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Im 11. Jahrhundert schrieb die japanische Hofdame Murasaki Shikibu den Roman GENJI MONOGATARI (die Geschichte des Prinzen Genji). Sie beschreibt darin das Leben eines jungen Prinzen, der sich nur um sein eigenes und das Wohl aller Hofdamen kümmert, die er beglücken kann. An einem bestimmten Punkt seines Genusslebens stiehlt er ein junges Mädchen und lässt sie zur idealen Frau erziehen, da keine andere Frau seinen Ansprüchen genügen will.

Diesen Roman interpretiert Edgar Honetschläger als Teil verallgemeinerbarer Erfahrungen und wählt ihn zum Ausgangspunkt für seine Ausstellung in der Charim Galerie. Der Titel „Der Geruch des Schnees“ dient ihm dabei als poetische Metapher, die zunächst an die Schneeluft denken lässt, mit der sich der Winter nach nebelnassen Novembertagen ankündigt. Er ist aber auch der Name einer jungen Japanerin, Yukika, die Edgar Honetschläger Mitte der 90er Jahre in New York kennen lernte. Von dieser ersten Begegnung in einem Zimmer des Chelsea Hotels NY existiert ein Video und in den folgenden Jahren wurde Yukika zu einer der Hauptdarstellerinnen in allen seinen Filmen.

An dieser Geschichte, die auch die Geschichte einer Liebe ist, scheint kaum etwas Ungewöhnliches zu sein, sieht man von der poetisierenden Kraft der Liebe ab, die in zahlreichen E-Mails ihr zeitgemäßes Medium gefunden hat, und denen in der Ausstellung eine wesentliche Rolle zukommt. Nichts Ungewöhnliches, wie gesagt, wären da nicht Honetschlägers Filmschaffen und das Kino. Im konkreten Fall der Ausstellung vergegenwärtigt Edgar Honetschläger mit den Mitteln des Films eine vergangene Szene, die erste Begegnung mit Yukika im Chelsea Hotel NY. Auch dies wäre kaum ungewöhnlich, wäre da nicht die Kunst.

Im Bereich der bildenden Kunst hat sich ein eigenes Genre herausgebildet, das unmittelbar auf den Film als Material und das Filmische als konzeptuellen Hintergrund aufbaut. Das Kino wird dabei vielfach als Apparat inszeniert, in dem Projektion, Bildwirkung, imaginärer und realer Raum, als einzelne Teile erfahrbar werden sollen. Edgar Honetschläger beschreitet in seiner künstlerischen Arbeit einen anderen Weg indem er das „Szenische“ des Films und die Inszenierung in den Vordergrund rückt. Die Ausstellung selbst lässt sich deshalb auch als verräumlichter Film deuten, in der die BesucherInnen eine „Szene“ als Ort jenes Geschehens betreten, das mit den Quellen der filmschaffenden Imaginationen Honetschlägers verbunden ist.

Die Geschichte des Prinzen Genji fügt eine weitere Dimension, die der Inszenierung, hinzu. Nicht nur die in Szene gesetzte und re – inszenierte Vergangenheit, auch die Tätigkeit des Regisseurs gerät dadurch ins Blickfeld. Seine Arbeit wird als gestaltender Prozess sichtbar, der bis in die kleinsten Gesten der Mimik und das Aussehen der Darstellerinnen hineinreicht. Die bildhaften Leitmotive der Filme von Edgar Honetschläger sind deshalb ebenfalls ausgestellt. Es handelt sich dabei durchwegs um Portraits von Yukika, die in verschiedenen Rollen zu sehen ist. So etwa in einem Doppelportrait, das an ihre erotische Präsenz als Verführerin und den Charme eines scheuen Schulmädchens denken lässt (Milk, 1997).

Die Zeitlinie, die in der Ausstellung aus der Vergangenheit in die Gegenwart führt, reiht alle diese Frauen-Bilder hintereinander und mündet schließlich in eine kritische Selbstbefragung. Edgar Honetschläger inszeniert auch diese als „Film“ in dem er existentielle Erfahrungen als Reflexionsanreiz über das Medium Film/Kino nutzt. Seine künstlerische Arbeit wird dadurch zum Darstellungsfeld des Filmischen, der Reflexion über das Kino mit den Mitteln der Kunst.

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Edgar Honetschläger "DER GERUCH DES SCHNEES"