratia
29.04.06, 11-15 Uhr