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Was wir zu sehen glauben, nennen wir Wirklichkeit - trotz des Wissens um die Unzulänglichkeit unserer Sinne, deren Beschränkungen und deren Fassungsvermögen. Die Sinne sind leicht zu täuschen, vom Verstand ganz zu schweigen. Mit der zunehmenden Technisierung unserer Gesellschaft scheint die Wirklichkeit von Moment zu Moment flüchtiger zu werden: in der Konstruktion von Wirklichkeit gilt dies sowohl für den gegenwärtigen Augenblick wie für Vergangenes.

Wirklichkeit ist weder das, was wir wahrnehmen, noch das, als was wir sie erinnern. Diese Beobachtung lässt sich bei den Fotografien von Dunja Evers anschaulich nachvollziehen. Denn die Arbeiten von Dunja Evers verweigern sich einem schnellen Erkennen, wenn sie auf den ersten Blick eher monochromen, ungegenständlichen Gemälden ähneln und nur zögerlich ihr Sujet offenbaren. Die Abbildfunktion der Fotografien verliert sich bei Dunja Evers in Andeutungen und nähert sich dem Verständnis autonomer Malerei. Entscheidend ist weniger der Rückbezug auf die konkrete Gestalt des Motivs als vielmehr die Vermittlung einer assoziativen und gefühlsmäßig subjektiven Stimmung. Die Fotografien erlauben dem Betrachter sich ihrer Wirklichkeit zu bemächtigen, indem das vermeintlich erkannte Abbild der subjektiven Erinnerung angepasst wird.

Auch ihre neueste Arbeit, einer für die Galerie Kuttner Siebert angefertigten Videoinstallation, widmet sich dieser Thematik. Ihr Interesse richtet sich hier auf die Bedeutung der technischen Apparatur an der Konstruktion von Wirklichkeit und sinnstiftender Erzählung. Die filmische Darstellung eines Super-Acht-Projektors zeigt aus starrer Perspektive einzig die Bewegung der Filmspulen, zu hören ist der Ton des projizierten Films. Obwohl das Filmbild nicht sichtbar ist, vermag die geläufige Musik des Films beim Betrachter die eingangs erwähnte assoziative Stimmung und einhergehend damit, subjektive Erinnerungsbilder auszulösen.

Ein anderes Video zeigt die Darstellung eines Schallplattenspielers, dessen Tonarm sich allmählich dem Ende der zu hörenden Aufnahme nähert. Eben in der Schlichtheit des Bildes von der Bewegung der Filmspule oder des in Aufsicht gezeigten Plattentellers offenbart sich die Bedeutung der beiden Filme, inmitten digitaler, im technologischen Transfer zerstückelter und wieder zusammengesetzter Informationen, Kontinuität zu veranschaulichen und Erzählung zu schaffen. Denn analogen Medien ist ein Zeitbegriff immanent, der im digitalen Zeitalter zunehmend bedeutungslos wird.

Der Super-Acht-Film ist wie kein zweites Medium mit der Zeit der Siebziger Jahre verbunden. Beleg dafür ist der auf wenige Sekunde Dauer gekürzte Ausschnitt eines Filmes des Mondes, aufgenommen aus der Raumfähre Apollo 16 bei ihrem Rückflug vom Mond 1974. Es ist das Video eines projizierten Filmes, so dass den Ton der Aufnahme mit dem Funkverkehr der Astronauten, das Geräusch des Projektors begleitet. Doch im Gegensatz zu dem gefilmten Bild des Schallplattenspielers mit der Wiedergabe der Musik oder der Darstellung des gefilmten Projektors mit dem Ton eines nicht sichtbaren Films, irritiert das hier Gezeigte durch das Fehlen konkreter Informationen. Zu vage bleibt das sichtbare Filmbild, zu fragmentarisch der begleitende Ton, als das sich dem Betrachter die Szenerie sofort erschließt. Letztlich thematisiert Dunja Evers die Konstruktion von Wirklichkeit auf anderer Ebene: als den Zweifel an der Echtheit der Bilder.

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